Wird die RAF romantisiert?

  • Ihr habt ja bestimmt auch von dem gescheiterten Überfall auf einen Geldtransport gehört, der vermutlich von ehemaligen Mitgliedern der dritten Generation der RAF ausgeführt wurde.


    Mir ist aufgefallen, dass die Art, wie jetzt über die Mitglieder der dritten Generation der RAF gesprochen wird, zum Teil recht theatralisch ist, mit vielen Superlativen. Die ehemaligen Mitglieder seien in einer "furchtbaren Lage" oder etwa so, dass sie 'all ihre frühere Arroganz und ihren Stolz verloren hätten'. Sie seien "vollkommen gescheitert". Sie seinen intellektuell auf einem sehr niedrigem Niveau aber technisch perfekt usw.
    Auf allen möglichen Seiten findet man Bildergalerien über die "Geschichte der RAF" mit Fotos von ihren Attentaten, Porträts aus ihrer aktiven Zeit, alten Fahndungsfotos etc.. Es gibt aber deutlich weniger aktuelle Fotos von ihnen im Netz, wo man sehen würde, dass auch sie alt geworden sind.
    Von Hanns Martin Schleyer ist sowieso das einzige Foto, das man in Erinnerung behalten wird, das, das während seiner Entführung gemacht wurde.
    Die meisten ehemaligen Mitglieder haben sich zwar nicht von ihren Taten distanziert, aber zumindest von Inge Viett weiß ich, dass sie regelmäßig zu Veranstaltungen eingeladen wird. Sie ist neben Christian Klar die einzige, von der man viele aktuelle Fotos findet, aber solche, wo sie sehr selbstbewusst aussieht oder lacht. Bei Christian Klar ist das ähnlich, allerdings wird bei seinen Fotos vor allem das Bedrohliche betont.


    Was sagt ihr: Wird die RAF romantisiert? Ich habe zwar nicht das Gefühl, dass ihre politischen Aussagen irgendeine Rolle spielen, aber ich habe schon den Eindruck, dass die RAF auf viele eine starke Faszination ausübt, als Kriminelle, um die ein Mythos entstanden ist.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Das war immer in der Geschichte so, ob die Brüder Sass, Dagobert, Jesse James und viele andere. Man ist sich einig, dass sie Verbrecher waren, und doch lebten sie ein Leben, dass für Außenstehende wie ein einziges Abenteuer wird.


    Tatsächlich leben sie das Leben eines "Flüchtlings", wenn man so will. Sie werden überall gesucht, können also nicht unbedingt einer geregelten Arbeit nachgehen und bekommen wohl auch kein Hartz IV, es sei denn, es ist ihnen gelungen, in eine andere Rolle zu schlüpfen, was in den Schlingen der Deutschen Bürokratie alles andere als einfach ist.


    Die Bankräuber sind eben jene Terroristen der RAF, die sich bisher der Justiz erfolgreich entziehen konnten. Nach fast 20 Jahren (1998 wurde die RAF aufgelöst) haben sie erstmals wieder Spuren hinterlassen. Das wirft Fragen auf. Wo waren sie in all den Jahren? Wovon haben sie ihren Lebensunterhalt bestritten? Das sorgt sicher auch für Spekulationen. Ich selbst beteilige mich nicht so wirklich daran. Eine Romanisierung sehe ich bisher nicht, verfolge das aber auch nicht so stark.

  • Offenbar haben sie wieder einen Geldtransport und auch Supermärkte überfallen. Ich habe gelesen, dass es absolut nicht mehr "zeitgemäß" ist, Geldtransporte zu überfallen. Allerdings scheint sowas wohl doch nicht so "unrentabel" zu sein.
    Ich bin gespannt ob man sie jetzt endlich mal erwischt. Es gibt ja neue Aufnahmen von ihnen. Wenn man allerdings eine große Professionalität hat, scheinen Fahndungen ja extrem schwierig zu sein.


    Faszinierend und geradezu "erlösend" fand ich es, als ein Mord im Englischen Garten, der 1983 stattfand, nach 22 Jahren noch aufgeklärt werden konnte und der Mörder gefasst wurde. Ich hatte ihn damals in der Presse mitbekommen und kurzzeitig gedacht, dass ich das Opfer kenne, was sich zum Glück dann doch als falsch rausgestellt hat.


    Allerdings zeigt das: Sicher kann man sich als Täter nie mehr sein, egal wieviel Zeit verstrichen ist..

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Offenbar haben sie wieder einen Geldtransport und auch Supermärkte überfallen. Ich habe gelesen, dass es absolut nicht mehr "zeitgemäß" ist, Geldtransporte zu überfallen. Allerdings scheint sowas wohl doch nicht so "unrentabel" zu sein.
    Ich bin gespannt ob man sie jetzt endlich mal erwischt. Es gibt ja neue Aufnahmen von ihnen. Wenn man allerdings eine große Professionalität hat, scheinen Fahndungen ja extrem schwierig zu sein.


    Nicht mehr zeitgemäß hat für mich immer was von Totschlagargument, wobei man sich in der Tat jetzt fragen könnte, ob es heutzutage überhaupt noch Sinn macht zu stehlen. Banküberfälle bringen jedenfalls nur wenig Ertrag, Taschendiebstähle auch nicht, weil das meiste, was man da klaut, für den Dieb nicht brauchbar ist, und große Mengen Geld führen die Leute meist nicht mehr mit sich. Da bleiben wohl nur noch Geldtransporter. Aber das dürfte gefährlich werden, die Polizei und auch die Transporterfirmen werden darauf reagieren.

  • Nicht mehr zeitgemäß hat für mich immer was von Totschlagargument.


    Wenn ich mir meinen Satz im Nachhinein so durchlese, sieht das tatsächlich schon ein wenig seltsam aus ;)
    Ich hoffe sehr, dass erfolgreich darauf reagiert wird und auch die sogenannte "dritte Generation" der RAF endlich dingfest gemacht wird.


    Nachdem ich mir die Alterssimulation von Ernst-Volker Staub angesehen habe, bin ich übrigens schon sehr überrascht, wie effektiv diese Methode ist. Die Gesichtszüge kommen der Realität tatsächlich sehr nahe:
    http://bilder.bild.de/fotos-sk…4682/1,w=559,c=0.bild.jpg
    http://www.waz-online.de/Wolfs…erfall-in-naechster-Naehe


    Bei Daniela Klette scheint mir das ähnlich zu sein:
    http://www.ndr.de/nachrichten/…raf174_v-contentgross.jpg
    http://www.sueddeutsche.de/pol…en-sie-zusammen-1.2998052

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)