Heinz Erhardt - Vom Schelm, der sich als Trottel gab

Firmen, die Tonträger mit einer neuen Auswahl von bereits veröffentlichten Werken auf den Markt bringen, stehen sehr schnell unter Beschuss. Das liegt vor allem daran, dass seitens der Kunden der Vorwurf gemacht wird, dass man es mit solchen Produkten nur auf die Steigerung von Umsätzen abgesehen hat. Mal davon abgesehen, dass sämtliche kostenpflichtige Produkte mit der Absicht veröffentlicht werden, Geld zu verdienen, muss man auch differenzieren. Schließlich gibt es große Unterschiede, was die einzelnen Tonträger angeht. Während manche ohne zusätzliche Informationen im Rahmen eines lieblos gestalteten Produktes einfach auf den Markt geworfen werden, machen sich andere Firmen die Mühe, den Kunden mit einer besonderen Auswahl an Stücken und einem hochwertigem Gesamtprodukt etwas Besonderes zu bieten.


Ein Spezialist für solche besonderen Produkte ist die Firma Bear Family Records, die ihren Sitz in Holste-Oldendorf bei Bremen hat. Vollkommen zurecht bekam das Label dieses Jahr den Echo für Besondere Verdienste um die Musik, schließlich bringt Bear Family Records seit über dreißig Jahren immer wieder Raritäten aus den Bereichen Schlager, Rock'n'Roll, Jazz und Rockabilly auf den Markt. Das Besondere daran ist, dass das Label stets bemüht ist, fast vergessene Klassiker neu auf CD zu veröffentlichen. Neben einer hochwertigen technischen Aufbereitung, bekommen die Kunden auch stets ein unglaublich liebevolles Artwork geboten, das nicht selten mit einem ausführlichen Beiheft ausgestattet ist, welches unzählige Bilder und Informationen beinhaltet. Ein besonderes Beispiel war um die Jahrtausendwende die fünfteilige CD-Reihe "Filmtreffer", die erstmals nahezu sämtliche Lieder aus den zahlreichen Filmen mit Peter Alexander aus den 50er und 60er Jahren im Rahmen eines Tonträgers zusammenfasste. Dazu gab es jeweils ein Beiheft, das nicht nur ausführlich über die einzelnen Filme und ihre Hintergründe informiert, sondern auch durch Bildmaterial dazu beiträgt, dass man sich zusammen mit der Musik noch einmal in die Zeit und in das Filmgeschehen hinein versetzen kann.

Natürlich veröffentlicht Bear Family Records auch zahlreiche Werke, die schon auf einem Tonträger veröffentlicht wurden. Darunter fallen zum Beispiel viele B-Seiten von Vinyl-Singles, die man auch heute über Flohmärkte oder diverse Online-Plattformen noch erwerben kann, doch das veraltete Format und die Seltenheit mancher dieser Singles macht es für viele Musikliebhaber schwer, an den Genuss dieser Lieder zu kommen. Hinzu kommen so manche Songs, die bisher nur in den Archiven schlummerten und es erst nach Jahrzehnten das erste Mal schaffen, auf einem Tonträger der breiten Masse zugänglich gemacht zu werden. Und dann gibt es noch die Lieder, die bereits mehrfach veröffentlicht wurden und in einer neuen Kompilation neu zusammengestellt werden. Genau hier beginnen viele Leute, ihre Kritik anzusetzen, dass man es bei solchen Produktionen nur auf das Verdienen von Geld abgesehen hat.


Bei vielen Labels, die solche CD-Kompilationen lieblos und ohne weiterführende Informationen zusammenschustern, kann ich die Kritik absolut verstehen und würde mich den Kritikern sogar anschließen. Jedoch nicht bei Produktionen der Firma Bear Family Records. Schließlich gibt man sich dort bei jeder einzelnen Veröffentlichung sehr große Mühe, den Kunden etwas Tolles zu bieten. Außerdem muss man auch stets berücksichtigen, dass alte Tonträger irgendwann vergriffen sind und auch Neulinge die Möglichkeit haben sollen, durch einen guten Sampler den Zugang zu einem bestimmten Musik-Genre oder einen Künstler zu bekommen. Andererseits sind viele Sammler froh, gewisse Lieder noch einmal zusammengefasst im Rahmen eines Tonträgers angeboten zu bekommen. Hinzu kommt, dass niemand gezwungen wird, die angebotene Ware zu kaufen.


Eine dieser Kompilationen mit Werken, die allesamt schon veröffentlicht wurden, ist das Album "Vom Schelm, der sich als Trottel gab" mit Liedern von Heinz Erhardt, die ausschließlich aus den Jahren 1950 und 1954 stammen. Diese CD wurde zu Ehren des großen Heinz Erhardts zum 30. Todestag im Mai diesen Jahres veröffentlicht. Es enthält eine wunderbare Mischung aus bekannten und unbekannten Songs des bis heute unvergessenen Komikers. Ob es nun "Bobby Schick hat einen Tick" ist, "Tante Hedwig", "Pappis Wiegenlied", "Skat Polka", der Klassiker "Mein Mädchen" oder eher unbekannte Kracher wie "Agamemnon", "Herr Meier wird verlangt" oder "Blas mal auf dem Kamm" - alle der insgesamt zwanzig zeitlosen Klassiker sind auch heute noch hörenswert und unterhaltsam. Durchhänger gibt es in den fast sechzig Minuten nicht.


Abgerundet wird diese CD durch ein edel gestaltetes Digipack. Das Besondere daran ist, dass es ein bisschen anders aufgebaut ist, als man es sonst gewohnt ist, denn direkt hinter dem Cover befindet sich nicht das Beiheft, sondern schon die CD-Halterung. Auf der rechten Seite, wo sich diese sonst befindet, wurde das Beiheft eingeklebt, welches neunzehn Seiten umfasst und neben einem ausführlichen Vorwort des in Berlin lebenden Regisseurs Volker Kühn auch eine ausführliche Discographie der in diesem Album enthaltenden Songs enthält, die mit zahlreichen Bildern und Informationen des jeweiligen Orchesters und der dazugehörigen Aufnahmedaten ausgestattet ist.


Zusammenfassend muss man sagen, dass es sich hier um einen hervorragenden Tonträger handelt. Auch wenn die vorhandenen Lieder schon allesamt auf CD veröffentlicht wurden, hat man hier noch einmal die Möglichkeit, zahlreiche Klassiker von Heinz Erhardt aus den frühen 50er Jahren noch einmal auf einer CD käuflich zu erwerben. "Vom Schelm, der sich als Trottel gab" beweist, dass der Humor von Heinz Erhardt schon vor seiner großen Zeit in den späten 50er Jahren und in den 60er Jahren ausgereift war und funktionierte. Heinz Erhardt ist einfach zeitlos und durch diese CD bekommt man die Möglichkeit, Material zu hören, das zum Teil unbekannt ist und welches beweist, dass das Gesamtwerk von Heinz Erhardt viel größer ist, als man es manchmal meinen könnte.


Wertung: 9 von 10 Punkten

Autor: Sebastian Kuboth

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