Ich bastle mir mein Wunsch-TV

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Datum: 04.08.2015 | Kategorie: Das Fernsehen und das Netz

Lange gab es Pay-TV auch im Internet nur in fertig zusammengestellten Paketen. Auch bei "Magine" war dies anfangs so, neben dem kostenlosen Paket mit ausschließlich öffentlich-rechtlichen Sendern in HD-Qualität gab es die TV-Optionen "Master" in HD-Qualität mit den gängigen Privatsendern mitsamt Spartenkanälen und "Magic" mit einigen Pay-TV-Angeboten.

Diese Grundstruktur ist geblieben, doch seit Juni kann sich der Nutzer bei "Magine" aus allen Paketen die Sender auswählen, die er wirklich sehen möchte, alle anderen kann er abbestellen und muss auch nicht für sie bezahlen. Das funktioniert über ein Punkte-System. Programme aus dem "Free"-Angebot geben keinen Punkt, für abgewählte Sender werden bei "Master" 10 und bei "Magic" 25 Punkte gutgeschrieben, beim türkischen Senderpaket sind es 15. Diese Punkte werden abschließend in Euro und Cent umgerechnet. Und das kann sich wirklich lohnen.

Ich schaue inzwischen recht wenig normales Fernsehen, seit ich Amazon Prime und Netflix nutze. Ab und an mag ich es aber doch, vor der Glotze zu gammeln. Allerdings schaue ich auf dem Laptop - nachdem mein letzter Fernseher kaputt gegangen ist, habe ich keinen neuen gekauft. Entsprechend bringen mir HD-Sender nichts, daher habe ich die hochauflösenden Varianten von ARD, ZDF, den Dritten und den dazugehörigen Spartenkanälen abgewählt. Die typischen Privatsender schaue ich zwar selten, aber ab und an läuft dann doch etwas Interessantes, also durften auch sie mit in mein Paket " zusammen komme ich derzeit auf 9 von 45 "Master"-Programme.

Weiter geht es mit "Magic". Hier gibt es einige englischsprachige Sender wie "Docubox" oder "Arthouse Filmbox". Die nehme ich sicher mal mit ins Paket, wenn ich weniger Stress habe und mich daher meinen Sprachkenntnissen widmen kann. Momentan sehe ich aber nur fern, wenn ich abschalten will, daher wähle ich sie ab " ebenso wie fast alle anderen Sender, am Ende habe ich gerade einmal 3 von 26 Sendern, Animal Planet, TNT Film und " ja, ich stehe dazu - "E! Entertainment" vor allem da es neben den nervigen Trash-Klatschsendungen ab und an auch interessante Star-Porträts gibt. Da das im Verhältnis zum Gesamtprogramm leider viel zu selten vorkommt, kann es aber gut sein, dass ich meine Personalisierung bald ändere und "E!" aus meiner Liste kicke.

Obwohl mich nur ein Bruchteil davon interessiert, hätte ich früher das komplette "Magic"-Paket buchen müssen " für satte 15,99 Euro. Ohne die drei Programme aus dieser TV-Option wäre ich mit "Master" auf 6,99 Euro gekommen. Mein jetziges, individuelles Paket kostet mich nur 6,64 Euro im Monat. Möchte ich irgendwann mehr Programme haben, ändere ich meine Personalisierung entsprechend und zahle dann eben etwas mehr, stelle ich fest, dass ich manches nie schaue, streiche ich es von der Liste und spare noch ein paar Cent pro Monat.

Es würde mich nicht wundern, wenn andere Anbieter über kurz oder lang dem Vorbild von "Magine" folgen. In Zeiten, in denen Streaming-Dienste dem Fernsehen Konkurrenz machen, müssen Web-TV-Anbieter neue Wege gehen, damit ihnen die Kunden nicht davon laufen. Warum sollte ich für ein paar Fernsehsender, die oft gar nicht das zeigen, wonach mir gerade ist gleich viel oder gar mehr bezahlen als für eine Film- und Serienflatrate, bei der ich zeitlich flexibel bin? Zwar konnte man bei "Magine" schon vorher viele Sendungen via "Catch all" bis zu 7 Tage nach der Ausstrahlung anschauen, es ist dennoch nicht dasselbe. Daher hatte ich "Magine" zwischenzeitlich auch gekündigt " durch die Personalisierung hat es mich zurück gelockt. Wenn ich irgendwann keine Lust mehr habe, wähle ich einfach alles ab. Eine längerfristige Vertragsbindung entsteht durch die Zusammenstellung einer individuellen TV-Option nämlich nicht.

Warum ist da eigentlich nicht früher jemand drauf gekommen? Und wie lange wird es dauern, bis dieses Beispiel Schule macht? Fernsehen 2015 ist nicht mehr dasselbe wie vor der Jahrtausendwende. Dass man die Fernsehzeitung auf der Suche nach einer passenden Sendung durchstöbert, ist eher die Ausnahme als die Regel. Spartenkanäle hätten aufgrund des Programmaufbaus jeweils ihre spezifische Zielgruppe, diese schreckt aber oft davor zurück, ein ganzes Paket zu buchen. Nur wenige dürften sich für einen Fashionkanal, Sportsender und Kinderprogramme im gleichen Maße interessieren. Daher wäre es an der Zeit, dass nicht nur einzelne, sondern so gut wie alle Anbieter verstehen, dass sich die Bedürfnisse der Zuschauer gewandelt haben - und dass sie nicht mehr auf das Fernsehprogramm, das sie vorgesetzt bekommen angewiesen sind. Sie haben mehr Alternativen denn je. Wer das aus den Augen verliert, wird sich auf lange Sicht kaum halten können. (ck)