Ein edel gestaltetes Set aus drei CDs hat heute seinen Weg zu mir gefunden: "Ein Leben voller Erinnerungen" ist ein Hörbuch mit dem Lebenserinnerungen von Franziska Acktun, geb. Schwarzmüller (1915 " 2009).

Geboren und aufgewachsen in einem niederbayerischen Bauerndorf schildert die Autorin Sitten, Bräuche sowie den harten Alltag, der das Leben auf dem Lande zu Beginn des 20. Jahrhunderts beherrschte. Trotz hoher Arbeitsbelastung auf dem elterlichen Hof erzählt sie auch humorvolle Episoden aus Schule, Freundeskreis und Familie. Als sie das Dorf in Richtung München verlässt, steht ihr ein bewegtes Arbeitsleben bevor: Kellnerin, Imbissbudenbesitzerin auf der Wiesn, fahrende Händlerin, Schauspielerin. Auch ihr Privatleben ist gekennzeichnet von einem steten Auf und Ab: Ständige Umzüge in München, frühe Tode zweier Brüder und Krankheiten erschweren ihr Leben. Dagegen findet sie im ostpreußischen Flüchtling Alfred den Mann fürs Leben und schenkt zwei Söhnen das Leben, Horst und Gerhard.

Gerhard ist es auch, der das Vorwort zum (Hör-) Buch verfasst hat und für die Hörbuchumsetzung verantwortlich zeichnet. Er war es, der seine Mutter zur Niederschrift ihrer Lebenserinnerungen angeregt hat, und er ist es auch, der das Hörbuch liest. Obwohl es einerseits ungewöhnlich erscheint, dass ein Mann die Erinnerungen einer Frau in der ersten Person vorträgt, fällt es schon nach wenigen Minuten nicht mehr auf, denn Acktun liest mit so viel Engagement und Herzblut, dass das Zuhören zur Freude wird. Vor allem dann, wenn man selbst Großeltern auf dem Land hat bzw. hatte und die ein oder andere Episode nachvollziehen kann oder sogar selbst kennt. Zu dieser Authentizität trägt auch die ungekünstelte, geradlinige Sprache der Autorin bei. Viele Szenen des Hörbuchs sind mit dezenten Effekten untermalt, die zwar an mancher Stelle nicht nötig gewesen wären, aber dennoch für Abwechslung sorgen.

Die CDs wurden sinnvoll eingeteilt: CD 1 widmet sich der Kindheit auf dem Lande, CD 2 den Lehrjahren in München bis einschließlich des Krieges, CD 3 beschreibt die Nachkriegsjahre und die späten Erinnerungen. Ein wenig Kritik muss ich allerdings an die Technik richten: Die Tracks auf den CDs sind teilweise zu spät gesetzt, sodass im vorherigen Track noch die Überschrift und die ersten Zeilen des Buchkapitels gelesen werden und dann erst der nächste CD-Track beginnt. Auch der Schnitt hätte mit etwas mehr Ruhe erfolgen können, damit bei Absätzen oder inhaltlichen Einschnitten eine kleine Pause geblieben wäre. So aber klingt die Lesung ein wenig gehetzt.

In punkto Gestaltung erhält das Hörbuch ein ganz dickes Plus: Die drei CDs wurden in einem aufklappbaren Digipak untergebracht, dass im CD-Regal nur ein einziges schmales Fach benötigt. Fotos und Farbgebung des Covers heben den historisch-dokumentarischen Charakter der Memoiren hervor.

Die beiden technischen Kritikpunkte verhindern die Höchstpunktzahl. Ansonsten ist das Hörbuch aber sehr hörenswert und mit einem Listenpreis von knapp 12 Euro auch eine günstige Anschaffung. (fk)

Wertung: (9 von 10 Punkten)