Wir schreiben das Jahr 1511 und Ezio, der Protagonist seit "Assassin's Creed 2" ist inzwischen ein graubärtiger Mann und erinnert kaum an den jungen Burschen, der vor drei Jahrzehnten den Assassinen beitrat, um seine Familie zu rächen. Rache liegt längst hinter Ezio, ihm geht es um das große Ganze - den Edensplitter vor den Templern zu beschützen, doch dafür muss er ihn erst einmal finden. Ezios Mission führt in in diesem Teil der Spielereihe nach Konstantinopel (inzwischen besser als Istanbul bekannt), wo er vom dortigen Assassinen-Anführer Yusuf herzlich willkommen geheißen und in die lokalen Gepflogenheiten eingeführt wird. So erhält Ezio von ihm eine Hakenklinge als Erweiterung der ikonischen Unterarmklinge. Mit der Hakenklinge, kann Ezio schneller und effektiver klettern und sich an in der Stadt gespannten Seilen entlang gleiten lassen, um schneller voran zu kommen. Außerdem führt Yusuf Ezio in die Kunst der Bomben ein. Drei Sorten gibt es: Bomben für das Anrichten von Schaden, solche für das Schaffen taktischer Vorteile oder jene für die reine Ablenkung. Im Laufe des Spiels sammelt man diverse Teile und Zutaten und kann sich darauf relativ frei verschiedene Varianten für den eigenen Geschmack und die individuelle Spielweise anfertigen. Es gibt Bomben, die mit Verzögerung explodieren oder welche, die eher als Mine fungieren und bei Berührung explodieren. Die Logik der Bomben ist recht einfach. Man setzt jede Bombe aus drei Bestandteilen zusammen: dem Gefäß (entscheidet über den Zeitpunkt der Explosion), dem Schwarzpulver-Typ (entscheidet über die Größe des Explosionsradius) und der Füllung (entscheidet über den Effekt der Bombe - Angriff, Taktik oder Ablenkung). Bomben für den Angriff verletzen Gegner, taktische Bomben verwirren (z.B. durch Rauchschwaden), Ablenkungsbomben machen Lärm oder streuen falsche Goldmünze zwecks Anlockens usw.

Ezio sucht in Konstantinopel nach den fünf Masyaf-Schlüsseln, mit deren Hilfe er in die Bibliothek von Altaïr gelangen und hoffentlich den Edensplitter sicherstellen kann. Jeder Fund eines der Schlüssel ermöglicht Ezio, eine entscheidende Sequenz aus dem Leben von Altaïr nachzuerleben. Man spielt also Desmond, der im Animus Ezio nacherlebt, wie dieser Altaïr nacherlebt. Jeder, der die Serie bis hierher komplett gespielt hat, wird die Altaïr-Sequenzen als etwas Besonderes empfinden und sollte sich ganz am Ende auf eine gehörige Gänsehaut gefasst machen.

Mit "Revelations" wird nun also Ezio in den Ruhestand geschickt. Sein letzter Auftritt stellt leider nicht den Höhepunkt seiner drei Spiele dar. "Revelations" gibt sich aber auf jeden Fall Mühe! Die Grafik wurde nochmal sichtbar überarbeitet. Die Texturen sind viel detailreicher und das steht den orientalischen Mustern extrem gut zu Gesicht. Auch der Schauplatz ist voller schöner Farben - bunte Gewänder, Stände mit farbenprächtigen Gewürzen, wunderschön verzierte Rüstungen usw. Dank der Hakenklinge kommt man spürbar besser voran und fühlt sich mobiler als in den Vorgängern. Diese und andere kleine "nderungen machen das allgemeine Spielen ein wenig flüssiger und angenehmer, doch die wirkliche Weiterentwicklung - sowohl inhaltlich als auch in der Handhabe - fehlt hier irgendwie. "Revelations" ist absolut kein schlechtes Spiel, es ist sogar mehr als nur "gut", aber eben nur knapp darüber und keine Steigerung zu seinen Vorgängern. Ein paar Sachen wurden optimiert seit "Brotherhood", aber alles handhabt sich so wie immer, im Guten wie im Schlechten. Was sich durchweg etwas seltsam anfühlt, ist Ezio als Italiener in Konstantinopel. Irgendwie kommt Ezio nie wirklich an und es kann vorkommen, dass man sich den Großteil des Spiels nur wie auf Kurzbesuch oder Geschäftsreise fühlt. Erst gegen Ende kommt langsam wieder das Gefühl auf, wirklich eine Sache von Bedeutung in Gang gesetzt zu haben und einer wichtigen Sache nachzugehen.

Hakenklinge und Bomben sind eine nette Erweiterung des Repertoires, aber mit Unterarmklinge, Kurzwaffe, Langwaffe, Pistole, Wurfmesser, Giftpfeilen und Armbrust hat man sowieso schon recht viel Werkzeug am Mann. Eher selten besteht ernsthafter Zwang, Bomben einzusetzen. Allerdings sei gesagt, dass speziell bei heimlichen Infiltrationen die Bomben auch Spaß machen können. Trotzdem drücken sie dem Spiel nicht ihren Stempel auf.

"Revelations" ist einfach eine Fortsetzung, im engeren Wortsinne und gewissermaßen ist das auch gut so. Wer Ezios Assassinen-Karriere komplett erleben will, muss sich nicht auf ein komplett neues Spiel einstellen, sondern kann nach einer kurzen Eingewöhnung in die kleinen "nderungen einfach weitermachen. Die großen "nderungen wurden augenscheinlich für den dritten Teil mit neuem Protagonsiten aufgespart, also darf Ezio sich ruhig treu bleiben.

Fans der Serie sollten sich den Abschluss der Ezio-"ra gönnen, zumal auch Altaïr eine Rolle spielt. Und wie immer kann man sich darauf verlassen, dass die Desmond-Handlung feinste Verwirrung und Verwunderung stiften wird. Dieses Mal vielleicht mehr als zuvor.

Absolut genial ist, dass dem Spiel der komplette erste Teil beiliegt, sodass man den Beginn der Spielereihe kostenlos dazu bekommt, was meine Wertung um 2 Punkte nach oben hebt. (mp)

Wertung: (8 von 10 Punkten)