Homevideo

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Datum: 24.03.2012 | VÖ: 20.01.2012 | Herausgeber: Studio Hamburg | Kategorie: Film

Jakob ist 15 und bis auf Hannah ist alles in seinem Leben für ihn eher bescheiden. Seine Eltern schippern von einer Krise zur nächsten und die Schule ist für Jakob reine Anwesenheit, er sitzt eigentlich nur seine Zeit ab, was man an seinen Leistungen sieht. Hannah ist zwei Jahre jünger als Jakob, geht auf dieselbe Schule wie er und ihm nicht mehr aus dem Kopf. Alle Zeichen stehen auf eine sich anbahnende jugendliche Romanze.
Prinzipiell ist Jakob ein verschlossener Typ, ist zuhause lieber allein für sich, klimpert auf der Gitarre und spielt mit seiner Kamera rum, filmt dies und das und einmal aus hormonellem Leichtsinn heraus auch sich selbst bei der Selbstbefriedigung.
Durch wirre, aber grade so noch glaubwürdige Umstände kommt Jakobs Freund Erik an die Kamera samt auf der Speicherkarte hinterlegter Onanie-Aufnahme. Erik selbst ist dabei nicht das Problem, sondern der böse, böse Henri, der nonchalante Widerling, wie er im Buche steht. Jakobs Filmchen ist gefundenes Fressen für Henri und los geht das Erpressungsspiel. Derweil kommen Jakob und Hannah sich näher, während Jakobs Mutter von zuhause auszieht. Privat so schon nicht wirklich entspannt, treibt Henris Spielchen Jakob die blanke irrationale Panik in die Glieder. Er zieht die elterliche Aufmerksamkeit auf sich und Jakobs Vater beschafft Kamera und Speicherkarte von Henri zurück. Das ist natürlich wiederum für Henri ein Schlag ins Gesicht, weil der Spaß vorbei ist und die Erpressung noch keine Früchte getragen hat. Eine Chance auf eine große Pointe hat Henri aber noch: das Schüler-Online-Netzwerk.

Der 2012 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Spielfilm "Homevideo" setzt sich vermeintlich aufgeklärt und modern mit der Problematik des Cyber-Mobbing auseinander " das wird jedenfalls immer behauptet, ist aber ausgemachter Blödsinn. Vom eigentlichen Cyber-Mobbing schlägt im Film nur plakativer Aktionismus auf. Die Dynamik digitaler Welten und die Unmöglichkeit etwas online zu unterdrücken (siehe "Streisand-Effekt") kommt überhaupt nicht zum tragen. "Homevideo" dreht sich nicht um ein modernes Phänomen des digitalen Zeitalters, sondern um einen Heranwachsenden, der einen heftigen Rückschlag nach dem anderer hinnehmen muss und weit und breit niemanden hat, dem er sich ganz offen und ehrlich anvertrauen kann. Die durch Hannah geweckte Hoffnung auf eine solche wirkliche Vertrauensperson ist noch viel zu jung und zerbrechlich, um mit Jakobs Problemwelten mithalten zu können. Zuviel bekommt er ab und jene, die helfen müssten und es eigentlich auch wollen " die Eltern " sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Praktischerweise fällt Jakobs Cyber-Schande zeitlich genau mit der elterlichen Trennung zusammen, sodass die destruktive Spirale der Schande und Jakobs Kurzschlusshandlungen nicht gestoppt wird.
Mehrere Stellen des Films fühlen sich leider zu sehr auf den Zweck ausgelegt an, dass die Jakob-Situation nicht besser werden darf, weil dann ja auch die Geschichte auslaufen würde.
Gespielt ist der Film ziemlich gut. Hauptdarsteller Jonas Nay muss zwar ziemlich oft, seinen gleichen gequält-verzweifelten Gesichtsausdruck aufsetzen, kann ihn aber im Rahmen seiner Möglichkeiten ganz gut variieren und trägt die Grundstimmung seiner Figur gut durch den Film. Ebenfalls überzeugen kann Wotan Wilke Möhring, dessen Figur als Vater von Jakob zum Glück in der zweiten Hälfte des Films vom Autor mehr Profil spendiert bekommen hat und dann fast schon zum Sympathisanten taugt.
Rundum muss man aber zu "Homevideo" sagen, dass der Versuch, echt und authentisch zu sein, nicht geglückt ist. Zu sehr steht alles auf Absturz Jakobs und selbst das kleinste Rädchen in der Maschine dieser Groteske surrt bereitwillig, um das Unvermeidliche herbeizuführen. (mp)

Wertung: 4 von 10 Punkten (4 von 10 Punkten)

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