China Girl - Krieg in Chinatown

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Datum: 08.12.2009 | VÖ: 23.10.2009 | Herausgeber: epix | Kategorie: Film

Im Süden der New Yorker Insel Manhattan verläuft die Canal Street diagonal von der Bowery im Südosten bis zum Holland Tunnel im Nordwesten. Gleichzeitig ist sie die südliche Grenze von Little Italy gegenüber Chinatown, im Osten markiert die Bowery die Grenze zwischen beiden Stadtteilen. In Little Italy wohnt und arbeitet der Teenager Tony Monte (Richard Panebianco, "Cadillac Man") in der Pizzeria seines erwachsenen Bruders Alby Monte (James Russo, "Extremities"). Alby führt im Auftrag seines Bosses Enrico Perito (Robert Miano, "Dungeons & Dragons") eine Gang (u.a. David Caruso, "CSI: Miami") an, die den italienischen Bezirk gegenüber verfeindeten Gangs überwacht. "hnlich verhält es sich in Chinatown, wo der "Alte Mann" Gung Tu (James Hong, "Bloodsport 2+3") das Sagen hat. Als seinen künftigen Nachfolger hat er sich Yung Gan (Russell Wong, "Numb3rs") ausgewählt, der mit seiner jüngeren Schwester Tye (Sari Chang) zusammen lebt und ein Restaurant führt.

Als Tony in einer Discothek Tye kennenlernt und mit ihr tanzt, werden die beiden von Tyes Bruder getrennt. Der möchte nämlich nicht, dass sie sich mit jemandem aus Little Italy abgibt. Tony wird von Yungs Gang fortgejagt. Yungs Cousin Tsu Shin (Joey Chin), ebenfalls Gangmitglied, macht dabei den Fehler, sich nicht an die vereinbarte Grenze zu halten und verfolgt mit den anderen Gangmitgliedern Tony weiter nach Little Italy hinein. In einem Hinterhof werden sie jedoch von Albys Gang aufgehalten und zusammengeschlagen, weil sie sich nicht an die Vereinbarung gehalten haben. Tsu wird wegen seines Fehlers von Yung zurechtgewiesen, denn der "Alte Mann" hat befohlen, die Grenzen strikt zu beachten. Tsu bleibt jedoch uneinsichtig.

Als kurz darauf das chinesische Restaurant "Canton Garden" eröffnet, dessen Besitzer aus Chinatown nach Little Italy umgezogen ist, um den hohen Schutzgeldforderungen zu entgehen, spitzt sich die Lage immer mehr zu, denn Tsu will dort weiterhin die Gelder kassieren, obwohl sich das Restaurant nicht mehr in Chinatown befindet. Yung weist Tsu zwar eindeutig darauf hin, dass er das Restaurant in Ruhe lassen soll, doch Tsu hält sich nicht daran. Er fährt mit seinen Freunden nach Little Italy und kassiert ab, droht jedoch am nächsten Tag wiederzukommen, um den Rest abzuholen. Dieses freche Vorgehen wird von Alby nicht akzeptiert und so überfällt er Tsu und seine Freunde auf dem Rückweg nach Chinatown.

Yung erhält inzwischen Besuch vom "Alten Mann" Gung Tu, der ihm unmissverständlich klarmacht, dass er seinen Cousin schnellstens unter Kontrolle bringen soll, weil dieser ansonsten zur Chefsache wird. Als Nachfolger von Gung Tu muss Yung schließlich belegen, dass er die Fäden in der Hand halten kann. Und Gung Tu hat sich mit Enrico Perito daraufhin verständigt, dass es zwischen den beiden Vierteln keinen Bandenkrieg geben soll, denn beide Bosse legen großen Wert darauf, dass die Bewohner friedlich in ihren Vierteln leben können, damit die Geschäfte nicht von der Polizei gestört werden. Weil Tsu dies jedoch für Schwäche hält und nicht akzeptieren kann, dass er nicht weiter kassieren darf, lässt er eine Bombe in das "Canton Garden" legen. Als diese explodiert und sogar die gegenüber liegende Pizzeria von Alby beschädigt, eskaliert die Situation vollends...

Bedauerlicherweise erschöpfen sich die Kritiker-Vergleiche angesichts zwei verliebter und aus verfeindeten Lagen entstammenden Teenagern immer wieder stupide auf "Romeo und Julia", gelegentlich noch auf "West Side Story" wegen des Hinterhof-Kampfes. Vergessen wird hier aber, dass Tony im Gegensatz zu Romeo nie wirklich kämpft oder sogar wie im Drama jemanden tötet, sondern jeder Gewalt nach Möglichkeit aus dem Wege geht. Die Verliebten heiraten auch nicht heimlich oder sollen heimlich verheiratet werden (wie Julia mit Paris). Den beiden steht auch keine helfende Person zur Seite wie Pater Lorenzo, die Freundin agiert lediglich verbal. Und erst recht enden beide nicht in einem durch fehlende Briefe und Missverständnisse eingeleiteten Freitod. Ein Vergleich zum Shakespeare-Drama, nur weil hier zwei verliebte Teenager aus verfeindeten Lagern stammen, wäre ebenso richtig oder falsch wie ein Vergleich zwischen einem VW Golf und einem Mercedes Kombi, nur weil beide Autos über vier Reifen, ein Lenkrad und eine Heckklappe verfügen. Keiner dieser Kritiker scheint "Romeo und Julia" wirklich gelesen zu haben.

In erster Linie wird der 87minütige Film und seine Handlung von tumben machohaften Schlägern getragen, deren Verstand nicht ausreicht, selbst einfachste und eindeutigste Anweisungen zu befolgen. Gung Tu und Enrico Perito sind beide Bosse mafiaähnlicher Organisationen, welche angesichts ihrer bekanntermaßen streng hierarchischen Strukturen größten Wert auf Disziplin und Gehorsam legen. Beide scheinen die vernünftige Erkenntnis gewonnen zu haben, dass eine friedliche Koexistenz beiden Seiten mehr bringt als Gewalt " weil ihre kriminellen Geschäfte die Basis dafür gelegt haben. Dass sich Tsu und Alby laufend eigenmächtig über klare Befehle ihrer Bosse hinwegsetzen, würde also kaum geduldet und wirkt daher absolut unglaubhaft. Solche Quertreiber würden nie eine Position als "rechte Hand" einnehmen können, sondern immer die letzte Garde bleiben. Besonders, wenn sie immer wieder bestraft werden müssten, um in der Reihe zu bleiben " die Geduld wäre schnell zu Ende. Wesentlich überzeugender erscheint dagegen Yung Gan, der zwischen den Stühlen sitzt. Als er seinen außer Kontrolle geratenen Cousin endgültig beseitigen soll, begreift Yung, dass er dazu nicht skrupellos genug ist. Er sieht als einzigen Ausweg nur noch die gemeinsame Rückkehr in die chinesische Heimat. Leider erkennt er nicht, wie psychopathisch sein Cousin inzwischen geworden ist, der am Ende derart blindwütig auf seine vermeintlichen Feinde reagiert, dass sogar die eigene Familie Opfer seiner Eskalation wird.

Der 16:9-Film hat vollkommen passend ein FSK16 erhalten. Die Bilder sind den 80er Jahren entsprechend farbenfroh, besonders in den nächtlichen Straßen Chinatowns nehmen die bunten Reklamelichter großen Raum ein. Trotzdem ist es nicht comicartig bunt, sondern richtet sich nach der Umgebung, den Personen und ihren Gefühlen. Private Räume sind darum zu den Gefühlen passend oft etwas unterkühlt ausgeleuchtet. Hektische Schnitte wie bei heutigen Actionfilmen oder Musikvideos sind hier glücklicherweise noch nicht vorhanden, der Zuschauer kann sich auf die Bilder wirklich einlassen und bewusst wahrnehmen. Die optische Gestaltung der Szenerien, insbesondere der Straßenszenen und der Kämpfe, aber ganz besonders die musikalische Untermalung des Films erinnert in vielen Passagen an Walter Hills "Straßen in Flammen" von 1984 (hat aber andere Handlung: Einsamer Wolf kehrt nach Hause zurück, rettet eine entführte Rocksängerin und verkrümelt sich wieder, nachdem er erfolgreich gegen eine Straßengang antrat). Die Schärfe ist gut, Bildrauschen ist trotzdem leider sichtbar und vermutlich auf das Alter des Films zurück zu führen. Zum Film werden gut abgemischt die Sprachen Deutsch und Englisch im DD 2.0-Format geboten. Untertitel sind nicht vorhanden, werden aber bei den Szenen, in denen ausschließlich chinesisch gesprochen wird, schmerzlich vermisst, denn hier darf der Zuschauer raten, worum es geht. Die Extras erschöpfen sich in 9 Trailer zu anderen Filmen. Dem Rezensenten lag lediglich eine Rezensions-DVD ohne Case zur Bewertung vor. Die Angaben der Ausstattung beruht daher lediglich auf Informationen des Anbieters: JewelCase mit Wendecover, Inhalt 1 DVD. Als Endergebnis bleibt damit ein handwerklich gut gemachter und durchaus sehenswerter Film älterer Machart, aber mit immer noch aktuellem Thema und ohne Happy End. (gh)

Wertung: 7 von 10 Punkten (7 von 10 Punkten)

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