30 Jahre nach seinem unerwarteten und überraschenden Tod erscheint durch die Firma mindjazz produziert, die DVD "Genie und Leidenschaft" und ist einem der genialsten Musiker des 20. Jahrhundert gewidmet. Glenn Gould (1932-1982) ist dem musikinteressierten Insider schon längst ein Begriff. Seine phantastischen Interpretationen der "Goldberg-Variationen" von Johann Sebastian Bach sind Erkennungsmerkmal und Aushängeschild einer trotzdem privat weithin unbekannten und mysteriösen Persönlichkeit. Den kanadischen Universalmusiker Glenn Gould auf seine Bachinterpretationen zu reduzieren, wäre gleichermaßen naiv und fahrlässig zugleich. Gould gehörte zu den bedeutendsten und auch bekanntesten Pianisten des vergangenen Jahrhunderts. Der Dokumentarfilm wird Glenn Goulds musikalischem Genie voll und ganz gerecht. In ca. 1 ½ Stunden sieht man einerseits bekannte und eine Reihe bisher unveröffentlichter Filmaufnahmen aus dem Schaffen und dem Privatleben des Künstlers. In interessanten Interviews seiner Zeitgenossen, vor allem aber ihm nahegestandener Angehöriger, Partnerinnen und Freunde erfährt man ein wenig mehr über das Privatleben des außergewöhnlichen Musikers und Menschen, Glenn Gould. Dass er sehr exzentrisch gewesen sei, ist allgemein bekannt. Warum und wie er sich zu dieser teilweise recht introvertierten und widersprüchlichen Persönlichkeit entwickelt hat, davon erfährt man aus berufenem Mund ein wenig mehr. Alles für die Musik zu geben, sie zu leben erforderte für Gould einen ständigen Spagat zwischen Kunst und Privatem zu machen. Kein Wunder, wenn privates Glück da hinten an steht. Ob er es aber selbst auch so sah? Darüber kann man nur spekulieren. In Goulds Welt gab es sicher andere, vor allem persönliche "Wichtungen". Seine "ngste zu erkranken, sich irgendwie zu infizieren, führten zwangsläufig zur Einigelungstaktik und zum Zurückziehen in eine eigene, abgeschottete Welt. Seine Umwelt nahm ihn mit zunehmendem Alter als eine weltabgewandte Person wahr. Mantel, Schal und Hornbrille. Mit diesen Accessoires kennt man ihn gemeinhin. Ob er sie immer tragen wollte? Egal- mehr erfährt man in den Interviews. Unübertroffen waren Goulds Konzerte, die Beifallsstürme und wahres Erstaunen bei seinen Zeitgenossen zurückgelassen haben und natürlich seine phantastischen Plattenaufnahmen. Glenn Gould lebte für und vor allem durch die Musik. Das klingt pathetisch, scheint aber naheliegend, wenn man anerkennt, dass er relativ schnell nach seinen Schlaganfällen mit nur 50 Jahren viel zu früh zu Tode kam. Er war ein begnadeter und vor allem leidenschaftlicher Pianist, dessen Interpretationen sicher noch viele Generationen ansprechen werden und erstaunen lassen.

Die Box enthält 2 DVD's. Zum einen den beeindruckenden, wahlweise in englischer oder deutscher Sprache synchronisierten Dokumentarfilm von Michéle Hozer und Peter Raymond aus dem Jahr 2012. Beiden gelang ein beeindruckendes filmisches Dokument über Leben und Schaffen Glenn Goulds. Die 2. DVD enthält einen Director's Cut in englischer Sprache mit dt. Untertiteln, sowie weggefallene Szenen und Trailer. Die Bild- und Tonqualität ist hervorragend. Das Bildformat ist 16:9. Im Menü sind der Film, einzelne Kapitel, Bonusmaterial und Interviews separat anwählbar. Sehr zu empfehlen sind die Interviews im Bonus. Sie rücken so manches Klischee über Glenn Gould gerade. Zumindest helfen sie dabei. Besonders interessant und lesenswert sind ebenfalls die Ausführungen des Autors Michael Stegemann, der ein 12 seitiges Booklet verfasste. Sie stellen eine außergewöhnlich kurzweilige Fundgrube dar, sachlich fundiert und wohltuend frisch geschrieben. Das DVD Cover zeigt den jungen Glenn Gould, ebenso die s/w Aufnahmen im Booklet. (al)

Wertung: (10 von 10 Punkten)