Das Beste aus Heut' abend - Vol. 1

Der deutsche Schauspieler und Entertainer Joachim "Blacky" Fuchsberger ist ungemein beliebt und ist trotz seiner Zurückhaltung, was Fernsehauftritte angeht, aus der deutschen Film-, Fernseh- und Kulturlandschaft kaum weg zu denken. Das liegt vor allem an seiner sympathischen Ausstrahlung und seinem grundehrlichen, unverfälschten und liebenswürdigen Charakter. Dass man solche Sympathieträger gerne für Fernsehsendungen vor die Kameras holt, liegt dabei natürlich auf der Hand. So konnte man Joachim Fuchsberger, der seit dem Jahr 1994 keine eigene Fernsehshow mehr leitet, in den letzten Jahren zumindest immer wieder mal in diversen Talkrunden oder Fernsehbeiträgen sehen. Dass solche Publikumslieblinge aber auch selbst eine Talkshow führen, sieht man gerade in Deutschland sehr, sehr selten. Joachim Fuchsberger ist da eine Ausnahme: In den Jahren 1980 bis 1991 begrüßte er in zahlreichen Talkrunden im Rahmen der ARD-Talkshow "Heut' abend" unzählige Gäste aus allen möglichen Tätigkeitsbereichen. Ob es nun Sportler waren, Schauspieler, Schriftsteller, Abenteurer, Industrielle, Komiker oder Sänger – jeder hatte die Möglichkeit, in einem fairen, niveauvollen und freundschaftlichen Rahmen eine Dreiviertelstunde lang ungestört aus seinem Leben zu erzählen. Dabei blieb "Blacky" Fuchsberger stets höchst respektvoll und hat auch ein gutes Händchen dafür bewiesen, die Leute zum erzählen zu animieren. Natürlich ist selbst ein Fuchsberger nicht ohne Fehler, so kam es auch immer mal vor, dass er im Rahmen dieser Sendung die Leute gerade bei interessanten Stellen aus den Sprachfluss gebracht hat, um Zwischenfragen zu stellen oder ein anderes Thema einzuleiten. Sehr viel anders als viele heutige Talkshows war "Heut' abend" im Grunde nicht, der Unterschied zu den meisten heutigen Formaten besteht lediglich darin, dass sich Joachim Fuchsberger immer nur auf einen Gast konzentriert hat und dass er viele der Gäste geduzt hat, einfach aus dem Grund, dass er sie privat kannte, was die Folge hat, dass ein ehrlicheres, intimeres und gerade deshalb ein interessanteres Flair entstanden ist. Obwohl jeder Gast sehr viel Gesprächszeit im Rahmen der Sendung bekommen hat, erscheint die Dauer von einer Dreiviertelstunde den Zuschauern oft noch viel zu kurz. Die meisten der Leute haben in ihrem Leben einfach sehr viel erlebt und können aus diesen Grund auch viel erzählen. Als stiller Beobachter könnte man hierbei ohne Probleme manchmal stundenlang lauschen. Trotzdem kann man dankbar sein, dass man als Zuschauer die Chance bekommen hat, zumindest an einigen dieser Geschichten teil haben zu dürfen.


Ein ganz besonderer Gast war zum Beispiel im Jahr 1983 die Box-Legende Max Schmeling. Dieser hatte so unglaublich viel interessantes aus seinem Leben zu berichten, dass man ihn einfach weiter erzählen ließ und aus dem Material eine zweite Sendung gemacht hat. Diese und andere Erzählungen sind natürlich sehr wertvolle Zeitdokumente, die auf ewig interessant sein werden. Aus diesem Grund wäre es auch schade, wenn man die Aufnahmen dieser Talkshow einfach in den Archiven schlummern lassen würde. Das junge DVD-Label "Turbine Medien" hat das Potential und den Wert dieser Talkshow erkannt und leitete aus diesem Grund eine DVD-Reihe zu "Heut' abend" in die Wege. Diese nennt sich "Das Beste aus der ARD-Talkshow Heut' abend" und startet mit einer ersten Box, die sich auf die Jahre 1983 und 1984 konzentriert. Auf vier DVDs sind die kompletten Gespräche mit den Gästen Liselotte Pulver, Uschi Glas, Udo Jürgens, Jupp Derwall, Dr. Mildred Scheel, Max Schmeling, Peter Fonda, Hardy Krüger, Dieter Hallervorden, Thomas Gottschalk, Professor Heinrich Harrer, Herrman van Veen, Andrè Heller und Max Grundig zu sehen. Bei dieser Auswahl dürfte auf den ersten Blick auf jeden Fall für jeden etwas Interessantes dabei sein. Aber auch hinter den Namen, die sich erst einmal nicht so spannend anhören, verstecken sich oftmals die interessantesten Lebensgeschichten. Der Name Heinrich Harrer wird zum Beispiel manchen sicher erst einmal nichts sagen. Wenn diese aber dann gesagt bekommen, dass Heinrich Harrer ein Abenteurer war, der unter anderem das erlebt und nieder geschrieben hat, was in den späten 90er Jahren im Film "Sieben Jahre in Tibet" mit Brad Pitt in der Hauptrolle verarbeitet wurde, dann beginnt man, die Zusammenhänge zu verstehen und hat vielleicht doch Interesse, sich diese Sendung einmal anzuschauen. Wie man sieht, haben es also manche Persönlichkeiten etwas schwerer, von den Leuten wahr genommen zu werden, umso erfreulicher ist es aber, dass diese es auch geschafft haben, auf dieser DVD-Veröffentlichung einen Platz zu finden. Schließlich haben die Leute, die nicht gleich jeder kennt, oftmals ein viel aufregenderes Leben hinter sich als so mancher Prominenter. Diese Erkenntnis hat natürlich dafür gesorgt, dass in modernen Talkshows sehr viele Menschen zu Wort kommen, die der breiten Masse nicht bekannt sind. Das soll natürlich nicht heißen, dass nicht auch Prominente und Semiprominente interessante Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen haben. Dass dies so ist, das beweist eindeutig "Heut' abend". Hochinteressant ist außerdem die Tatsache, dass die Gespräche von damals keineswegs veraltet, angestaubt oder langweilig wirken – im Gegenteil! Gerade aus heutiger Sicht heraus sind diese sehr spannend und aufschlussreich. Schließlich gibt es heute nur noch wenige Menschen, die zum Beispiel aus erster Hand erzählen können, wie das Leben in der Zeit des Nationalsozialismus war. In "Heut' abend" waren viele Herrschaften zu Gast, die selbst die Anfänge noch im Erwachsenenalter miterlebt haben. Ein Max Grundig erzählt sogar noch von seinen Erinnerungen aus der Zeit des ersten Weltkriegs. Was aber nicht minder interessant ist, sind außerdem seine damals hochaktuellen Erläuterungen über die Entstehung des Videosystems 2000 und der Konflikt mit dem VHS-System. Oder seine Voraussagen, dass Videorecorder zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass es bald 30 Programme geben wird, der Heimcomputer einen immer größeren Stellenwert annimmt und auch der "BTX" (Bildschirmtext) weiterhin relevant sein wird. Gerade aus der heutigen Sicht sind solche Gesprächsrunden hochinteressant, weil man einfach noch einmal vor Augen geführt bekommt, wie damals der Stand der Dinge war und wie viel - bei manchen Dingen aber auch wie wenig - sich im Laufe dieser 25 Jahre verändert hat. Ob es nun die eben erwähnte Unterhaltungselektronik ist, die Entwicklung in der Krebsbekämpfung (Mildred Scheel) oder die Veränderungen in der Fußballbranche (Jupp Derwall) – alle Gäste haben etwas zu sagen und alle Gäste haben ihre absolute Berechtigung. Und da komme ich auch gleich auf einen der wenigen Kritikpunkte bei dieser DVD-Box: Eigentlich hätte man keine Auswahl an Gästen treffen dürfen, sondern müsste gleich jede einzelne Ausgabe dieser Talkshow-Sendung auf DVD veröffentlichen. Wünschenswert wäre das.


Neben den fünfzehn Sendungen und ihren vierzehn Gästen bietet die DVD-Box ein einstündiges Interview aus dem Jahr 2009 mit Joachim Fuchsberger an, der sowohl über seine Zeit bei "Heut' abend" erzählt, aber auch auf Themen eingeht wie die Olympiade '72. Von diesem wirklich tollen Extra einmal abgesehen, findet man leider nichts brauchbares mehr im Rahmen dieser DVD-Box. Das vorhandene Wendecover stört insofern, dass es durch das durchsichtige Case überflüssigerweise auf der Innenseite noch einmal zu sehen ist. Der Schuber, in dem das Case eingebettet ist, wertet das Produkt zwar ein bisschen auf, macht aber andererseits das Wendecover wieder überflüssig, weil auf dem Schuber das FSK-Kennzeichen auch noch einmal aufgebracht wurde. Auf ein Beiheft hat man leider komplett verzichtet, was in meinen Augen der Hauptgrund dafür ist, dass diese Box etwas karg wirkt. Ein weiterer Aspekt dafür ist das Artwork, das sehr an den Stil der Sendung angepasst wurde. Das ist einerseits natürlich eine tolle Sache, andererseits hätte man hier aufpassen müssen, dass dieses Design auch das positive Gesamtbild der DVD-Box unterstreicht. Schließlich wirkt dieser Stil, der bei vielen seriöseren Sendungen in den 80er Jahren Verwendung gefunden hat, eher steril bzw. erinnert schon fast an das Flair, das Arzt- bzw. Zahnarztpraxen vermitteln - ich denke das beschreibt es am besten. Die sehr einfache Ausstattung, die man von Turbine Medien eigentlich gar nicht gewohnt ist, wird durch diesen sterilen und schon fast unpersönlichen Stil der 80er Jahre in meinen Augen noch einmal negativ unterstrichen.


Betrachtet man aber ausschließlich das Material, das diese Box enthält, dann kann man aber sehr zufrieden sein. Die Talkrunden sind allesamt hochinteressant und zeitgeschichtlich von höchster Relevanz. Hinzu kommt ein tolles Interview mit Joachim Fuchsberger selbst, der, genau wie seine Gäste damals, sehr viel tolle Sachen zu erzählen hat. Auch wenn ich manchmal den Eindruck hatte, dass die Bildqualität nicht ganz hundertprozentig war und man auch hier auf Features wie Untertitel, die eigentlich Standard bei jeder DVD sein sollten, verzichtet hat, kann man diese Box absolut empfehlen. Jeder, der gerne Talkrunden sieht und einfach gerne zuhört, wenn Menschen etwas zu erzählen haben, wird mit dieser Box seine wahre Freude haben. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass auch weitere Boxen zu diesem Showklassiker veröffentlicht werden und dass diese dann ein bisschen besser ausgestattet sein werden.


Wertung: 6 von 10 Punkte
Autor: Sebastian Kuboth


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