Schuhpalast Pinkus (D, 1916)

  • "In diesem ungemein heiteren Lustspiele lässt Ernst Lubitsch wieder einmal alle Register seiner unwiederstehlichen Komik spielen. Jede Miene seines Gesichtes und jede seiner Bewegungen macht lachen. In der Rolle des frechen und schlagfertigen Schlingels ist er geradezu einzigartig und dann, da er Carriere gemacht, weiß er, wie kein Zweiter, die Allüren des kaufmännischen Selfe made mans leicht karikiert zu kopieren." Diese Kritik erschien in der Kinematopgraphischen Rundschau am 4. Juni 1916 und ist hier abrufbar.

    Ich habe den Film grad gesehen und fand ihn bei weitem nicht so vergnüglich wie der Kritiker. Mit Mühe konnte ich mir zweimal ein Lächeln abringen. Mit Ernst Lubitschs Grimassen in der Rolle des Sally Pinkus konnte ich auch nicht so wahnsinnig viel anfangen. Es ist allerdings in der Tat richtig, dass man in den Schlussszenen einen subtileren Ernst Lubitsch sieht. Damit will ich nicht sagen, dass Lubitsch davor ausschließlich platt spielt, aber seine Komik gehört halt in eine andere Zeit. Es ist aber sicher sehr ergiebig, bei seiner Darstellung Verbindungen zu dem Agieren der von ihm geführten Darsteller in Filmen wie dem bereits ein Jahr später erschienen Ich möchte kein Mann sein (1917) zu suchen, der einen regelrechten Quantensprung darstellt und mit Curt Goetz in der Hauptrolle einen viel subtileren Darsteller bietet. Dass Schuhpalast Pinkus offenbar bisweilen Antisemitismus oder "Selbsthass" vorgeworfen wird, finde ich nicht überraschend, allerdings nicht berechtigt und ist für mich eher ein Hinweis darauf, dass man mit diesen Kategorisierungen flexibler umgehen muss, wenn man Filme aus der Zeit deutlich vor dem Dritten Reich analysieren will. Max Davidsons Filme aus den 20er Jahren haben ja mit dem gleichen Vorwurf zu kämpfen.

    Sehr spannend finde ich die 18jährige Ossi Oswalda, die in einer kleineren Rolle als Lehrmädchen ihr Filmdebüt gibt und eine Frische und gute Laune zum Ausdruck bringt, die sich wohltuend von der auf mich doch recht krampfhaft wirkenden Komik der meisten anderen Darsteller abhebt. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass mit ihr eine neue Generation deutscher Filmkomikerinnen auf den Plan trat.

    In der weiblichen Hauptrolle, der Tänzerin Melitta Hervé, ist die damals sehr prominente Berliner Operettensängerin Else Kenter zu sehen, die auch als Else Kentner auftrat. Für sie scheint es der einzige Filmauftritt gewesen zu sein.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)