Andreas Giebel live in München

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Datum: 03.04.2009 | VÖ: 02.04.2009 | Herausgeber: Lustspielhaus | Kategorie: Kabarett & Bühne

Andreas Giebel kannte ich eigentlich bisher nur als Schauspieler. In erster Linie natürlich durch seine Paraderolle als Xaver Bartl in der Polizistenserie "München 7", die von Franz Xaver Bogner in den Jahren 2003 bis 2005 für den bayrischen Rundfunk gedreht wurde. Dort mimt Gibel einen grantigen, aber doch herzlichen, alteingesessenen Münchner Polizisten. Vor einigen Jahren sah ich dann im Bayrischen Rundfunk ein Portrait über Andreas Giebel und konnte kaum glauben, dass seine Wurzeln eigentlich im Kabarett liegen. Ich konnte mir ihn einfach nicht auf der Bühne vorstellen. Es dauerte noch einige Jahre bis es gestern im Rahmen seines Programms "Im Sammelbecken der Leidenschaft" dann doch einmal soweit war, dass ich die Möglichkeit hatte, Andreas Giebel live auf der Bühne zu sehen. Ich war sehr gespannt, wie er sich im Münchner Lustspielhaus vor Live-Publikum schlagen wird und wurde nicht enttäuscht.

Giebel hat eine unglaublich große Präsenz auf der Bühne, was nicht nur an seiner Statur liegt. Sein überaus stark ausgeprägtes stimmliches Organ und sein körperlicher Einsatz, den er im Rahmen seines Programms an den Tag legt, lässt die Zuschauer mit viel Aufmerksamkeit am Geschehen teilhaben. Giebel poltert über die Bühne und bleibt dabei doch so unglaublich herzlich und liebenswert. Er weiß genau, wie weit er gehen kann und schafft es durch ein herzliches Lächeln und den direkten Blickkontakt mit seinem Publikum die Waage zwischen bayrischer Polterei und bajuwarischer Gemütlichkeit und Herzlichkeit zu halten. Das kommt beim Publikum sehr gut an und sorgt für eine angenehme Kommunikation zwischen den Zeilen.

In seinem Programm geht es um alltägliche Geschichten aus der Sicht eines einfachen Münchners im mittleren Alter. Neben vielen kleine Anekdoten wie die vergebliche Suche nach einer "Auszeit", die Erlebnisse bei dem Versuch im eigenen Keller für Ordnung zu sorgen oder Giebels Meinung über das Fernsehen sind in jedem der zwei Programm-Blöcke eine längere Geschichte vorhanden.
Im ersten Teil erzählt Giebel davon, wie er zusammen mit seinem besten Freund, dem Weinhändler Herbert, eine Reise nach Amerika zur Route 66 geplant hat. Dort hatten die zwei Freunde vor, mit einem Wohnwagen die berühmte Straße abzufahren, um dann an jeder Kneipe halt zu machen, um Alkohol zu trinken. Zur Vorbereitung haben sie vor zehn Jahren diese Tour durch München schon mehrfach gemacht und haben jede Kneipe mit einem US-Bundesstaat verglichen. Als wäre die detaillierte Schilderung dieser Tour nicht schon witzig genug, legt Giebel noch einen drauf, wenn er erzählt, wie er zusammen mit Herbert vor kurzem diese Tour wiederholen wollte. Doch München ist schnelllebig und so existieren so gut wie keine der damaligen Kneipen mehr. Stattdessen landen sie in einem 24h-DVD-Geschäft oder in einem Nagelstudio. Natürlich endet diese neu-aufgelegte Tour im Chaos.
Die zweite Hälfte seines Programms endet mit einer ausführlichen Schilderung eines Straßenfestes. Dort kommen zahlreiche Figuren zur Geltung, die Giebel allesamt durch eine individuelle Verkörperung auf der Bühne Gestalt verleiht.

Diverse Running Gags und Seitenhiebe runden "Im Sammelbecken der Leidenschaft" wunderbar ab. Einziges Manko ist, dass das Programm abzüglich der Pause mit unter zwei Stunden etwas knapp ausfällt. Trotzdem kann man Giebel uneingeschränkt empfehlen. Er ist urig, aber auch herzlich. Das Publikum war sehr angetan und durch die einzigartige Erzähl- und Verwandlungskunst von Giebel, ist man manchmal so sehr in seine Geschichten eingetaucht, dass man ganz vergessen hat, dass sich auf der Bühne lediglich nur eine Person befindet. (sk)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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