Herbert Kalser

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Der eine sammelt Briefmarken, der andere sammelt Bierdeckel, doch Herbert Kalser aus Hausleiten in Österreich sammelt Testbilder. Seit vielen Jahren begeistert sich Kalser für die geometrischen Figuren, die man in der Vergangenheit regelmäßig im Fernsehen zu sehen bekam, wenn kein Programm ausgestrahlt wurde. Heutzutage ist das Testbild aus dem Fernsehen des deutschsprachigen Raums völlig verschwunden, doch Kalser frönt nach wie vor seiner Leidenschaft, über die er sich in einem Fragebogen-Interview für TV-KULT ausführlich geäußert hat.

Redaktion: Herr Kalser, erklären Sie bitte unseren Lesern zunächst einmal, was der Sinn und Zweck eines Testbildes ist.

Grundsätzlich war (!) das Testbild vorgesehen, den TV-Technikern beim Einstellen der Fernsehantenne zu helfen, das optimale Bild zu bekommen. Da heute vorwiegend TV über SAT bzw. digitale Hausantenne empfangen wird, erweist sich diese ursprüngliche Funktion des Testbildes als obsolet. Antennenfernsehen auf analoger Basis ist quasi von der Bildfläche verschwunden. In weiterer Folge wurde das Testbild bei den TV-Sendern gerne als "Pausenfüller" eingesetzt, also in den Sendepausen tagsüber. Nach der Nationalhymne mit dazu gelieferter Flagge gab es eher selten ein Testbild. Wenn, dann höchstens für ein paar Minuten.

Redaktion: Wann und wie hat Ihre Begeisterung für das Testbild begonnen?

Das liegt schon sehr lange zurück. Da ich Jahrgang 1962 bin, "durfte" ich in meiner Kindheit noch das Staatsfernsehen in Österreich mit seinen beiden Programmen bewundern, zu Beginn sogar noch schwarz-weiß. Ausländische Sender konnten wir in Wien damals schwer empfangen, und wenn, dann jene aus den kommunistischen Nachbarländern. Bei und war das dann eben CST 1+2 aus der CSSR und MTV 1+2 aus Ungarn, letztere beiden aber mit sehr schwachem Signal. Natürlich hatten diese Anstalten auch Farb-TV, aber unsere Fernsehgeräte waren auf das PAL-System ausgerichtet und nicht auf das, vorwiegend im Osten und in Frankreich verwendete, SECAM. Da auch die Tonspur auf einer nicht mit dem Bild synchronen Kanal sendete, war das dann eher nur ein stummes Vergnügen.
Im Laufe der Zeit kamen aber PAL/SECAM-Adapter in manchen TV-Geräten dazu, und da war es für mich ganz klar, welchen Fernseher ich mir mit meinem ersten, selbstverdienten Schillingen zulegen musste ;-)

Redaktion: Haben Sie schon frühzeitig damit begonnen, systematisch nach fernen Testbildern Ausschau zu halten? Welche technischen Möglichkeiten hatten Sie hierzu?

Begonnen hat das so Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Eigentlich des vergangenen Jahrtausends, wenn man es genau nimmt. Meine Eltern hatten einen Zweitwohnsitz am Jauerling, und dort steht auf 959 Meter Höhe ein sehr feiner Sendemast, der zu meiner Freude stark von Überreichweiten ausländischer Sender beeinflusst wurde. Und so sah ich plötzlich ARD, ZDF, das rumänische und sogar das spanische Fernsehen. Und da begann ich zu entdecken, dass diese Sender auch Testbilder ausstrahlten, diese aber komplett anders aussahen als jene beiden der ORF.

Redaktion: Haben Sie die Testbilder fotografiert oder aufgezeichnet?

Zu Beginn meines seltsamen Hobbys konnte ich natürlich nur Aufnahmen mit dem Fotoapparat machen. Geändert hat sich das dann ab Mitte der 80er Jahre. Da bezog ich eine Wohnung im Wohnpark Alt-Erlaa, im 21. Stockwerk. Da "lag" ich so gut, dass ich sogar auf Kanal 50 das erste russische Fernsehen, welches speziell für die CSSR auf diesem Kanal sendete, empfangen konnte. Und da hatte ich dann auch schon einen Videorecorder zum Aufzeichnen.

Redaktion: Seit wann beobachten Sie Testbilder über Satellit und mit welchem technischen Aufwand? Wie viele Satellitenpositionen beobachten Sie zu diesem Zweck?

Beobachtungen über Satellit mache ich ab Ende 1989, als ich meine erste, kleine SAT-Anlage installierte. Am Balkon, 60 cm, auf ASTRA 19,2 ausgerichtet. Im Laufe der Zeit erweiterte sich mein Horizont (und damit auch meine SAT-Anlagen).
Mittlerweile habe ich eine SAT-Antenne, die auf Astra 19,2 ausgerichtet ist und zusätzlich auf ASTRA 2, ASTRA 3, Hotbird und Eurobird 1. Leider halt als fix montiertes Teil, eine größere Schüssel mit Schwenkmöglichkeit oder auf der Terrasse montiert scheiterte an technischen Problemen und der Uneinsichtigkeit meiner lieben Frau ;-)

Redaktion: In Mitteleuropa ist das Testbild längst aus dem regulären Fernsehprogramm verschwunden. Wo werden heutzutage noch regelmäßig Testbilder ausgestrahlt?

Regelmäßige Testbilder lassen sich ohne enormen technischen Aufwand nur noch sehr selten finden. Die größten Chancen auf nicht exotischen Frequenzen findet man wohl auf den Satelliten der Eutelsat-Flotte, welche sehr viele osteuropäische Stationen beherbergen. Diese haben nicht alle ein 24 Stunden-Programm, sodass man hier am Ehesten noch fündig werden kann. Hat man dann doch eine einsichtige Frau und in eine größere Anlage investiert, dann findet man mehr. Speziell mein lieber Freund Manolito Plötz aus Berlin kann sich hier glücklich schätzen. Auf seiner Seite www.tab-multimedia.de kann man sich ein Bild machen. Er versorgt mich auch quasi stündlich mit neuen, exotischen Bildern.

Redaktion: Wo kann man außerhalb regulärer Fernsehausstrahlungen noch Testbilder sehen? Welche Rolle spielen Testbilder bei sogenannten Feeds?

Diese Frage passt sehr gut zu eben Gesagtem. Heutzutage werden Testbilder vorwiegend für Feeds eingesetzt. Das bedeutet, dass die Sender die Leitung und die Übertragungsstrecke vor dem Senden des Materiales (Interviews, Zuspielungen etc.) zuerst einmal optimal ausrichten müssen. Und da kommen dann die Testbilder zum Einsatz. Also quasi in ihrer eigentlichen Funktion.

Redaktion: Es gibt verschiedene Testbild-Typen, etwa das in Deutschland und der Schweiz übliche FuBK-Testbild oder das in Österreich oder den Niederlanden gebräuchliche Testbild PM5544 von Philips. Wie viele Testbild-Typen sind Ihnen bekannt und wie sieht es mit deren regionalen Verteilung aus?

Was die vielfältigen Muster und Formen der eingesetzten Testbilder betrifft, bin ich eher ein Laie. Ich kenne unzählige verschiedene Bilder, die manchmal absolut keine Ähnlichkeiten aufweisen, manchmal sich einander sehr ähnlich sind oder manchmal in geringer Weise Ähnlichkeiten haben. Es ist unmöglich, hier eine Zahl zu nennen. Was die regionale Verteilung betrifft, konnte ich bislang keine besonderen Präferenzen erkennen, wiewohl aber natürlich die Testbilder innerhalb einer Senderkette (etwa der ARD mit ihren Regionalsendern) eher sehr ähnlich sind. Ich denke, auch hier gibt es ganz einfach Vorlage, die man immer wieder einsetzt.

Redaktion: Welche Testbild-Typen gehören zu Ihren persönlichen Favoriten?

Da gibt es eher keine speziellen Vorlieben. Wenn doch, dann jene, mit denen meine Leidenschaft begann. Also etwa das Testbild des CSSR-Fernsehens. Oder auch jenes des DDR-Fernsehens.

Redaktion: Gibt es spezielle Testbilder für digitales Fernsehen und insbesondere auch für HDTV?

Den ersten Teil der Frage muss man eigentlich gar nicht (mehr) beantworten, da es ja praktisch nur noch digitales Fernsehen gibt. Und ja, natürlich werden für HDTV auch eigene Testbilder verwendet, allerdings beobachteten wir da auch den Einsatz der "normalen" Vorlagen.

Redaktion: Wie sahen die ungewöhnlichsten Testbilder aus, die Sie bisher gesehen haben?

Ach, da gibt es so viele, ich habe hier gar keinen Überblick und auch keinen speziellen "Liebling". Ein wenig außer der Norm sind die Bilder aus dem arabischen Raum, und neulich sendete mir Freund Mano einige Bilder aus Nordkorea, die auch sehr außergewöhnlich sind.

Redaktion: Welche Rolle spielt der jeweilige Ton zum Testbild?

Eine gute Frage. An sich "gehören" zum Testbild ja diese beiden schrillen Pfeiftöne, ich glaube, das sind 800 Hz und 1000 Hz. Aber diese erträgt man nicht sehr lange, darum haben die Sender rasch auf Musikuntermalung umgestellt, wenn das Testbild für längere Zeit "on air" sein sollte. Der ORF hat immer ab mittags in ORF2 (früher FS 2- so nennen heute noch viele ältere Bürger unseres Landes die Programme …) den Radioton des Klassikprogrammes von Ö1 mit gesendet.

Redaktion: Wie viele Testbilder aus wie vielen Ländern besitzen Sie in Ihrer Sammlung und welchen Zeitraum umfasst diese?

Auch wieder eine schwierige Frage. So an die 20.000 werden es (auch Dank Mano) schon sein. Vor allem ab Mitte der 90er Jahre begann ich systematisch mit dem Archivieren, was heutzutage durch die digitalen Medien natürlich sehr angenehm (und vor allem platzschonend!) ist.

Redaktion: Das Testbild erfüllt in erster Linie einen technischen Zweck, aber ist es darüber hinaus nicht auch zu einem gewissen Kultobjekt geworden?

Ist es, keine Frage. Ich erinnere mich noch gut an die Internetseite staytuned, die sich speziell dem Aussterben des Testbildes im österreichischen Fernsehen angenommen hatte. Das war auch der Anstoß für die Schaffung meiner Internetseite www.tv-testbild.com

Redaktion: Glauben Sie, dass viele Zuschauer das Testbild vermissen? Waren womöglich viele Durchschnittszuschauer Testbild-Fans?

Ich denke, das ist so eine Sache - man vermisst das, was man hatte und gar nicht beachtete immer erst dann, wenn man es nicht mehr hat ;-)

Redaktion: Wie groß ist das Interesse der Medien am Thema Testbild und insbesondere an Ihrer Sammelleidenschaft?

In Österreich praktisch Null. Ich hatte 2005 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Fernsehens in Österreich im Museumsquartier eine mehrwöchige Ausstellung zu diesem Thema und natürlich zum Thema Testbild, alleine die österreichischen Medien waren daran nicht interessiert. Gekommen sind Vertreter aus Deutschland, der Schweiz, und sogar aus Amerika waren Journalisten anwesend. Und Deutschland "hat mich scheinbar sehr gern"- ich durfte schon TV-Interviews für den NDR geben, die ARD lud mich sogar zu einem Interview ins Technikmuseum nach Berlin ein, und viele deutsche Radiosendungen hatten auch schon meine Stimme live im Studio. Die Frankfurter Allgemeine, das Guggenheim Museum oder auch der Spiegel berichteten in mehreren Seiten über mein Hobby, was mich natürlich immer sehr freut. Meine Internetseite hat dann jedes Mal tausende Zugriffe pro Tag, was einerseits toll ist, andererseits bei meinen Provider KASKADA die Alarmglocken schrillen lässt. So viele Zugriffe müssen natürlich die Leitungen verkraften. Bisher klappte alles ausgezeichnet.

Redaktion: Haben Sie Kontakt zu anderen Testbildsammlern? Gibt es eine richtige Szene von Testbild-Liebhabern?

Habe ich, natürlich. Das ist übrigens eine lustige Sache: ich als Österreicher habe die Domäne www.tv-testbild.com, Mano Plötz als Deutscher www.tv-testbild.at und Michael Cramme aus Deutschland nennt www.tv-testbild.de sein Eigen.

Redaktion: Vielen Dank für Ihre Auskunft!

Gern geschehen ;-)

Der Beitrag wurde am 01.10.2010 von jh verfasst.

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