Chaostage - We are Punks

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Datum: 19.10.2009 | VÖ: 30.09.2009 | Herausgeber: SUNFILM Entertainment | Kategorie: Film

"Chaostage" beschäftigt sich, wie der Name schon vermuten lässt, mit dem Phänomen des Punk im Allgemeinen und den für ihre gewalttätigen Eskalationen berühmten und berüchtigten Chaostage im Besonderen. Dabei handelt es sich jedoch weder um eine Dokumentation, noch um einen Spielfilm, vielmehr ist hier beides miteinander vermischt.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen eine Gruppe Punks, ein paar Nazi-Skinheads und zwei Polizisten. Deren Erlebnisse werden in kurzen Spielfilmepisoden bildhaft dargestellt und anschließend von diversen Szene-Kennern kommentiert. Hierbei handelt es ausschließlich um Personen, die sich entweder noch zum Punk bekennen oder dies zumindest früher getan haben. Vor allem kommen Mitglieder diverser Bands wie Slime oder der Terrorgruppe zu Wort. Mit Ben Becker ist außerdem ein hochkarätiger Schauspieler vertreten.
Für die Spielszenen konnten namhafte Darsteller wie Ralf Richter, Martin Semmelrogge, Claude-Oliver Rudolph, Stipe Erceg und Helge Schneider gewonnen werden.

Insgesamt lässt sich der Film nur schwer einordnen. Die Mischung aus Fiktion und Dokumentation ist nur teilweise geglückt, was vor allem an den Spielszenen liegt. Den Schauspielern kann man hierbei jedoch keinen Vorwurf machen, sie spielen ihre Rollen alle sehr überzeugend und liefern gute Arbeit. Und zumindest anfangs wirkt das Ganze auch sehr authentisch, auf das Bedienen gängiger Klischees wird dankenswerter Weise verzichtet. Leider der Spielfilmpart im Lauf der Zeit jedoch immer schwächer, was hauptsächlich am Drehbuch liegt, das zum einen zu konstruiert und zum anderen zu vorhersehbar gestaltet wurde. Nehmen wir als Beispiel die Geschichte rund um Mitch, der von einem Polizisten vor seiner Verhaftung zusammen geschlagen wird. Natürlich ist die Polizei böse, ein Feindbild, da hilft auch der nette Beamte nichts, der Mitch Hilfe anbietet und ihm dazu rät, den prügelnden Kollegen anzuzeigen. Nicht nur, dass Mitch Rache schwört und dabei keinen Unterschied zwischen diesen beiden Beamten macht - nein, er verliebt sich auch noch in Anita, die eigentlich mit Naziskin Eddie zusammen ist, aber Zweifel an der Beziehung und vom immer gleichen Trott der Szene (saufen, Konzerte, Punks verprügeln) gelangweilt ist. Nicht, dass so etwas im realen Leben unmöglich wäre. Die Authentizität des Films leidet dennoch darunter, vor allem da dem Zuschauer keinerlei Erklärungen für diese seltsame Romanze geliefert werden. Vermutlich gehört das aber zum Konzept von "Chaostage", dessen offenes Ende zum Schluss noch von einer Erzählstimme kommentiert wird. Denn schließlich ist auch der Verzicht auf den erwarteten Abschluss der Geschichte ein Verstoß gegen die Erwartungen der Gesellschaft und somit eine Form von Punk. So oder so ähnlich lautet die abschließende Botschaft von "Chaostage", außerdem wird selbstredend das Fehlen jeglicher moralischer Aussage noch einmal zusätzlich betont. Nicht, dass noch jemand den Film falsch versteht.

"Chaostage" wäre ohne die Spielszenen eine wirklich interessante Dokumentation über bekannte Punks und die Anfänge der Szene in Deutschland. Die Spielfilmparts verschieben diesen eigentlich positiven Eindruck im Verlauf der Handlung jedoch immer mehr ins Negative. Das kostet den Film auch zwei Punkte bei der inhaltlichen Wertung, so dass mehr als zwei Punkte leider nicht drin sind.
Wer wirklich Interesse an der Szene hat, schaut sich am besten gleich nur die 120 (!) Minuten Bonusmaterial an, zu denen zahlreiche Interviews sowie Presseberichte und ein Making-of gehören.
Diese umfangreiche Ausstattung verschafft "Chaostage" zusammen mit einer ansprechenden Hülle volle fünf Punkte für die Produktgestaltung. Dadurch erhält die DVD eine durchaus sehenswerte Gesamtbewertung von sieben Punkten. (ck)

Wertung: 7 von 10 Punkten (7 von 10 Punkten)

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