Plattdeutsch, oder besser gesagt "Niederdeutsch", wie es offiziell heißt, ist sogar mehr als nur ein Dialekt. Es ist eine anerkannte Regionalsprache, das könnte z.B. bedeuten, daß Gerichtsverhandlungen in Norddeutschland hochoffiziell auf Plattdeutsch verlaufen könnten. Das Niederdeutsche hat ja im Vergleich zum Hochdeutschen eine Lautverschiebung mitgemacht. Auch wenn es vielleicht komisch klingt, aber das Schweizerdeutsch ist dem Hochdeutschen näher als norddeutsche Dialekte, auch wenn man es manchmal kaum verstehen kann. Der Begriff "Hochdeutsch" ist übrigens keine Wertung, sondern bezeichnet das Deutsch, das man im Süden Deutschlands, was ja höher liegt als der Norden, gesprochen hat. Aber das Hochdeutsche hat sich eben durchgesetzt, weil zum einen Luther die Bibel ins Hochdeutsche übersetzt hat und weil der Kaiserhof in Prag war, wo man auch Hochdeutsch sprach.
Interessant ist es, wenn ein deutscher Dialekt zu einer offiziellen Amtssprache eines Landes erhoben wird. In Luxemburg war das der Fall, seit 1983 ist Letzebuergesch eine der offiziellen Amtssprachen neben Deutsch und Französisch. Neulich war ich mit dem Auto in Luxemburg gewesen und habe im Autoradio luxermburgische Sender gehört. Ich konnte wirklich so gut wie alles verstehen, diese Sprache ist dem Hochdeutschen verdammt ähnlich. Es klingt wohl so ein bißchen wie der Hunsrück-Dialekt, auch eine gewisse Ähnlichkeit zum Saarländischen ist zu hören. Es dürfte wohl neben dem Jiddischen keine andere Sprache geben, die dem Deutschen so ähnlich ist.
Ich selber spreche übrigens keinen Dialekt, in meiner Familie spricht niemand Dialekt. Den Dialekt aus meiner Gegend kenne ich nicht mal richtig, da ich aus Nordhessen komme und der Dialekt dort schon anders klingt als das, was man sich unter hessisch vorstellt. Dieses "Badesalz"-Hessisch wird eher im Rhein-Main-Gebiet gesprochen. Auch in Mittelhessen, wo ich jetzt lebe, spricht man anders. Aber man trifft in Marburg kaum jemanden, der den lokalen Dialekt spricht, da hier ja viele Studenten sind, die von überall herkommen, was man manchmal auch hört.
Als Heinz-Becker-Fan ist natürlich auch Saarländisch einer meiner Lieblingsdialekte, den kann ich inzwischen auch ganz gut imitieren.
Interessant ist es, wenn man in einer fremden Sprache mit Dialekten konfrontiert wird. Während meines dreimonatigen Praktikums in Belgien hatte ich zum ersten Mal mit verschiedenen niederländischen Dialekten zu tun, vor allem mit dem aus Flämisch-Brabant. Im flämischen Fernsehen werden übrigens Menschen, die einen starken Dialekt sprechen, grundsätzlich untertitelt, das wird ja manchmal sogar in Deutschland gemacht. Für mich war das auch ganz gut so, denn sonst hätte ich, wenn jemand in einem Fernsehinterview Dialekt sprach, trotz solider Sprachkenntnisse absolut nichts verstanden. Mir sagte ein Einheimischer übrigens, daß sich manchmal sogar die Menschen aus den verschiedenen Regionen Flanderns untereinander nicht verstehen.