Wir hauen Das Erste in die Pfanne

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Datum: 21.12.2010 | Kategorie: Unendliche Weiten der Medienwelt

Deutschlands auflagenstärkste Tageszeitung, die Bild-Zeitung, ist landläufig nicht gerade als Garant für Qualitätsjournalismus bekannt und provoziert häufig nicht nur bei kritischen Zeitgenossen so manches Kopfschütteln. Derzeit führt die Bild eine groteske Kampagne gegen eine alteingesessene Institution des deutschen Fernsehens, nämlich gegen Das Erste.

Seit Juni diesen Jahres ist Das Erste nicht mehr über den Satelliten Hotbird zu empfangen. Aus wirtschaftlichen Gründen hat man die Doppelausstrahlung über Astra und Hotbird eingestellt, zumal die Nachfrage nach der Empfangsmöglichkeit über Hotbird sowieso relativ gering war. Ein großer Vorteil der vom französischen Konzern Eutelsat auf der Orbitalposition 13° Ost betriebenen Hotbird-Satelliten ist jedoch, dass deren Ausleuchtzone wesentlich größer ist als jene der auf 19,2° Ost betriebenen Astra-Satelliten. Somit war Das Erste (sowie derzeit immer noch das ZDF) noch bis weit in den Mittleren Osten zu empfangen und sogar in Afghanistan war mit einer entsprechend großen Schüssel noch der Empfang des Ersten möglich.

Hier kommt nun die Bild-Zeitung ins Spiel. Ein halbes Jahr nach Abschaltung des Satellitensignals fällt denen plötzlich auf, dass Das Erste nicht mehr in Afghanistan, wo sich deutsche Soldaten befinden, empfangen werden kann, Deutschlands auflagenstärkste Tageszeitung gehört wohl zu den Blitzmerkern. Natürlich war es keinesfalls Sinn und Zweck der Hotbird-Ausstrahlung, Das Erste den deutschen Soldaten am Hindukusch zur Verfügung zu stellen. Aber die Bild tönt nun groß herum, dass die ARD unseren Soldaten das Programm abgestellt hätte. Das ist nun wirklich vollkommen an den Haaren herbeigezogen, weil das eine absolut nichts mit dem anderen zu tun hat. Dass man das Erste in Afghanistan bis zum Sommer noch empfangen konnte, war einfach nur ein günstiger Zufall, nicht mehr und nicht weniger.

Doch die Bild macht eine regelrechte Kampagne daraus und lässt empörte Politiker zu Wort kommen, die der ARD diese bereits vor Monaten, aus rein wirtschaftlichen Gründen veranlassten Abschaltung des Programms über Hotbird zum Vorwurf machen. Da heißt es dann unter anderem, dass schließlich auch die Soldaten Gebühren zahlen würden und daher angeblich auch im Auslandseinsatz einen Anspruch auf dem Empfang öffentlich-rechtlicher Fernsehsender haben würden. Darüber hinaus wird auch noch moniert, dass die ARD keine Programminhalte an den verschlüsselten Sender Bundeswehr TV, der speziell zur Truppenbetreuung dient, abgeben möchte. Natürlich wird kein Wort darüber verloren, dass es urheberrechtliche Gründe sind, die dies nicht gestatten.

Der Gipfel dieser hanebüchenen Kampagne ist jedoch, dass die Bild-Zeitung sich sogar weigerte, das Programm des Ersten abzudrucken und stattdessen ein Hinweis zu lesen war, dass man dies aus angeblicher Solidarität mit den deutschen Soldaten in Afghanistan tun würde. Ein derartiger Aktionismus ist nun wirklich lächerlich. Die Krönung ist außerdem das Zitat "Das Erste ist das Letzte" aus der Feder eines Bild-Redakteurs. Die ARD hat sich natürlich zu Recht gegen diese unsinnigen Anschuldigungen gewehrt und einiges klargestellt. Die Zeitung mit den großen vier Buchstaben hat sich hingegen mit ihrer Schmutzkampagne wieder einmal selbst disqualifiziert.

Doch wer ist der Gewinner in diesem schmutzigen Spiel? Leider ist die ARD eingeknickt und hat vor Kurzem bekannt gegeben, dass sie dafür sorgen möchte, dass die Soldaten in Afghanistan spätestens bis Heiligabend wieder Das Erste empfangen können. Eine für die ARD angeblich kostenneutrale Sondervereinbarung mit dem luxemburgischen Konzern SES, dem Betreiber der Astra-Satelliten, soll es möglich machen. Nun ist es ja prinzipiell nicht ehrenrührig, dass sich die ARD darum sorgen will, dass auch deutsche Soldaten im Auslandseinsatz ihr Programm sehen können. Doch ein halbes Jahr lang hat sich anscheinend niemand ernsthaft daran gestört, dass Das Erste in Afghanistan nicht mehr gesehen werden konnte und dann schafft es die Bild-Zeitung mit überaus schäbiger Stimmungsmache, dass der öffentlich-rechtliche Dinosaurier ARD klein beigibt. Wer hat in der deutschen Medienlandschaft eigentlich die Macht? Wer hat hierzulande die Hoheit über die öffentliche Meinung? Hier hätte die ARD Stärke demonstrieren sollen und sich nicht von dieser stillosen Kampagne der Bild-Zeitung beeindrucken lassen sollen. Nicht nur die Aktionen der Bild-Zeitung sind ein Armutszeugnis für den Journalismus, auch das Einlenken der ARD wirft einen Schatten auf den Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Wenn die ARD in die Defensive geht, hat sie schon verloren. (jh)