Guten Morgen, Herr Grothe

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Datum: 05.11.2009 | VÖ: 30.10.2009 | Herausgeber: Edel | Kategorie: Film

"Ausgezeichnet!" - Dieser lobhuldigende Ausruf begegnet dem Betrachter gleich sechsmal in Großbuchstaben, wenn er sich nur die DVD-Verpackung von allen Seiten anschaut. "Ausgezeichnet! - Die Gewinner FilmEdition" ist der Titel einer neuen DVD-Reihe des Hauses Edel motion, in welcher ab 2010 besondere Filme herausgegeben werden. Den Auftakt macht "Guten Morgen, Herr Grothe", welcher unter anderem den Adolf-Grimme-Preis 2008 in gleich fünf Kategorien erhielt.

Von derartigen Vorschusslorbeeren leicht übersättigt erwartet man als Zuschauer dementsprechend einen herausragenden Film und kann sich schnell mit der Hauptfigur Michael Grothe in eine Ecke stellen: die der Desillusionierten.
Grothe (Sebastian Blomberg) ist Deutschlehrer an einer Berliner Regelschule und hat die Klasse mit dem schlechtesten Ruf unter den Lehrern, will sich aber auf keinen Fall geschlagen geben, sondern tapfer seine Pflicht tun. Dass ihm seine Klasse dies so schwer wie nur irgend möglich macht, ist auch schnell klar. So ziemlich jeder Problemfall ist in Grothes Klasse vertreten: ein in sich selbst zurückgezogenes Mädchen, ein Möchtegern-Gangsterrapper, diverse Problemfälle mit passendem klischeehaften Migrationshintergrund und natürlich der "King", der oberste aller Rüpel und ewig Querschießenden: Nico Brock (Ludwig Trepte).

Fast die gesamte Anstrengung Grothes geht dafür drauf, Nico irgendwie zu zügeln und ihn zum Unterricht zu zwingen. Nico wiederum lässt nichts unversucht, um seinen Willen durchzusetzen und seine Unlust zu irgendetwas zu demonstrieren.
Das ist in etwa die Zusammenfassung der Ausgangssituation und auch die des ganzen Films. "Guten Morgen, Herr Groth" ist eine Zustandsbeschreibung oder vielmehr der Versuch, ein authentisches Bild einer tatsächlichen Situation zu zeichnen. Weltfremde Bildungsbürger mögen sich auch ab und an sagen "Ja, so ist das auf den Schulen mit den Lehrern und den schwierigen Schülern.", aber im Grunde wirkt es alles sehr konstruiert und einfach nur gespielt.

Grothe und Nico haben zunächst ein typisches Schüler-Lehrer-Verhältnis zueinander: Schüler nervt Lehrer und Lehrer macht die verstocktesten Bemühungen um zum Schüler durchzudringen.
Auf einmal geht aber Schüler Nico wirklich und wahrhaftig auf Lehrer Grothe zu und gibt sich freiwillig in seiner Freizeit mit ihm ab. Er übt mit Grothe nach der Schule lesen und schreiben. Einfach so, wie man das ja auch millionenfach aus der Realität deutscher Schulen kennt.

Um dem Film noch etwas Spielfilmhaftes zu verleihen wird Grothes Figur mit einer Ex-Frau, einem kleinen Sohn und einer Liebschaft im Kollegium ausgestattet. Nico hingegen bekommt eine Mutter spendiert, die mit Gleichgültigkeit ihm gegenüber glänzt.
Und dann wabert und wurstet der Film so vor sich her. Lange, sehr lange.
Längen entstehen, alles zieht sich und dann plötzlich hat sich in den Köpfen der Schüler etwas verändert und man weiß gar nicht warum und wieso. Die Klasse scheint Grothe auf einmal zu akzeptieren und mit ihm klarkommen zu wollen. Auf ganz besondere Bemühungen durch Grothe lässt sich dieser Sinneswandel nur schwerlich zurück führen. Er bleibt zwar am Ball, aber ein echtes 1:1 sucht er nur mit Nico, alle anderen Schüler haben nur im Klassenzimmer Kontakt mit Grothe.
Was dann während des gemeinsamen Ausflugs zum Kanufahren, passiert, hat sich mir nach wie vor nicht erschlossen. Ein daherkonstruierter Schreckmoment knallt mitten in die Situation und ist dann doch nur ein Vehikel für die nächste Stufe der neuen Schüler-Lehrer-Beziehungen im speziellen Fall "Grothe".

Der Film endet wie er begonnen hat: ohne Markanz. Das passt zu der Motivation des Films, eher ein Bild als eine Erzählung zu sein. Dennoch beansprucht dieses "Bild" 90 Minuten Aufmerksamkeit und ist dafür viel zu dünn in Sachen Schilderung.

Aus welchem Grund in gnadenloser Ausdauer ständig mit einer eher frei geführten Kamera gearbeitet wurde, erschließt sich mir absolut nicht. Die ständige Wackelei erzeugt irgendwann latente Konzentrationsschwierigkeiten. Möglicherweise soll sich der Zuschauer in den typischen Problemschüler hineinversetzen können oder wenigstens Genervtheit von der Kameraführung empfinden, wenn schon die Figuren keine emotionale Resonanz erzeugen können.

Die DVD erscheint in einer an der Reihe "Ausgezeichnet!" orientierten Verpackung und zeigt auf dem Rücken der Verpackung eine 1, die die Zugehörigkeit in die Filmreihe angibt. Ein Wendecover, um den Film zu einem eigenständigen Produkt zu machen, wäre hier eine geniale Lösung gewesen. Doch leider besteht die Innenseite des Covers nur aus einer Liste der eingeheimsten Preise.
Die Extras der DVD bestehen einzig aus Promotion: eine Erklärung der "Ausgezeichnet!"-Reihe in stehenden Texten, die automatisch weiterblättern und einige Trailer aus dem Hause Edel motion. (mp)

Wertung: 3 von 10 Punkten (3 von 10 Punkten)

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