Intime Liebschaften

Dass der Regisseur Hans Billian ein Meister seines Faches war, steht außer Frage. Man könnte eigentlich schon fast behaupten, dass er einer der wenigen Porno-Regisseure ist, die Pornofilme so gedreht haben, wie sie eigentlich sein sollen: unterhaltsam, prickelnd, versaut und doch in einem gewissen stilvollen Rahmen. Hinzu kommt, dass Billian eine große Erfahrung mitbrachte, was das Filme-machen angeht. Aus diesem Grund hatte er die Fähigkeit, durch sein handwerkliches Können alle wichtigen Elemente eines Pornofilmes zu einem zeitlosen Gesamtwerk zusammenzufügen. Er schaffte es mit seinen Werken, sich von fast ausnahmslos allen anderen Pornofilmen abzuheben, indem er nicht einfach eine beliebige Geschichte erzählte, die das simple Ziel verfolgt, so viele Sexszenen wie möglich zu inszenieren, sondern sich Gedanken darüber machte, was für Grundsituationen für den Zuschauer reizvoll sein können und wie man diese Handlung, die natürlich stets mit dem Thema Sex verbunden ist, weiter ausbauen könnte. Im Rahmen so eines Filmes machen die Figuren oftmals eine Entwicklung durch, was den Reiz an der Geschichte natürlich weiter fördert. Billian verstand es, anders als die meisten Regisseure heute, einen Pornofilm mit grundlegenden Elementen eines normalen Spielfilmes zu unterlegen, ohne aber zu vergessen, worauf es bei einem Porno ankommt. Dafür hat er nicht selten auf echte Schauspieler zurück gegriffen, die dem Werk dann die nötige Authentizität verleihen. Das sorgt dafür, dass man die Billian-Filme schon an der Machart sofort erkennen kann. Ein großer Teil seiner Filme zählen heute als Klassiker und werden mit Sicherheit noch so manch kommende Pornofilm-Produktionen überleben.


Einer dieser Filme ist im Jahr 1980 entstanden und trägt den Titel "Intime Liebschaften". Die Geschichte beginnt damit, dass der Schriftsteller Rudi Gellert in seinem Haus, zusammen mit einigen Geschäftspartnern, eine Orgie veranstaltet, um diese zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Für diese Zwecke hat er das Lustmädchen Sybill angeworben, die mittlerweile nicht nur zu seinen Diensten bei ihm wohnt, sondern gerade bei den Orgien für sexuelle Freizügigkeiten sorgen soll. Dem Zuschauer wird im Laufe des Filmes erzählt, wie sich die Orgie auf einige der Personen, die anwesend waren, auswirkt. So trifft sich Sybill am nächsten Tag mit dem Verleger Lutz, gespielt vom damals schon überaus schmierigen Peter Bond. Dieser verliebt sich in die Frau und sorgt dafür, dass sie zu ihm zieht.

Ein anderer Faden ist die Geschichte des Bankiers Vollmer, dessen Frau die Orgie verlässt, da diese nicht zusehen möchte, wie ihr Mann mit anderen Frauen schläft. Als er zu Hause ankommt und seine Frau nicht mit ihm schlafen möchte, lädt er seine Geliebte zu sich ein. Die Gattin wird gezwungen, im gefesselten Zustand dem Sexualakt beizuwohnen. Die Tochter des Bankiers Vollmer beobachtet dies vom ersten Stock aus und erzählt das einer Klassenkameradin. Die ist von der Geschichte so angetan, dass sie sich zusammen mit einer anderen Schulfreundin auf den Weg zu einem reiferen Herren macht, um im Rahmen eines Liebesaktes die Sklavin für ihn zu spielen.


Diese und ein paar kleine anderen Geschichten sorgen für viel Abwechslung in diesem Film. Der episodenhafte Aufbau der Handlung ist für einen Pornofilm nichts Ungewöhnliches. Anders als bei vielen anderen Filmen wirken die einzelnen Geschichten aber sehr fließend und sorgen für viel Abwechslung. Wie man es von Billian nicht anders gewohnt ist, hat er wieder viele außergewöhnliche Geschichten und Ideen eingebaut, die den Zuschauer unterhalten und anregen. So hat der Gastgeber bei der ersten Orgie ein Pärchen engagiert, das sich als Mumien verkleidet, die von den Besuchern dann eigenhändig ausgepackt werden dürfen. Oder die Wandlung der Figur Sybill, die von Rudi Gellert aus dem Rotlichtmilieu heraus geholt wird, sie jedoch nur ausnutzt. Durch die Hilfe des Verlegers Lutz, der einen lukrativen Vertrag für Rudi Gellert hat, bekommt sie ein Druckmittel, um sich noch einmal bei Gellert zu rächen, indem sie den Spieß umdreht, bevor sie ihn dann endgültig verlässt. Diese Geschichten spielen alle in der gehobenen Mittelschicht, was dem Film ein gewisses Niveau verleiht. Interessant ist dabei der Stil der späten siebziger- bzw. frühen achtziger Jahre. Damit meine ich sowohl die Mode als auch die Art der damaligen Raumgestaltung, die eine Tine Wittler heute verzweifeln lassen würde.


Das Bemerkenswerte an diesem Film ist, dass er eigentlich ein Hardcore-Film ist, dem man dies aber ganz und gar nicht ansieht. Diese mir vorliegende Soft-Verison schafft es auch ganz ohne harte Szenen, zu unterhalten und auch anzuregen. Man merkt einfach, dass sich Billian die Mühe gemacht hat, auch in der Soft-Version ein funktionierendes Produkt abzuliefern. Störende Schnitte oder zu kurze Sexszenen, die keinerlei Erotik beinhalten, findet man bei diesem Werk nicht. Hier hat Hans Billian mal wieder erstklassige Arbeit geleistet.


Die DVD-Veröffentlichung dieses Filmes fällt im Rahmen der "Erotik Classics"-Reihe auch absolut würdig aus. Das Titelbild wurde wieder mit Original-Artwork versehen, auch wenn die Abbildung, die man schon vor knapp dreißig Jahre auf dem Kinoplakat sehen konnte, in meinen Augen sehr nichtssagend ist. Während man auf der Rückseite der Hülle lediglich die nötigsten Infos zum Film serviert bekommt, gibt es im beigelegten Faltblatt weiterführende Informationen zur "Erotik Classics"-Reihe. Auf der DVD findet man ein ansprechendes Menü, eine gut gestaltete Kapitelwahl und eine Trailershow zu weiteren "Erotik Classics".


Ein bisschen schade ist, dass die Bildqualität des Filmes manchmal größere Mängel aufweist. Während das Bild zur meisten Zeit ohne Fehler ist, bekommt man ab und zu kleine Verunreinigungen und auch einmal große grüne Flecken zu sehen, die zum Glück nur kurz auftauchen. Ansonsten ist die Bild- und Tonqualität akzeptabel. Ein kleiner Fehler, der auch im Internet weit verbreitet ist, hat sich zudem noch auf dem Inlay der DVD eingeschlichen: Dort wird angegeben, dass der Film im Jahre 1972 produziert wurde, was nicht stimmt. "Intime Liebschaften" stammt aus dem Jahr 1980 und ist sowohl in einer Hardcore- als auch in einer Soft-Filmfassung in die Kinos gekommen.


Wertung: 6 von 10 Punkten
Autor: Sebastian Kuboth

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