1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreissenden Herzelinde

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Datum: 22.08.2009 | VÖ: 21.08.2009 | Herausgeber: Warner Home Video | Kategorie: Film

Mit dem Beginn des neuen Jahrtausends gab es in der deutschen Kulturlandschaft zwei bemerkenswerte Entwicklungen, die bis heute anhalten. Das war einerseits die Rückkehr der "Neuen deutschen Welle", die dafür sorgte, dass deutschsprachige Musik sich wieder dauerhaft und in größeren Mengen in den hiesigen Charts etablieren konnten, andererseits war das die Rückkehr des deutschen Films in die nationalen, aber auch in die internationalen Kinosäle. Das wären einerseits natürlich ernsthafte Filme wie "Der Untergang", "Das Leben der Anderen" oder "Nirgendwo in Afrika", andererseits sind das die Lustspiele, die international natürlich nicht die gleiche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als die eben erwähnten Beispiele, jedoch sind sie dafür national nicht minder erfolgreich. Nachdem es in den späten 80er und frühen 90er Jahren langsam ruhig um die deutschen Komödien wurde, gab es im Jahr 2001 mit "Der Schuh des Manitu", der sämtliche Rekorde brach, einen regelrechten Urknall, der dafür sorgte, dass in den darauf folgenden Jahren unzählige deutsche Lustspiele in die Kinos kamen, die qualitativ zum Großteil eher zweifelhaft waren, aber dafür einen beachtlichen Erfolg verzeichnen konnten.

Am besten kann man diese Art von Filmen wohl mit den Schlager- und Klamaukstreifen der 60er, 70er und 80er Jahre vergleichen. Natürlich hat sich seitdem einiges verändert, gerade was das Technische angeht, doch ebenso seicht wie die Filme damals waren, ebenso seicht sind sie auch heute wieder - dafür auch genauso erfolgreich. Bessere Komödien, die man zu dieser Gattung Film zählen kann, gibt es leider nur wenige. Spontan fallen mir lediglich die Filme der (noch nicht abgeschlossenen) Wixxer-Trilogie ein, die zwar ähnlich aufgebaut sind wie verwandte Komödien der heutigen Zeit, jedoch haben sich die Macher sichtlich mehr ins Zeug gelegt, um mit etwas mehr Anspruch, höherer Qualität in allen Bereichen, mit viel Liebe zum Detail und vor allem einer gut abgestimmten Dosis Klamauk die Zuschauer zu unterhalten. Natürlich sind nicht alle anderen deutschen Lustspiele dieser Couleur unterirdisch. Es gibt genug Werke, die man sich ohne weiteres einmal anschauen kann und die auch gut unterhalten können, doch hochwertige Produktionen, die man sich gerne in den Schrank stellt, sind die Ausnahme.

Neben Michael "Bully" Herbig hat sich in den letzten Jahren vor allem Til Schweiger als Regisseur für erfolgreiche deutsche Komödien etablieren können. Er war es auch, der schon in den Jahren zuvor an hervorragenden Komödien ("Knocking On Heavens Door", "Der Eisbär") beteiligt war und somit Herbig vielleicht sogar ein wenig den Weg ebnete. Im Jahr 2005 traute sich Til Schweiger mit dem gefühlvollen Film "Barfuss" an seinen ersten komplett eigenen Stoff. Dort war er nicht nur als Produzent, sondern auch als Autor und Regisseur tätig. Auch wenn "Barfuss" ein wirklich schöner Film ist, konnte man schon dort viele Elemente erkennen, die darauf schließen ließen, dass sich auch Til Schweiger immer mehr vom unnötigen Klamauk beeinflussen lässt. Nachdem er mit "Keinohrhasen" eine weitere recht gute Komödie inszenierte, die sich im Jahr 2007 zum erfolgreichsten Film der Saison mauserte, legte er sofort im Anschluss den Film "1 1/2 Ritter " Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde" nach. Der Trend, die Hemmschwelle immer mehr abzuschaffen und statt einer guten Handlung mit einfachen Witze trumpfen zu wollen, der sich in "Barfuss" und "Keinohrhasen" langsam abzeichnete, bekommt man nun in "1 1/2 Ritter" ohne Gnade im vollem Umfang serviert. Mit diesem Film hat es Til Schweiger nun endgültig geschafft, auf dem Level anzukommen, auf dem Herbig schon seit über zehn Jahren feststeckt. Aber dazu später mehr.

"1 1/2 Ritter " Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde" handelt von der Liebe zwischen Ritter Lanze und der Prinzessin Herzelinde. Weil der König bankrott ist und er sein Königreich retten möchte, versucht er seine Tocher mit dem Grafen Luipold Trumpf zu vermählen. Als Herzelinde, die sich gegen diese Zwangsheirat wehrt, vom Schwarzen Ritter entführt wird, schickt der König Ritter Lanze zusammen mit dem Halb-Ritter Erdal, der behauptet zu wissen, wo sich der Schwarze Ritter aufhält, auf die Suche nach seiner Tochter. Es beginnt eine lange Reise mit vielen Überraschungen...

Der Film verspricht sehr viel, was er am Ende aber leider nicht halten kann. Das beginnt schon mit dem großartigen Aufgebot an Schauspielern bekannten Persönlichkeiten. Es kommt nicht oft vor, dass man Leute wie Dieter Hallervorden, Thomas Gottschalk, Udo Kier, Johannes Heesters, Roberto Blanco, Helmut Markwort, Hannelore Elsner, Rick Kavanian, Tobias Moretti, Justus von Dohnanyi oder Anna Maria Mühe in einem Film zu sehen bekommt. Allein diese Namen haben mich sehr neugierig auf das Werk gemacht, am Ende ist man aber doch enttäuscht, da der Rahmen der Auftritte vielen dieser Leute einfach nicht gerecht wird. Johannes Heesters, Dieter Hallervorden oder Hannelore Elsner können sich in ihren sehr einfach gehaltenen Rollen alles andere als entfalten, auch wenn man zugeben muss, dass es mit dem mittlerweile sehr gebrechlichen Johannes Heesters sicher nicht einfach gewesen wäre, eine größere Rolle auszuarbeiten. Lediglich Leute wie Tobias Moretti oder Justus von Dohnanyi haben die Möglichkeit bekommen, ihr Können im Rahmen dieses Filmes im vollem Umfang zu zeigen.

Nach einem etwas langwierigen Vorspann, bei dem man eine längere Trainingssequenz von Ritter Lanze (Til Schweiger) zu sehen bekommt, die als Hommage auf diverse "Rocky"-Filme und "Der Seewolf" gedacht ist, folgt eine ebenso lange Kampfsequenz von Ritter Lanze, der in einer königlichen Arena zahlreiche Gegner platt macht. Der einzige unterhaltsame Aspekt daran ist, dass der Kampf von den Wrestling-Kommentatoren-Legenden Carsten Schäfer und Günther Zapf in altbekannter Manier kommentiert wird. Danach plätschert die Handlung erst einmal vor sich hin. Die Tatsache, dass man in diesem Film " ähnlich wie es bei der Serie "Familie Feuerstein" der Fall war " die Gegenwart in die Vergangenheit holt, nervt schon nach kurzer Zeit. So freut sich zum Beispiel Herzelinde sehr auf ein Konzert der frisch wiedervereinigten Band "New Kids On The Block". Das Boulevard-Blatt "Schild am Sonntag" hält das Volk über die Neusten Dinge auf dem Laufenden und auch ein Schnellimbiss-Restaurant namens "McSpieß" kommt im Laufe des Filmes vor.

Die sehr trockene erste halbe Stunde wird nur durch die Freude an der Tatsache aufgelockert, Thomas Gottschalk nach zwanzig Jahren endlich wieder in einer deutschen Komödie zu sehen. Auch über die Teilnahme von Udo Kier habe ich mich sehr gefreut, aber auch bei ihm hat man das Gefühl, dass er mit seiner Rolle maßlos unterfordert ist. Nach knapp 20 Minuten hat dann Rick Kavanian endlich seinen ersten Auftritt. Er ist derjenige, der den Film, zusammen mit einigen witzigen Einfällen, retten kann. Kavanian schafft es meisterhaft seine Rolle zu verkörpern und beherrscht den höheren Klamauk wie kaum ein anderer. Leider ist er jedoch auch in diesem Film wieder einmal dazu gezwungen, seine Fähigkeiten lediglich dafür zu nutzen, seichte Szenen mit oftmals lahmen Gags auf die Kinoleinwand zu bringen.

Im Verlauf des Filmes gewinnt die Geschichte dann immer mehr an Fahrt, sodass sich "1 1/2 Ritter" am Ende doch noch einigermaßen sehen lassen kann. Grund dafür sind einige witzige Einfälle, die dann doch noch das ein oder andere Lächeln hervorzaubern können, sowie gelungene Auftritte wie die von Ralph Herforth als Pseudo-Robin-Hood Walter Sattler, Tobias Moretti als Schwarzer Ritter, Denis Moschitto als Bogenschützen und der großartige Roberto Blanco als Kleinkrimineller, obwohl sein leider viel zu kurzer Auftritt durch die übertriebene Mimik und diversen billigen Gags wieder zunichte gemacht wird.

So bleibt unterm Strich lediglich eine schwache Komödie, die sich gerade noch im durchschnittlichen Bereich halten kann. "1 1/2 Ritter" ist irgendwo zwischen "Periode 1" und "7 Zwerge " Männer allein im Wald" anzusiedeln. Man sieht dem Produkt zwar an, dass es mit großem Aufwand in Szene gesetzt wurde, große Teile des Teams, angefangen von den Kostümen, über die Ausstattung bis hin zu den Spezialeffekten hervorragend gearbeitet haben, doch die besten Rahmenbedingungen helfen nicht, wenn das Wesentliche, also die Geschichte, die Inszenierung und der Witz auf der Strecke bleibt. Aus diesem Grund fällt "1 1/2 Ritter" im Vergleich zu den bisherigen Werken von Til Schweiger ganz klar durch.

Die Kunden der dazugehörigen DVD werden wohl auch nur bedingt zufrieden sein. Auf den ersten Blick schaut die Hülle der DVD dank des Artworks hervorragend aus, wenn man diese aufklappt, wird man aber schnell erkennen müssen dass das Innenleben lediglich aus der DVD besteht. Auf ein Beiheft oder zumindest ein Beiblatt mit weiterführenden Informationen oder eine Auflistung der Kapitel hat man wieder einmal verzichtet.

Der Silberling, den man in der Hülle finden kann, bietet dafür zahlreiches Bonusmaterial an, unter anderem gibt es als Extra verschiedenen Trailer und Teaser, verpatzte und entfallene Szenen, diverse Blicke hinter die Kulisse (u.a. ein "Making Of...") und einen Audiokommentar von Til Schweiger und Rick Kavanian. Glücklicherweise hat man auch an deutsche und englische Untertitel gedacht. Das Menü ist schön gestaltet, auch wenn die kurzen Zwischensequenzen aus dem Film, die eingeblendet werden, wenn man einen Menüpunkt ausgesucht hat, sehr schnell nerven können.

Was am Ende bleibt ist ein sehr durchwachsener 110-minütiger Film und eine reichlich ausgestattete DVD, die jedoch nicht vorhandene Ausstattung der Hülle macht die Freude darüber wieder zunichte. Freunde von deutschen Filmen bzw. modernen deutschen Komödien können bedenkenlos zugreifen, doch an die großen Zeiten von "Der Eisbär" oder vielleicht noch "Keinohrhasen" und "Barfuss", der Film, der auf ewig durch einen Rechtschreibfehler missgebildet bleibt, wird Til Schweiger in dieser Form nie wieder herankommen. Schade. (sk)

Wertung: 4 von 10 Punkten (4 von 10 Punkten)

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