Als Sendezeit noch kein Luxus war

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Datum: 31.07.2009 | Kategorie: Generation Testbild

Zeit ist Geld, vor allem Sendezeit. Das merkt man ganz besonders, wenn man heutzutage den Fernseher einschaltet und insbesondere das werbefinanzierte Privatfernsehen anschaut. Heute herrscht im Fernsehen große Hektik, jede Sekunde muss ausgenutzt werden. Da bleibt natürlich keine Zeit für den Abspann einer Serie oder eines Filmes. Es wird nicht einmal auf schwarz geblendet, es geht alles Schlag auf Schlag. Außer an der Lautstärke merkt man gar nicht mehr, wo der Film aufhört und die Werbung anfängt. Wenn man heute etwas mit einem Festplattenrecorder aufnimmt und hinterher die Werbung herausschneiden will und genau den passenden Frame finden muss, dann merkt man, wie nervig das ist. Aber es sind nicht nur die Privaten, auch die öffentlich-rechtlichen Sender haben inzwischen einen recht hektischen Stil, wenn auch nicht so extrem wie bei den Privatsendern.

Wirft man einen Blick zurück in die 80er Jahre, so sah die Fernsehwelt damals noch völlig anders aus. Die wenigen Sender sind nicht durch ihr Programm gesprintet, sondern gemütlich spaziert. Sendezeit war kein Luxus, man hatte mehr als genug davon. Da man nicht rund um die Uhr gesendet hat, konnte man das Programm ohne jegliche Hektik über den Tag verteilen. Es gab mitten im Programm regelmäßig regelrechte Pausen. Meistens hat man die Programmlücken mit kurzen Filmchen aufgefüllt. Besonders beliebt als Darsteller für diese Pausenfilme waren Tiere. So erreichte eine Aufnahme des NDR mit dem Walross Antje aus dem Hamburger Tierpark Hagenbeck Kultstatus, schließlich wurde Antje sogar in das Logo des NDR integriert. Oder wer kennt nicht noch die herumturnenden Katzen vom Hessischen Rundfunk? Der Süddeutsche Rundfunk zeigte hingegen lieber Vögel auf einer Stange. Aber nicht nur Tiere wurden als Pausenfüller verwendet, sondern gerne auch Landschaftsaufnahmen. Besonders markant war auch ein gezeichneter Pausenfüller des NDR mit einem dicken Heißluftballon.

Aber manchmal sah man sich nicht einmal genötigt, die Pausen zu füllen. Stattdessen hat man gelegentlich einfach ein Dia mit der Aufschrift “Pause“ eingeblendet, da wusste man, was Sache war. Oder das Senderlogo wurde einfach eingeblendet. Und offensichtlich war den Sendern daran gelegen, die Zuschauer durchs Programm zu führen und über den Programmablauf zu informieren, denn man sah ständig Programmvorschauen. Entweder in der Kurzform als Pausenfüller, also in Form von Programmtafeln, oder auch als richtige moderierte Sendung. Ja, es gab sogar halbstündige Sendungen, in denen das Programm der ganzen Woche ausführlich vorgestellt wurde. Klar, man hätte auch einfach in die Fernsehzeitung schauen können, aber die DDR-Bürger hatten diese Möglichkeit eben nicht. Für diese waren die Programmvorschauen die einzige Möglichkeit, sich über das Programm der Westsender ausführlich zu informieren, viele von ihnen sollen sogar bei den Programmvorschauen mitgeschrieben haben.

Im deutschen Fernsehen der 80er Jahre hat man sich nicht nur jede Menge Zeit genommen, man hat auch ständig auf die Zeit hingewiesen. Damals konnte man ständig eingeblendete Uhren im Fernsehen sehen, das Fernsehen als visuelle Zeitansage. Wann sieht man heute noch Uhren auf der Mattscheibe? Wen interessiert noch die Zeit? Aber wenn man genau hinschaut, dann gibt es auch heutzutage im Fernsehen wieder Pausen und Lücken, allerdings nicht im frei empfangbaren, werbefinanzierten Privatfernsehen und auch nicht wirklich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Aber in den Pay-TV-Sendern hat man heute teilweise eine großzügige Zeitplanung. Doch häufig füllt man die Sendelücken nicht mit entspannenden Pausenfüllern oder einfachen Standbildern wie in der 80er Jahren, sondern mit Eigenwerbung und Trailern. Aber andererseits ist das ja auch nichts anderes als die moderne Form der Programmvorschauen aus den 80ern. (jh)