Ich bin ganz bei Dir. Nur mit dem Unterschied dass man nicht alle Menschen so erziehen kann wie man sie gerne haben möchte. Menschen sind Menschen und agieren wie Menschen.
Es geht hier ja auch nicht um (Um)-Erziehung, es wird in der Öffentlichkeit seit Wochen schlicht um vernünftiges, besonnenes Verhalten gebeten. Und als vernunftbegabtes Wesen hat jeder Mensch eben sehr wohl die Möglichkeit, das eigene Verhalten zu reflektieren – wir sind unseren Trieben und Instinkten eben nicht hilflos ausgeliefert.
Was ist [an der Angst vor dem Kollaps] irrational?
Erstmal wäre es wichtig, zu konkretisieren, in welchem Lebensbereich ein Kollaps zu befürchten wäre. Bezüglich des Warenverkehrs habe ich oben bereits konkret beschrieben, weshalb die Angst vor einem derartigen Zusammenbruch irrational ist: Es gibt kein einziges Anzeichen und keinen auch noch so geringen Hinweis auf etwaige Produktions- oder Lieferengpässe für Güter des täglichen Bedarfs in Europa. Keine. Nichtmal in Italien, wo die Lage in den letzten Wochen durchaus angespannt war, ist die Versorgung mit Lebensmitteln noch ein großes Thema.
Im gesamtwirtschaftlichen Bereich ist die Lage in Deutschland und Europa offensichtlich sehr angespannt. Aber auch dort wird von politischer Seite (sowohl national als auch supra- und international) durch Hilfemaßnahmen, Rettungsschirme und Änderungen am Leitzins bereits sehr viel getan, um genau das zu verhindern. Auch hier sehe ich mittelfristig deshalb nicht sehr viel Gefahrenpotenzial für einen Zusammenbruch. Und nochmal: Sollte es zu diesem äußerst unwahrscheinlichen Fall dennoch kommen, wird dir ein Toilettenpapiervorrat nicht sehr viel bringen, wenn du weder Strom noch fließend Wasser mehr hast, da dann auch unser gesamtes Versorgungssystem nach und nach die Biege machen würde. Für dieses Szenario würdest du in ganz anderen, sehr viel elementareren Nöten stecken als sich mit der Sorge um Toilettenpapierknappheit zu befassen.
Da gibt es auch unendlich viel Solidarität, aber die beginnt im Kleinen, also in der Familie und in der Nachbarschaft - das was greifbar ist und das was - egoistisch - auch am Ende einem selbst wieder was bringt.
Grundsätzlich stimme ich dir zu, dass Solidarität oftmals im Kleinen beginnt, was auch vollkommen verständlich und in Ordnung ist; ich sehe das an der eigenen Familie bzw. auf dem Land auch genau so passieren. Es hat nach meinem Verständnis aber nicht viel mit solidarischem Verhalten zu tun, wenn man etwas aus der Hoffnung heraus tut, um einen eigenen Vorteil daraus zu ziehen. Das mag zwar kurzfristig das eigene Gewissen erleichtern, ist im gesellschaftlichen Rahmen aber trotzdem nicht das, was ich als solidarisches Handeln bezeichnen würde. Für mich ist das eher Augenwischerei. Wichtig ist es, die gesamte Gesellschaft im Blick zu behalten – das Zuhause bleiben bspw. schützt nicht nur mich selbst, sondern potenziell alle anderen Menschen da draußen in gleichem Maße.
Was mich aber nervt und der Grund für meinen Beitrag war, ist, dass die Leute nicht verstehen oder verstehen wollen, dass Klopapier im Falle des Zusammenbruchs ein wesentlicher Hygieneartikel ist - aber soweit denken viele Leute halt auch nicht, sie sehen immer die jetzt-situation und rechnen wenn dann mit 4 Wochen Ausgangssperre und ähnlichem.
Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber ich lese in deinem Beitrag Unsicherheit und ein großes Misstrauen gegenüber den Institutionen, die uns durch die Corona-Krise führen, heraus. Da liegt vielleicht auch die Ursache des Unverständnisses: Menschen horten für einen Notfall, der aber weder politisch noch wirtschaftlich noch gesellschaftlich absehbar und wahrscheinlich ist. Als bestes Beispiel ist im europäischen Rahmen da vor allem Italien. Auch dort wurde zu Beginn gehamstert bis nichts mehr ging. Und trotz aller Probleme, mit denen Italien aktuell zu kämpfen hat – überlastete Krankenhäuser, Ausgangssperren, usw. – wird dort schon länger nicht mehr über die eigenen Verhältnisse eingekauft. Und weshalb? Weil die Menschen sich mehr und mehr einfach an die ihnen auferlegten Reglementierungen halten. Und das hat konsequenterweise ein entspannteres gesellschaftliches Leben, weniger Infektionen, weniger Sorge und Angst zur Folge.
Was mich an deiner Position etwas verwundert: Einerseits siehst du dir Videos von Menschen an, die propagieren, dass die Corona-Krise bzw. die bereits erfolgten Maßnahmen völlig überzogen sind, andererseits bevorratest du dich für einen Ernstfall selbst, was widerum andere als völlig überzogen ansehen (bspw. jene, die sich über das Horten von Toilettenpapier belustigen), über die du dich dann schlussendlich aufregst. Das passt für mich nicht so recht zusammen, wenn ich ehrlich bin. 