Michael Ehnert - Von Lummerland nach China

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Datum: 19.04.2009 | VÖ: 2009 | Herausgeber: WortArt | Kategorie: Kabarett & Komik

Willkommen zur kabarettistischen Reise von Lummerland nach China. Ihr Reiseführer, Michael Ehnert, freut sich, Sie auf dem Weg durch unzählige Fragen und Absurditäten willkommen heißen zu dürfen und bietet Ihnen 78 Minuten unterhaltsame Wahrheiten oder zumindest Halbwahrheiten über das einst so überwältigende Reich der Mitte. Dort, wo die Einwohner heutzutage nicht mehr Chinesen, sondern Mandalanier heißen und Freunde der Vulkanier aus "Star Trek" sind. Dabei sind sie gerade einmal erbsengroß und das nur, weil die Japaner das so wollen. Ehnert findet einfach für alles eine Erklärung und auch seine Begründungen sind gar nicht so abwegig - wenn auch überspitzt und ironisch. Man wird über seine Hypothesen lachen, doch wenn man genau hinhört, entgeht einem die gezielte Kritik nicht. Schon der Beginn wurde geschickt aufgebaut. Ehnert spricht das Publikum direkt an und kritisiert es. Stille und Raunen machen sich im Saal breit. Doch im gleichen Atemzug kritisiert er auch sich selbst und ist dabei sehr ironisch. Das rückt ihn von einer Sekunde zur nächsten wieder in ein positives Licht. Erst dann schafft er einen fließenden Übergang zum eigentlichen Thema. Ehnert hat eine großartige Beobachtungsgabe und einen Sinn für Assoziationen. Er zeigt den Menschen die bizarrsten Dinge auf, die genau betrachtet, in der heutigen Zeit etwas abgewandelt, immerhin denkbar wären. Das macht ihn bei seinem Publikum sympathisch. Auch die gewollte Naivität und Nachdenklichkeit in seiner Stimme soll allen zeigen, dass er keine hochwissenschaftliche Vorlesung und Analyse auf lustige Weise vortragen möchte, sondern ein ganz normaler Mensch ist und sich auch nur seine Gedanken über die Welt macht. Man muss so gut wie keine politischen Hintergründe kennen, um seine Aussagen zu verstehen. Im Prinzip spricht er die Dinge sehr deutlich an und verpackt sie geschickt in der bekannten Geschichte von "Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer" von Michael Ende und auch in dem berühmten Werk von Douglas Adams "Die letzten ihrer Art". Dabei werden Fragen aufgeworfen, die gleichzeitig witzig und auch kurios sind. Warum wurde also China in Endes Werk nun umbenannt in Mandala und wieso heißen die Chinesen jetzt Mandalanier? Würde man Ehnerts Hypothese folgen, erkennt er völlig richtig, dass es politische Hintergründe haben könnte. Er stellt sich aber auch die Frage: wenn dies so wäre, warum wird Jim Knopf dann in der Neufassung immer noch als Negerjunge bezeichnet und Lukas der Lokomotivführer darf wie eh und je seine Pfeife rauchen? Mit unübertroffen brillianter Ironie stuft Ehnert letztendlich seine Originalausgabe aus dem Jahr 1960 als jugendgefährdend ein und stellt es sinnbildlich in ein Regal neben Adolf Hitlers "Mein Kampf" und die Satanisten-Bücher von Allister Crowley. Gleich darauf beginnt er, stolz wie ein kleiner Junge, vorzulesen und wirft damit jeden Zweifel an dem Buch über Bord. Nur eine kleine Moral bleibt: man sollte sich nicht über Details aufregen, sondern öfter mal über manche Dinge schmunzeln und sich um die wirklich wichtigen Angelegenheiten des Lebens kümmern. Auf Ehnerts Lesung bezogen, wären das Probleme, wie der Konflikt zwischen China und Japan, die unglaubliche Menge Abgase und die Energieverschwendung in der Metropole Shanghai und auch der gesamten Welt. Besonders diese Eindrücke in Shanghai konnte er selbst sammeln und niederschreiben. Aber wenn er darauf hinweist, tut er es nie mit erhobenem Zeigefinger, sondern er erzählt es so, dass man selber entscheiden kann, ob man aus diesen Worten eine Message mit nach Hause nimmt, oder nicht.

Das Cover der CD wurde passend zum Thema gut gestaltet. Das Booklet ist etwas mager, aber liefert ein paar interessante Informationen. Auf den Innenseiten der Hülle sieht man Ehnert auf der Bühne in Aktion. So kann man sich ein Bild davon machen, in welcher Atmosphäre er sein Programm darbietet, welches diesmal sehr spezifisch, aber wieder einmal rundum gelungen ist. Nebenbei lernt man übrigens auch, wie man mit Hilfe einer heißen Kartoffel innerhalb von zwei Sekunden chinesisch lernen kann. (sl)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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