Ingrid Steeger Gold Collection

Man kann über den Sex-Film der 70er Jahre sagen was man will, Fakt ist jedoch, daß er mehr ist als nur primitive Unterhaltung für onanierwütige Männer jenseits der vierzig. Er ist eng verbunden mit dem Gesellschaftlichen Umbruch der späten 60er Jahre und ist somit ein Spiegel seiner Zeit. Und das es auch Sexfilme gab, die sich von der sowohl breiten als auch flachen Masse durch mehr Inhalt, Aussage oder Qualität abhoben, daß dürfte wohl niemand bestreiten dürfen.


Auch wenn es die wenigsten waren, die wert darauf legten, ihre Filme interessant und – so weit es in diesem Genre möglich ist – hochwertig zu gestalten – es gab sie. Und meist waren es eben auch die Pioniere, die viel Hohn und Arbeit auf sich nahmen, um neue Maßstäbe zu setzen und ihren Nachfolgern den Weg zu ebnen. Einer davon ist der Schweizer Erwin C. Dietrich, der mit als erstes sich für die Etablierung der Erotik in den Kinos einsetzte. Schon in den 60er Jahren wagte er erste Schritte und schlug sich vor allem mit den sehr konservativen Herrschaften der Bundesprüfstelle herum. Der gesellschaftliche Druck und die Bemühungen von einzelnen Personen, wie eben die von Erwin C. Dietrich, sorgten für erste Erfolge.


Nun folgten die ersten Filme und die Erfolge dieser und die Breitenwirksamkeit von Filmen wie "Der Schulmädchen-Report" (BRD, 1970) lösten einen nie geahnten Boom aus. Unter anderem diese Umstände und auch Faktoren wie der Siegeszug des Fernsehers, sorgte dafür, daß in den Kinos zum Großteil Erotikstreifen liefen oder die Werke der jungen Autorenfilmer. Die, die die Kinoleinwand noch in den 50er und 60er Jahren beherrscht hatten, wanderten zum Fernsehen über.


Der Output der "Sex-Filme" lag nun zum Großteil bei belanglosen Filmen, die nur darauf abzielten, Besucher durch nackte Haut zu locken. Ein nicht uninteressanter Teil sind die Filme der Zeit, die sich mit Aufklärung und Problemen der Zeit beschäftigten, eben zum Beispiel Pseudo-Dokumentationen wie "Der Schulmädchen-Report" oder "Paragraph 218 – Wir haben abgetrieben, Herr Staatsanwalt!" (BRD, 1971).


Erwin C. Dietrich war sichtlich bemüht, seine Filme interessant zu gestalten. So bediente er sich bei Filmen wie "Die Sex-Abenteuer der Drei Musketiere" (BRD, 1970) oder "Der lüsterne Türke" (BRD, 1970) bei historischen Stoffen. Während der erst-genannte eher belanglos ist, ist bei "Der lüsterne Türke" eine deutliche Spur Ernsthaftigkeit im Film zu erkennen.


Der Vorzeigefilm "Ich – Ein Groupie" (BRD / Schweiz, 1970) sollte bei Dietrichs Werken am meisten Aufmerksamkeit hervorrufen. Dieser Film ist eine Mischung aus Erotik- und Musikfilm. Er spiegelt den Zeitgeist seiner Entstehung wieder und gibt den Betrachter einen authentischen Einblick in die Gedanken und Gefühlswelt der damaligen Jugend.


Ansonsten heben sich die Filme des Schweizers nur bei genauerer Betrachtung von anderen Werken der Selben Coleur ab. Filme wie "Blutjunge Verführerinnen" oder "Die Bethostessen" verdanken ihren Charakterzügen ganz Klar Filmen wie den schon zwei Mal erwähnten "Schulmädchen-Report". Auch diese Filme haben ihre Berechtigung, haben aber bei weitem nicht so viel Substanz wie andere Werke Dietrichs.


Die Firma Ascot Elite hat nun in Zusammenarbeit mit Erwin C. Dietrich eine Auswahl seiner Filme in der "Ingrid Steeger Gold Collection" veröffentlicht. Denn in zahlreichen seiner Filme wirkte die junge Ingrid Steeger mit und legte den Grundstein für ihre Karriere. Wer eine bezaubernde Steeger in den Filmen "Ich – Ein Groupie", "Blutjunge Verführerinnen", "Sex und noch nicht 16", "Die Blonde mit dem süßen Po", "Die Betthostessen", "Die Stewardessen", "Der lüsterne Türke" oder "Die Sex-Abenteuer der Drei Musketiere" sehen will, der sollte bei der Ingrid Steeger Box zugreifen. In der edlen aufgemachten Box findet man sämtliche Filme, teilweise in mehreren Synchron-Fassungen inkl. Untertitel. Auf weitere Bonusmaterialen – die in Einzel-DVD Veröffentlichungen beispielsweise Verwendung fanden – hat man leider verzichtet, stört bei einer Spielzeit von weit über 600 Minuten aber wenig.


Freilich, die Filme sind zum Teil sehr einfach gehalten, doch alles andere als uninteressant. Nicht nur die sehr freizügige Steeger mit ihren Kolleginnen, sondern auch Schauplätze wie München, Rom, Berlin, Zürich oder Hamburg sorgen für optische Freuden. Die "Ingrid Steeger Gold Collection" ist sicher nicht perfekt, doch für Freunden des Genres und Sammler absolut empfehlenswert.


Wertung: 6 von 10 Punkten
Autor: Sebastian Kuboth


Kauflink: https://amzn.to/2KSIpu4 [Anzeige]

Kommentare