Fantômas

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Datum: 05.10.2009 | VÖ: 02.10.2009 | Herausgeber: Universum Film | Kategorie: Film

Bei"Fant'mas" denkt der Großteil sicherlich an die Filme mit Louis de Funès, welche ein familientaugliches Katz-und-Maus-Spiel darstellten. Der originale Stoff der 32 Romane wurde damit nicht wirklich treu wiedergegeben, denn die Figur "Fant'mas" ist als skrupelloser Dieb und Raubmörder erdacht worden, welcher über Leichen geht, um seine Identität zu schützen und niemandem die Gewissheit völliger Sicherheit gönnt, da er wandelbar wie ein Chamäleon ist.

1980 beschlossen die Regisseure Claude Chabrol und Juan Luis Buñuel, den Romanstoff neu und in der ursprünglichen Ernsthaftigkeit der literarischen Vorlage zu verfilmen. Die so entstandenen vier Filme finden sich nun in dieser zwei DVDs umfassenden Sammlung.

Das Schema der Handlung ist stets in seinen Grundzügen gleich: Fant'mas (Helmut Berger) geht seinen Raubzügen ungehindert nach und verschont, wenn es sein muss auch das Leben seiner Opfer nicht. Da er ein strategisch sehr versierter und im Spielen von Rollen hochtalentierter Krimineller ist, ist der seinen Verfolgern Inspektor Juve (Jacques Dufilho) und dem Journalisten Fandor (Pierre Malet) stets einen Schritt voraus und versteckt sich oftmals direkt unter deren Nase, indem er einfach eine weitere neue Identität annimmt.
Fant'mas größter Coup ist aber, dass er es bewerkstelligt hat, dass die breite Öffentlichkeit ihn für einen Mythos hält und Juve und Fandor kaum wirklich ernst genommen werden, wenn sie ihre Theorien, dass Fant'mas in ein Verbrechen verwickelt gewesen sei, ausbreiten. Dadurch bleibt der Meisterverbrecher eine undurchsichtige Figur, statt als konkreter Mensch greifbar zu sein. So besteht die Faszination der Figur "Fant'mas" nicht in der Güte seiner Verbrechen, sondern in der Beliebigkeit und Überlegenheit seiner Handlungen und die fortdauernde erfolgreiche Flucht vor den Behörden. Selbst wenn man der Meinung ist, dass sich die Schlinge nun endgültig um seinen Hals zugezogen hätte, gelingt es Fant'mas auch noch in allerletzter Sekunde, seinen Häschern zu entschlüpfen.

Die vier Filme hängen mehr oder minder als sequenzielle Folge zusammen, erstrecken sich aber über mehrere Jahre. Recht früh ist mir, v.a. bei Chabrols Regie die betonte Kammerspiel-Atmosphäre aufgefallen: es wird Wert auf Figurenkonstellationen und Dialoge gelegt. Etwas überzogen wirkt leider die besonders betonte Theatralik in den Bewegungen, Mimiken und Einstellungen, sodass der Mord durch Erwürgen zu Beginn des Films "Verhängnisvolles Rendezvous" beispielsweise mit heutigem Filmverständnis gesehen etwas arg gekünstelt erscheint. Die Regie Buñuels (Film 2 und 3) gefiel mir dagegen besser, sein Stil ist entspannter, aber trotzdem kein krasser Bruch hinsichtlich der Arbeit seines Kollegen.

Die Erzählweise der Filme ist mitunter etwas weniger straff als man sie bei kriminalistischen Filmen vermuten würde. Diverse Szenen dienen nur der Vertiefung der Beziehungen unter den Figuren - relevante Vorkommnisse werden hingegen manchmal nur nacherzählt und nicht einmal in kurzen Einstellungen angedeutet.
In meinen Augen ist "Fant'mas" daher nicht als Krimi anzusehen, sondern eher als kriminalistische Geschichte bzw. die Erzählung über einen nahezu als genial zu bezeichnenden Verbrecher. Eine klassischen Krimi wird man also nicht sehen, stattdessen das für Fant'mas so typische Spiel mit den Menschen. Demnach liegt der Fokus nicht auf der Handlung und ihrer Entwicklung bzw. ihren Wendungen, sondern auf den Feinheiten der Konstellationen und der Präsenz von Fant'mas - speziell in den Köpfen derer, deren Leben er betritt - sei es nur, um es zu beenden. Hochspannung wird dadurch nicht geboten. Einige Entwicklungen sind nicht unbedingt vorhersehbar, aber Dynamik oder richtige Fahrt habe ich zumindest kaum verspürt. Hier würde ich wieder darauf verweisen wollen, dass sich "Fant'mas" mitunter stark nach einem Kammerspiel anfühlt.

Helmut Berger ist als Fant'mas in seiner ganz eigenen Art irgendwie ein Genuss für den Zuschauer. Ich meine damit nicht die Szenen, wenn Fant'mas ganz in Schwarz in Aktion tritt, sondern die Figuren, Rollen und Identitäten, derer sich Fant'mas spielerisch bedient und Berger in ihnen so richtig aufzugehen scheint. Egal ob Landstreicher oder feiner Edelmann: Berger strahlt Präsenz und Charisma aus.
Eine Szene aus "Verhängnisvolles Rendezvous", in welcher Fant'mas ganz unvermittelt in den Gemächern der badenden Sonia Danidoff (Kristina van Eyck) auftaucht und mit ihrer Angst regelrecht spielt, ist mein persönliches Highlight der "Fant'mas"-Reihe. Davon abgesehen konnte ich den Filmen nicht allzu viel abgewinnen, da ich mitunter den oft sehr ruhigen Takt des Plots und das Verweilen in den Gesprächen etwas schleppend fand. Freunde und Fans der Arbeiten von Helmut Berger finden aber sicherlich großen Gefallen an dieser Sammlung. Ich vergebe dennoch nur zwei von fünf Punkten für den Inhalt.

In Sachen Präsentation und Ausstattung ist die auf zwei DVDs erscheinende Fernsehfilm-Serie leider deutlich schwach auf der Brust. Das Bild ist in originaler, etwas mäßiger Qualität und wurde sichtlich nicht noch einmal in Nacharbeit verbessert. Auch der Ton liegt nur in Deutsch und Mono vor. Die Extras beschränken sich auf "Filmempfehlungen" in Form von Trailern auf der ersten DVD, während die zweite Silberscheibe gänzlich ohne Extras daherkommt. Somit vergebe ich nur einen Punkt für Qualität und Ausstattung.

Die "Fant'mas"-Sammlung ist ganz klar etwas für Kenner, Freunde und Fans des Stoffes sowie Helmut Bergers. Jene werden wohl kaum enttäuscht sein, sondern sich vielmehr freuen, diese Reihe endlich als Doppel-DVD im Schuber erstehen zu können. Allen anderen kann ich kein ungetrübtes Filmvergnügen garantieren - es sei denn man ist bezüglich des Filmgeschmacks durch "Retro" nicht abzuschrecken. (mp)

Wertung: 3 von 10 Punkten (3 von 10 Punkten)

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