Noch lebende Stummfilmschauspieler des deutschen Films?

  • Ist eigentlich bekannt, ob es noch lebende Stummfilmschauspieler gibt, die im deutschen Film tätig waren? Oder sind diese mittlerweile alle verstorben? Da ich ja auch im Thema der "Noch lebenden UFA-Stars" immer mehr mitbekomme, wie viele Schauspieler jener Zeit schon verstorben sind, dachte ich, dass es für dieses Thema hier höchste Zeit wird, wenn wir die letzten, noch lebenden Schauspieler dieser, heutzutage leider öffentlich nicht mehr so präsenten, Filmepoche finden möchten.



    Leben könnten (vielleicht) noch:


    Hermi Lutz (unbekannt-?)
    August Wilhelm Keese (unbekannt-?)
    Frydell (unbekannt-?)
    Molly Stengrit (unbekannt-?)
    E.Bots (unbekannt-?)


    Die von mir aufgelisteten Namen sind aber sehr unsicher, da ich von allen Darsteller selbst kaum etwas in Erfahrung bringen konnte, und somit auch nicht weiß, ob diese schon verstorben sind. Alle der Darsteller müssten jetzt um die 100 Jahre alt sein, somit weiß ich nicht, wie viel Hoffnung man sich da noch machen kann. Aber es sind bisher die einzigen Spuren, die ich habe. Fallen Euch noch weitere Stummfilmschauspieler ein, von denen Ihr nicht wisst, ob diese noch leben oder schon gestorben sind?



    Austernprinzessin
    Du forscht, wenn ich das richtig verstanden habe, ja auch zu Stummfilmschauspielern. Sagen die Namen Dir etwas, beziehungsweise, ist Dir da schon etwas bekannt?


    Nachtrag: Handelt es sich eventuell um diesen Hermi Lutz? Dann kommen wir leider zu spät (ich bin mir aber auch nicht sicher, weil die Schreibweise anders ist): https://www.findagrave.com/memorial/89238752/hermie-f-lutz

  • Die Namen selber sagen mir nichts. Allerdings habe ich das Thema "lebende Stummfilmschauspieler des deutschen Films" in dem Moment als Volker geschrieben hat, dass Petra Unkel 2001 gestorben ist, für mich abgehakt. Auch aus nervlichen Gründen ;) Die letzte mir bekannte Schauspielerin war Brigitte Borchert, die 2011 hundertjährig gestorben ist. Sie spielte die Hauptrolle in Menschen am Sonntag.


    Es leben noch einige Kinderdarsteller, die in Stummfilmen aufgetreten sind, allerdings realistisch gesehen keine deutschen. Hier ist ein Link dazu, wenn auch kein ganz zuverlässiger. Petra Unkel ist da zum Beispiel manchmal aufgeführt und manchmal nicht:
    https://en.wikipedia.org/wiki/…viving_silent_film_actors
    Es sind aber noch einige wirklich prominente Namen dabei. Auf solche Angaben kann man sich dann schon verlassen, denn es würde bekannt, wenn sie sterben würden.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Zitat von Conrad:

    Zitat

    "Allerdings habe ich das Thema "lebende Stummfilmschauspieler des deutschen Films" in dem Moment als Volker geschrieben hat, dass Petra Unkel 2001 gestorben ist, für mich abgehakt. Auch aus nervlichen Gründen ;)"

    Gibt es in der Forschung nach Stummfilmschauspielern noch mal besondere Herausforderungen, die sehr nervenbelastend sind (weniger Spuren, weniger ausführliche Besetzungslisten, nicht mehr vorhandene Meldeunterlagen, oder ähnliches...)?




    Zitat von Conrad:

    Zitat

    "Es leben noch einige Kinderdarsteller, die in Stummfilmen aufgetreten sind, allerdings realistisch gesehen keine deutschen"

    Weiß man das sicher, oder ist aktuell einfach kein Name bekannt?


    Falls das noch nicht sicher ist, könnte ich vermuten, dass eventuell noch ein paar Darsteller aus dem Film "Der Kampf der Tertia" (1928) leben könnten. Da haben auch noch ein paar jüngere Kinder mitgespielt, wie man auf manchen Fotos erkennen kann: https://www.filmportal.de/node/8227/gallery


    Oder ist Dir bekannt, ob bereits andere Forscher nach den Kinderdarstellern aus dem Film "Der Kampf der Tertia" (1928) geforscht haben?


    Aber ich kann Deine Bedenken durchaus verstehen. Immerhin ist die Stummfilmzeit bereits seit etwas mehr als 85 Jahren Geschichte, wie viele von den Schauspielern dieser Zeit noch leben, ist da durchaus eine Frage. Am Ende recherchiert man nur noch Darstellern hinterher, die schon vor langer Zeit verstorben sind. Aber natürlich bleibt die Hoffnung weiterhin bestehen, dass ein paar von ihnen noch leben.


    Und da stellt man sich natürlich die Frage: Steckt man viel Arbeit in die Nachforschungen zu noch lebenden Stummfilmschauspielern, die am Ende doch schon verstorben sind, oder forscht man lieber zu noch lebenden Schauspielern der weimarer Tonfilmzeit, beziehungsweise zu Schauspielern der UFA-Epoche, solange da noch mehr Hoffnung besteht?


    Über diese Frage denke ich auch schon nach...

  • Volker
    Interessant, von dem Buch habe ich bisher noch nichts gehört. Aber wenn ich kein günstiges Angebot finden werde, werde ich mir das Buch wahrscheinlich auch nicht kaufen können. Der Preis ist schon extrem hoch, und wird innerhalb der letzten 25 Jahre noch mal gestiegen sein. Aber der Preis ist auf jeden Fall berechtigt, nach 20 Jahren Recherchearbeit. So ganz ist mir aber nicht klar geworden, worum es bei dem Werk nun geht. Hat der Autor die Bedeutung der Filme analysiert / recherchiert, etc...


    Volker, ist Dir bekannt, ob es in Filmforscherkreisen auch Forscher gibt, die recherchieren, ob es noch lebende Stummfilmschauspieler (z.B aus dem Film "Der Kampf der Tertia" (1928) gibt (die meisten Darsteller des Films waren damals noch Kinder)?

  • Ich kenne das Buch auch nicht, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es sehr interessant ist.


    @ Nostalgie Fan: Es kommt drauf an, was du ausgeben kannst. Antiquarisch ist es gar nicht mal so teuer.
    Übrigens: Ich persönlich würde keine Recherche mehr davon abhängig machen ob ein Schauspieler noch lebt oder nicht, sondern davon, ob ich ihn interessant finde. Nachdem niemand ewig lebt, ist es sonst nur umso trauriger, wenn eine "Entdeckung" dann doch stirbt. Das ist der Grund, warum ich nicht mehr nach lebenden Schauspielern suche. Die Liste schrumpft und schrumpft. Oder man glaubt, jemand lebt noch, und in Wahrheit ist die Person schon lange gestorben ohne dass es jemand bemerkt hat.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • In dem Buch werden alle deutschen und ausländischen Filme vorgestellt, die 1929 in deutschen Kinos liefen. Jeder Film mit Besetzungslisten - mal mehr, mal weniger. Durch Quellenauswertungen hat man oft mehr Darsteller gefunden, als im Programmheft aufgeführt. Dann natürlich eine Inhaltsangabe, oft auch ein Szenenfoto. Zum Teil recht umfangreich sind die Rezensionen zeitgenössischer Zeitungen etc. Schließlich werden noch - zum Teil sehr umfangreich - weitere Quellen genannt, über die etwas zum entsprechenden Film stand. Jedenfalls sind etliche Filme drin, von denen ich nie was hörte (auch Dokumentarfilme mit Spielszenen etc.)


    Ob sich noch jemand mit Stummfilmschauspielern beschäftigt, weiß ich nach dem traurigen Ableben meines Forscherfreundes Erdi nicht mehr. Ich habe für mein persönliches Forschungsthema "Meininger Schauspieler bei Film und Fernsehen" einige relevante Darsteller erforscht aus jener Zeit.

  • Dieses Buch ist ein Klassiker weil hier alle Filme aus DEM besten Stummfilmjahr 1929 vorgestellt werden. Sehr detailliert und mit vielen zeitgenössischen Kritiken und Kommentaren. Ein sehr, sehr umfassendes und lückenloses Werk. ;)


    "Mein wichtigstes Lebensmotto war immer: Treue. Auch mir selbst gegenüber."
    (Heinz Rühmann, 1902-1994, Schauspieler)


  • Frank hat mir geschrieben, dass es in anderen Ländern - und zwar nicht nur exotischen - solche Bücher für jedes Jahr gibt, nicht nur für 1929. Armes Deutschland :(

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Zitat von Volker:

    Zitat

    "Ich habe für mein persönliches Forschungsthema "Meininger Schauspieler bei Film und Fernsehen" einige relevante Darsteller erforscht aus jener Zeit."

    Von dem Thema wusste ich bisher noch gar nichts. Ist Meiningen ein Stadtteil in Berlin, wo es Film- und Fernsehstudios gab? Tut mir leid, aber ich weiß das wirklich nicht...

  • Gib mal ins Netz den Begriff „Die Meininger“ ein. Dann wirst
    du erstaunt feststellen, dass diese Theatertruppe des Herzogs von
    Sachsen-Meiningen das europäische Theater im 19. Jahrhundert revolutioniert
    hat. Viele der damals engagiert gewesenen
    Schauspieler machten große Karriere – immerhin galten Künstler wie
    Albert Bassermann und Josef Kainz teilweise als die größten Schauspieler der
    damaligen Zeit. Auch in den folgenden Jahrzehnten waren viele Künstler hier
    engagiert, die zum Teil große, teils kleinere Karrieren in oftmals wichtigen
    Theatermetropolen vorzuweisen hatten. Hunderte davon waren dann natürlich beim
    Stumm- und Tonfilm tätig, man sah und sieht sie in Unmassen von Produktionen
    aus West und Ost. Es gibt z.B. schon ehemalige „Meininger“, die in ganz frühen
    Stummfilmzeiten diesem Medium ihre Aufmerksamkeit schenkten. Um 1910 und
    mindestens einer sogar noch früher! Selbst nach Hollywood verschlug es einige
    unserer früheren Künstler. Damals durchaus sehr bekannt war z.B. Gustav von
    Seyffertitz – Partner der Garbo und Marlene Dietrich. Der floh sogar direkt aus
    Meiningen, weil er soviel Schulden angehäuft hatte….Bassermann war ja auch in
    Hollywood aktiv. Stummfilme gab es ja massenhaft. Vielfach natürlich nur eilig
    runtergekurbelte Geschichten. Aber wenn man sich mit Stumm- und Tonfilmen etc.
    beschäftigt, dann gehört eben auch die Massenware dazu. Und da spielten viele
    Schauspieler (zum Teil in Haupt- oder markanten Nebenrollen) mit, die einst
    über unsere Bühnenbretter liefen. Jemand wie Walter Schmidthässler hat ja
    Unmassen gedreht – als Schauspieler, Autor und Regisseur. Oder Max Ruhbeck! Nur
    ein paar Namen noch: Paul Askonas, Rudolf Basil, Ernst Benzinger, Arthur
    Bergen, Leo Connard, Max Freiburg, Julius Frucht, sogar ein Veit Harlan hat
    sich hier ausgetobt (er galt damals als „revolutionär“ und war mit einer Jüdin
    verheiratet), Elisabeth Hruby, Lisl Kehm, John Rappaport, Walter Wolffgram (in
    mehreren Filmen Partner von Asta Nielsen). Dies nur einige wenige Namen aus der
    Stummfilmzeit, von denen viele heutzutage vergessen sind. Und ich versuche
    halt, sie dem Vergessen zu entreißen, schreibe immer wieder kleine Erinnerung
    bei Facebook (früher auch in der Presse). Meiningen liegt übrigens in
    Thüringen. Früher eher Zonenrandgebiet, jetzt Mitte Deutschlands (immerhin 2
    Autobahnanschlüsse…) Berlin ist zwar weit weg, aber durch die neue ICE-Strecke
    ganz nah gekommen.

  • Spannend, von dem Thema wusste ich bisher kaum etwas


    Zitat von Volker:

    Zitat

    "sogar ein Veit Harlan hat sich hier ausgetobt (er galt damals als „revolutionär“ und war mit einer Jüdin verheiratet)"

    War das dann DER bekannte Filmregisseur Veit Harlan? Dieser musste sich ja nach dem 2. Weltkrieg viele Vorwürfe anhören, weil er viele Propagandafilme gedreht hatte. Wenn er aber bereits mit eine Jüdin verheiratet gewesen ist, ist ja alleine dadurch schon bewiesen, dass er kein Antisemit war?