Das Oktoberfest in München sorgt jedes Jahr für einen Ausnahmezustand in der bayrischen Landeshauptstadt. Das größte Volksfest der Welt ist im Verlauf des letzten Jahrhunderts zu einem riesigen Medienereignis avanciert, mit dem alljährlich riesige Umsätze erwirtschaftet werden. Jeder, der schon einmal auf dem Oktoberfest war, verbindet mit diesem Volksfest, das im kommenden Jahr seinen 200. Geburtstag feiert und im Volksmund auch Wiesn genannt wird, ganz eigene Erinnerungen und Erfahrungen. In Betracht dessen ist der Titel "Mythos Wiesn", den eine Dokumentation trägt, die 2007 auf dem Oktoberfest gedreht wurde, 2008 während der Wiesn-Zeit im Bayrischen Fernsehen ausgestrahlt wurde und 2009 pünktlich zum 176. Münchner Oktoberfest als DVD auf den Markt kam, sehr passend gewählt.

Das Produkt ist sehr ansprechend gestaltet und macht Lust auf die Dokumentation. Das Cover wird geziert von einem Bild aus einem leeren Festzelt, das offensichtlich kurz nach dem Ende eines Oktoberfesttages während der Aufräumarbeiten aufgenommen wurde. Dadurch, dass die Abbildung einen Braunstich hat, die Farbe also zum Großteil aus der Aufnahme herausgenommen wurde, meint man auf dem ersten Blick, dass es sich um eine Dokumentation handelt, die sich mit der Geschichte der Wiesn auseinandersetzt. Eine Brezn und weiß-blaue Rauten auf dem Titelbild stimmen den Zuschauer auf die Dokumentation ein und auch die restliche Gestaltung ist sehr ansprechend gestaltet. Sehr erfreulich ist dabei, dass man im Inneren der durchsichtigen Hülle auf der Rückseite des Inlays zahlreiche Impressionen vom Oktoberfest zu sehen bekommt. Bei anderen Veröffentlichungen wird dies gerne zu Werbezwecken genutzt. Schade ist dafür, dass man auf ein Beiheft oder diverse Gimmicks gänzlich verzichtet hat.

Auch wenn man die DVD einlegt, wird man enttäuscht sein. Denn statt einem Menü bekommt man direkt den Hauptfilm zu sehen. Das heißt also, dass man auch auf Bonusmaterial verzichten muss. Die DVD ist also lediglich mit dem Hauptfilm "Mythos Wiesn" ausgestattet, der ausschließlich in deutscher Sprache und ohne Untertitel abrufbar ist. Anders als man es vielleicht zuerst denken würde, befasst sich die Doku nicht mit der Geschichte des Oktoberfestes, sondern mit dem Alltag von Zeltbesitzern auf dem Oktoberfest 2007. Zu Beginn bekommt man noch einige Impressionen des Umzugs zu sehen, der zur Oktoberfest-Eröffnung stattfindet, und zeigt im Verlauf des Films immer wieder Impressionen der Wiesn mit Interview-Sequenzen der Zeltbesitzer, Angestellten und anderen Oktoberfestbeteiligten. Thematisch ist die Dokumentation in viele kleine Abteilungen untergliedert, die sich mit Themen wie "Das 174. Oktoberfest hat begonnen", "Kleider machen Leute", "Die alten Zeiten" oder "Der Gipfel der Gefühle" auseinandersetzt. Das ist zwar interessant, doch bekommt man leider nur einen sehr oberflächlichen und allgemeinen Einblick in die Oktoberfest-Maschinerie geboten. Über die Organisation bekommt man beispielsweise nur sehr, sehr wenig erzählt. Zwar bekommt man im Kapitel "Die alten Zeiten" und auch in einem weiteren Kapitel, das sich mit dem Wiesn-Attentat vom 26. September 1980 beschäftigt, einige historische Aufnahmen zu sehen und auch in den Interviews gibt es ein paar individuelle Rückblicke, doch im Großen und Ganzen fällt auch der Rückblick in die Geschichte der Wiesn sehr mager aus.

Was bleibt, ist ein oberflächlicher aber dafür auch nicht ganz uninteressanter Einblick in den Wiesn-Alltag. Zeltbesitzer erzählen von ihren Eindrücken, die sie im Verlauf der Jahre gesammelt haben und man bekommt zahlreiche Impressionen zu sehen. Wer bei dem Oktoberfest nur an das Wort "Gaudi" denkt, wird auch mit dieser Dokumentation mit Sicherheit seine Freude haben, sicherlich auch deshalb, weil der durchschnittliche Wiesn-Besucher durch diesen Film auch wieder eigene Oktoberfest-Erinnerungen hervor geholt bekommt, die in den meisten Fällen vermutlich mit positiven Eindrücken in Verbindung stehen. Einen tiefen Einblick hinter die Kulissen des Oktoberfests sollte man nicht erwarten, dann ist man mit "Mythos Wiesn" mit Sicherheit für knapp 90 Minuten gut unterhalten. (sk)

Wertung: (4 von 10 Punkten)