Lausbubengeschichten

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Datum: 15.12.2008 | VÖ: 04.12.2008 | Herausgeber: Euro Video | Kategorie: Film

Franz Seitz, geboren 1921 in München, wuchs in einer Familie auf, die viel mit der Filmerei, dem Schauspiel und dem Theater zu tun hatte. Seine Mutter war die Schauspielerin Anni Terofal und die Tochter von Xaver Terofal, der französischer Abstammung war und eigentlich Laforet hieß. Dieser gründete das berühmte Schlierseer Bauerntheater. Der Vater von Franz Seitz war der berühmte UFA-Regisseur Franz Seitz Senior ("IA in Oberbayern", "SA-Mann Brand"). Nach dem Abitur am Neuen Realgymnasium München absolvierte Franz Seitz Junior in den Jahren 1940 bis 1943 seinen Kriegsdienst. An der Ostfront wird er jedoch schwer verwundet und kann die Zeit bis zum Kriegsende nutzen, um drei Semester Medizin zu studieren. Nach dem Kriegsende wandte er sich einige Jahre lang der Kunstmalerei zu, bis er dann 1949 als Architekt in das Metier seines Vaters Einzug feierte. Schon Mitte der 50er Jahre stand er auf eigenen Beinen und wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einen der wichtigsten Persönlichkeiten im deutschen Film.

In einem Interview sagte Franz Seitz einmal, dass es das wichtigste im Leben ist, an dem Spaß zu haben, was man tut. Neben der Tätigkeit als Produzent war Franz Seitz auch sehr gerne als Autor tätig. Unter dem Pseudonym "Georg Laforet" schrieb er die Drehbücher für viele seiner Filme. Das er Spaß daran hatte, merkt man an den Ergebnissen, gerade auch bei den einfacheren Stoffen. "Klamotte muss Klamotte bleiben", sagte Seitz einmal. Aber Qualität war ihm auch wichtig, gerade bei den weniger anspruchsvollen Filmen.

Sehr gerne bediente er sich bei literarischen Stoffen. Sein größter Erfolg war zweifelsohne die Literaturverfilmung "Die Blechtrommel" des gleichnamigen Bestsellers von Günther Grass. Für diesen Film gab es sogar den Oskar. Aber auch für Filme wie "Das fliegende Klassenzimmer" (Erich Kästner), "Unordnung und frühes Leid" (Thomas Mann), "Erfolg" (Lion Feuchtwanger) oder "Lausbubengeschichten" (Ludwig Thoma) ist Franz Seitz verantwortlich. Gerade bei diesen literarischen Stoffen hat er es sich nicht nehmen lassen, selbst das Drehbuch zu verfassen. Mit sehr viel Feinfühligkeit schrieb Seitz die Drehbücher zu den Filmen, ohne den Buchvorlagen untreu zu werden. Der Film "Lausbubengeschichten" von Ludwig Thoma musste für Seitz, der ja selbst Bayer war, eine ganz besondere Herzensangelegenheit gewesen sein. Er erkannte auch das vorhandene Potential an diesem Stoff und setzte ihn in jeder Hinsicht hochwertig um. Nach der Filmpremiere im Herbst 1964 wurde der Film sogar von der letzten Geliebten von Ludwig Thoma, Maidi Liebermann, gewürdigt, in dem sie sagte, dass dieser Film genau die Vorstellungen von Thoma treffen würde.

Neben den großartigen Schauspielern wie Michl Lang, Rudolf Rhomberg, Carl Wery, Elisabeth Flickenschildt, Georg Thomalla oder Harald Juhnke oder die einzigartige Soundtrack-Leistung von Rolf Wilhelm, sind vor allem die Drehbuch-Umsetzung von Franz Seitz und die Regiearbeit des Altmeisters Helmut Käutners ("Große Freiheit Nr. 7", "Der Schinderhannes") verantwortlich für den Erfolg und die Qualität des Filmes. Es folgten vier Fortsetzungen, die ein ähnliches Level hatten, nach und nach aber auch stark Richtung seichte Unterhaltung abdrifteten. Aber ganz ohne Anspruch und vor allem handwerkliches Können war keiner der Filme. Dafür sorgte weiterhin Seitz als Drehbuchautor und Produzent. Mit Werner Jacobs hat er für die weiteren Filme einen Regisseur verpflichten können, der es meisterhaft verstand, einfache Unterhaltung handwerklich solide umzusetzen.

All diese Filme können aber nur funktionieren, wenn auch ein passender Hauptdarsteller vorhanden ist. Mit einem groß-angelegten Casting hat man in München einen Jungen gesucht, der in die Rolle des jungen Ludwig Thoma schlüpfen sollte. Der 1952 in Oberschlesien geborene Hans Krause machte am Ende das Rennen. Er kam mit seinen Eltern 1958 in die bayrische Landeshauptstadt. Dort lernte der aufgeweckte und neugierige Junge sehr schnell die Münchner Lebensart kennen. Ein wenig übrig gebliebener Babyspeck und eine natürliche Unbefangenheit sorgte dafür, dass der Regisseur Käutner am Ende auf ihn bestand. Mal von einigen Schwierigkeiten beim Dreh abgesehen, war Hans Krause der perfekte Knabe für diese Rolle. Bis zur Premiere wurde sein Name aber noch in Hansi Kraus abgewandelt, damit dieser nicht zu preußisch wirkt. In fünf Filmen verkörperte er den jungen Ludwig Thoma. Und auch heute schlüpft er immer wieder mal in diese Rolle.

Die Filme von damals, allen voran natürlich der erste Teil, sind heute Klassiker des deutschen Kinos. Aus diesem Grund war es nur eine Frage der Zeit, bis diese auch endlich auf DVD erscheinen werden. Die Münchner Firma Euro Video nahm sich dem Ganzen im Jahr 2006 an. Mit viel Liebe zum Produkt und auch dem nötigen Respekt vor diesen Klassikern hat man eine limitierte Sonderedition in Form einer DVD-Box veröffentlicht. Diese beinhaltete neben einem Beiheft mit unzähligen Hintergrundinformationen, Bildern und Kochrezepten aus den Filmen auch ein Reclam-Buch mit der literarischen Vorlage der "Lausbubengeschichten" und "Tante Frieda". Auf den DVDs kann man außerdem ein ausführliches Interview mit Hansi Kraus und einen Audiokommentar mit Hansi Kraus und einem Filmjournalisten vorfinden.

Da eine limitierte Box (30.000 Stück) in diesem Umfang natürlich ihren Preis hat und der Vorrat auch einmal zur Neige geht, lag es auf der Hand, dass das Label irgendwann noch einmal eine vereinfachte Version der Box auf den Markt bringt. Dies war diesen Monat soweit. Und die Umsetzung ist wieder sehr gut gelungen. Natürlich musste man auf einige Dinge verzichten. Die fünf Filme sind jetzt auf drei statt fünf DVDs gepackt. Das Interview und der Audiokommentar sind dafür aber noch immer vorhanden. Die Box ist etwas dünner und ist jetzt keine Digipak-Verpackung mehr, sondern eine einfache Plastikhülle. Auf die Kochrezepte hat man auch nicht verzichtet. Diese sind geschickt mit integriert. Wenn man die DVDs heraus nimmt, kann man durch die durchsichtige Hülle die Rezepte sehen. Und auch ein Beiheft mit einigen Informationen ist vorhanden. Alles in allem bietet die neue Version der DVD-Veröffentlichung der Lausbubengeschichten trotzdem noch sehr viel. Lediglich auf das Reclam-Heft, die Edle Optik und einige Informationen im Beiheft muss man verzichten. Aus diesem Grund spricht eigentlich nichts dagegen, hier zu zugreifen. Lediglich Sammler und Perfektionisten sollten der limitierten Edition Vorrang lassen. Die neue Box kann aber ganz gut mit halten und kann vor allem mit einem pfiffigen Artwork trumpfen.

Die Lausbubengeschichten sind heute große Klassiker des deutschen Films. Man darf davon ausgehen, dass es noch sehr, sehr lange dauern wird, bis eine weitere Stoff-Verfilmung so nah an die Buchvorlage von Ludwig Thoma heran reichen wird. Bis dahin hat man nun mit dieser DVD-Veröffentlichung die Möglichkeit, immer wieder diese Filme zu genießen zu dürfen. Ein Spaß für die ganze Familie. (sk)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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