Tage und Wolken

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Datum: 08.06.2009 | VÖ: 14.05.2009 | Herausgeber: Euro Video | Kategorie: Film

Michele ist Mitinhaber einer Bootsbaufirma in Genua und wird von allen mit "Dottore" angesprochen, seine Frau Elsa hat gerade zum Doktor der Kunstgeschichte promoviert, was mit einer großen Überraschungsparty gefeiert wird. Ihre Tochter Alice, die noch bei ihnen wohnt, ist Teilhaberin eines kleines Restaurants, ihr Freund Riki betreibt einen Handyshop, doch Riki ist in den Augen der Eltern nicht gut genug für Alice. Alles wäre in bester Ordnung, doch der nächste Morgen bringt für Elsa außer einem Kater auch eine schlechte Nachricht: Michele wurde von den anderen beiden Mitinhabern aus der Firma gemobbt - und das bereits vor zwei Monaten. Statt im Büro sass er die ganzen Tage nun im eigenen Segelboot im Hafen, aus Scham und um Elsa vor ihrer Promovierung nicht zu belasten. Elsa arbeitet zwar an der Restaurierung einer Klosterkapelle, doch geschieht dies ehrenamtlich. Ihrer Tochter Alice sagen sie vorerst nichts, doch wegen Micheles gesteigerter Reizbarkeit zieht sie zu ihrem Freund Riki.

Elsa sucht sich eine Beschäftigung in einem Call Center, Michele werden nur schlechtbezahlte oder branchenfremde Jobs angeboten. Die Ersparnisse gehen schnell zur Neige. Der Verkauf der Wohnung kann nicht der Wunschpreis erzielt werden, auch der Verkauf des Bootes klappt nicht wie es soll. Ein Freund, dem sie vor einigen Jahren 6 Mio. Lire (ca. 3000 Euro) geliehen hatten, betrügt sie um die Rückzahlung. Michele verdingt sich schließlich sogar als Kurierfahrer und fährt mit einem Motorroller Päckchen aus, dabei kommt er an einer Ampel neben Rikis Wagen zu stehen, in dem auch Alice sitzt, die ihn erkennt. In der elterlichen Wohnung erfährt sie nun, wie es um ihre Eltern bestellt ist.

Elsa und Michele finden endlich eine billigere Wohnung, die natürlich auch wesentlich kleiner ist. Während Elsa von der Call Center Agentin zur Sekretärin "aufsteigt" und dabei ihrem Chef näher und näher kommt, renoviert Michele mit zwei ehemaligen Untergebenen fremde Wohnungen, was Elsa, die immer noch bemüht ist, ihre gesellschaftliche Stellung aufrecht zu erhalten, gar nicht passt. Als die beiden Handwerker wieder feste Anstellungen finden, arbeitet Michele anfangs allein weiter, doch ihm fehlt das richtige Händchen. Dann kommt der Tag, wo Elsa die Frage stellt, die laufend Arbeitslosen und selten Berufstätigen gestellt wird: "Und? Was hast du heute gemacht?" - danach gibt sich Michele endgültig auf. Längst spricht ihn keiner mehr mit "Dottore" an, statt Anzüge trägt er inzwischen Pullover. Nach einem Streit mit Elsa zieht er zu Riki und Alice. Erst am Ende wird Elsa und Michele klar, dass lediglich ihre Liebe zueinander beständig ist.

Hier wird der soziale Abstieg eines Ehepaares dokumentiert, die in der Oberklasse der Gesellschaft lebten und durch den Verlust des Haupteinkommens immer mehr Abstriche machen müssen, was das gesellschaftliche Leben und die eigenen Wünsche angeht. Mit seiner äußerlichen Veränderung, bei der Michele von den teuren Anzügen zu saloppen Hosen und Pullovern wechselt, akzeptiert er die Veränderung, durchlebt aber auch den Frust, den man bei längerer erfolgloser Jobsuche bekommt. Erst seine Tochter gibt ihm wieder Halt, weil sie ihm eine Aufgabe gibt, in der er sich wiederfindet. Elsa sieht zwar, dass das Geld an allen Ecken und Enden fehlt und Einschränkungen notwendig sind, doch da sie sofort eine Beschäftigung als Call Center Agentin findet und später als Sekretärin, durchlebt sie nicht die Verzweiflung und die Selbstaufgabe wie ihr Mann. Daher bleibt sie zwar in ihrem "ußeren fast unverändert, doch ist es letztlich nur Selbsttäuschung. Der Abstieg hat schon längst begonnen.

In dem Film kommt nicht deutlich genug heraus, warum Michele sich selbst aufgibt und diesen Frust erleidet, denn kaum jemand, der nicht längere Zeit arbeitslos war, wirklich nachempfinden kann. Hier hat der Filme eine Chance vertan. Die Darsteller agieren zwar sehr realistisch, gleichzeitig auch sehr zurückhaltend. Eine bemerkenswerte Erscheinung ist der Film deswegen nicht, auch wenn der Regisseur wirklich treffend die einzelnen Stufen dieses Abstiegs nachgezeichnet hat, denn leider kann der Zuschauer allein des Films wegen kaum Gefühle für die Protagonisten aufbringen, allenfalls für Michele - sofern man selbst schon mal längere Zeit auf Jobsuche war. Es bleibt bestenfalls eine sehenswerte Dokumentation eines leider alltäglich gewordenen sozialen Abstiegs.

Die DVD enthält den Film mit deutschem und italienischem DD 5.1 Ton. Deutsche Untertitel sind ebenfalls vorhanden, bei italienischem Ton aber nicht abschaltbar. Außerdem gibt es noch ein ca. 21minütiges "Making Of" auf italienisch mit deutschen Untertiteln, sowie dem deutschen und dem italienischen Kino-Trailer. Darüber hinaus gibt es noch Vorschauen auf drei andere Filme ("Underdogs", "Räuber Kneissl" und "Two Worlds - Zwischen den Welten"). (gh)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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