Friedrich - Ein deutscher König

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Datum: 07.01.2012 | VÖ: 06.01.2012 | Herausgeber: Edel Germany GmbH | Kategorie: Dokumentation

Friedrich der Große, der Alte Fritz, der in die Geschichte eingegangen ist als Modernisierer aber auch kriegsfreudiger Feldherr, war nicht immer einfach so König. Zuvor war er Kronprinz von Preußen, Sohn von Friedrich I. und hatte daran keinerlei Freude.
Friedrichs Vater, der "Soldatenkönig" ist ein korrekter und strenger Vater. Seine einzige Freude: das Militär. Zwei Drittel des Staatsetats werden für den Soldatenapparat aufgewendet. Der Kronprinz beschämt den Vater immerzu " exerziert nicht zufriedenstellend, respektiert so gut wie keine Hofgepflogenheit und stellt sich mehr und mehr den Forderungen seines Königs und Vaters gegenüber quer. Statt sich zu einem aufrechten Soldaten und (in den Augen des Vaters) anständigen Mannsbild ausbilden zu lassen, spielt er lieber Flöte, studiert Philosophie und geht anderen musischen Interessen nach.
Der Zank mit dem Vater wird immer schlimmer, bis es Friedrich daheim nicht mehr aushält und flieht " fort aus Preußen, fort vom verhassten Vater. Die Flucht scheitert. Das Desertieren eines Thronfolgers ist einzigartig in Europa und nie dagewesen, bedeutet aber auch nach Preußischem Recht Hochverrat am Königreich, worauf das Gesetz den Tod vorsieht. Sterben muss aber nur der engste Gefährte Friedrichs, sein Intimus Hans Hermann von Katte. Friedrich wird vom Vater zum Beiwohnen der Enthauptung gezwungen. So soll ein für alle Mal klargestellt werden, wessen Wort das Leben Friedrichs definiert: das des Vaters.
Friedrich fügt sich, spielt das Spiel nach den Regeln des Vaters und versteckt sein wahres Wesen unter seinem Gehorsam, bis der Vater stirbt. Friedrichs Stunde hat geschlagen, er ist König von Preußen und ihm dürstet es nach Ruhm.

Aufgezogen ist diese Biographie des "letzten großen Königs" als Mischung aus Schauspiel und klassischer Dokumentation. Den Hauptteil nehmen die schauspielerischen Sequenzen ein. Diese werden jedoch in angenehmer Dosis von eingespielten Historikern unterbrochen, welche Hintergründe zu Friedrich und den Personen seines Umfeldes referieren. Hinzu kommen Schaubilder Europas zur Veranschaulichung der politischen Veränderungen, die Friedrich zu Lebzeiten auslöste. Hier wird eine Erzählerstimme aktiv, sodass der Doku-Charakter betont wird.

Ein elementares Merkmal des schauspielerischen Anteils sticht sofort ins Auge: Friedrich wird von Frauen dargestellt. Katharina und Anna Thalbach, Mutter und Tochter also, spielen den alten und den jungen Friedrich. Weibliche Darstellerinnen sollen wohl dafür sorgen, den Monarchen nicht maskulin oder gar viril wirken zu lassen. Hinzu kommen jeweils eine schnarrige Stimme und eine wenig robuste Physiognomie. Friedrich ist kein Hüne, kein Recke.
Beide Thalbachs leisten gute Schauspielarbeit, doch die an und für sich völlig nichtige Diskrepanz zwischen tatsächlichem und dargestelltem Geschlecht mag einfach nicht komplett schwinden. Von Vorteil sind die weiblichen Darstellerinnen allerdings immer dann, wenn Friedrichs Abneigung gegen Frauen und die gern gesuchte Nähe von Herren zur Sprache kommt. Manch einer, der sich gern in verschlungene Tiefen der Interpretation begibt, kann hier gern von einer Symbolik von Friedrich dem Großen als Frau im Männerkörper sprechen.

Der Erzählfluss der Biographie ist sehr gut gestaltet. Die Elemente Schauspiel, Expertensprache und kommentierte Illustration sind angenehm gewichtet und sorgen damit für 90min Kurzweil. Leider fehlt dem szenischen Teil des Film ein wenig der wirkliche Glanz einer großen historischen Darstellung. Alles wirkt etwas zu spärlich besetzt und ausstaffiert. Es kommt selten bis nie ein wirkliches Treiben auf, bedauerlicherweise nicht einmal in den Kriegsszenen, die man daher eher nur als angedeutet bezeichnen darf. Die wirkliche Immersion bleibt daher aus. Fraglich ist, ob dies an begrenzten Mitteln oder an gestalterischer Entscheidung liegt. Niemand verlangt eine überzogen reißerische Inszenierung, aber Ehrfurcht vor dem Apparat des Preußischen Königshofs oder Militärs kommt nicht auf, da beides einfach nicht vollwertig präsent ist.
Inhaltlich besteht ein kleines Manko in der Charakterisierung Friedrichs. In seinen stürmischen Jahren ist er als Person, als Mensch, wesentlich interessanter geschrieben denn als späterer König und Feldherr. Natürlich sollte die Verbitterung betont werden, doch mehr will man dem großen König dann einfach nicht gönnen. Die kleine Hoftanzeinlage mit de Catt auf Brandenburgischer Landstraße bietet da ein kümmerliches Gegengewicht. Nahezu unerwähnt bleiben die Modernisierungsmaßnahmen, die er seinem Reich zukommen ließ.

Man sollte diesen Film eher als eine Einladung zum Entdecken des Phänomens "Friedrich der Große" ansehen und keine Erwartungen an Vollständigkeit oder allumfassende Ergründungen mitbringen. Dann wird man mehr als nur passabel unterhalten und informiert, über Friedrich den Großen, König von Preußen, der eigentlich nichts am Preußischen Hof erstrebenswert fand und lieber bei Nacht und Nebel floh, dann aber doch seine Rolle als Thronfolger annahm (oder besser: spielte) und zu einem der bedeutendsten Herrscher der europäischen Geschichte wurde.

Der DVD lassen sich bis auf einen Trailer keine Extras abgewinnen, nicht einmal eine Kapitelwahl. Die Info-Texte zu Friedrich dem Großen und den beiden Hauptdarstellerinnen in der Faltbox entschädigen dafür eher gering. (mp)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

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