Assassin's Creed 2

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Datum: 10.02.2012 | VÖ: 23.09.2010 | Herausgeber: Ubisoft | Kategorie: PlayStation 3

Wenn in gut bewachten Anwesen und Palästen mächtige Adlige tot aufgefunden werden, wenn in einer belebten Karnevalsgesellschaft der Gastgeber zusammenbricht und stirbt " dann ist ein Assassine nicht weit, doch wissen kann das niemand mit Sicherheit. Ein Assassine agiert verborgen. Siehst du ihn, bist du schon tot.
2007 sorgte "Assassin's Creed" für einige interessante neue Impulse im Videospiele-Universum. Selten wurde die Spielfigur als eine derart geschmeidige und fähige Verlängerung des Spielers wahrgenommen. Hinzu kam eine nicht unbeeindruckende Präsentation des Settings im Vorderorient des Mittelalters.
Der zweite Teil der Reihe (erschienen 2010) basiert erneut auf den genetischen Erinnerungen von Desmond, der im Jahre 2012 lebt. Er ist aus den Labors von Abstergo geflohen und nun im Unterschlupf der Assassine, von wo aus er erneut mittels der Maschine "Animus" der Vergangenheit seiner DNA auf der Spur ist. Doch dieses Mal erlebt Desmond nicht das Leben von Altair nach, sondern begleitet Ezio Auditore di Firenze, einen jungen Italiener im 15. Jahrhundert. Ezios Vater und Brüder werden von den Templern hintergangen und hingerichtet. Aus Ezios Hass und Rachedurst entsteht die Entschlossenheit, alle Beteiligten bezahlen zu lassen. Er beschreitet den Weg des Assassinen und versetzt die Adligen und Mächtigen Italiens in eine neue Situation: nicht mehr unantastbar zu sein, sondern um das eigene Leben fürchten zu müssen.
Schnell deckt man weit verzweigte Machenschaften der Templer hinter den Kulissen der Macht auf und muss Florenz verlassen. Die Reise führt Ezio und den Spieler nach Forli und Venedig. Der finale Abstecher soll hier nicht verraten werden.

Das Spielprinzip wurde seit dem ersten Teil nicht verändert: man bewegt sich frei durch die jeweilige Stadt und holt sich an entsprechenden Stellen seine Missionen ab. Der Kern der Handlung basiert auf Attentats-Missionen. Mitunter muss man vorher einen Boten beschatten, um das genaue Ziel zu finden. Jedes Kapitel (im Spiel "DNA-Sequenz" genannt) endet aber mit dem Tod eines Templers. Zur Erweiterung der Aktivitäten wurde das Spiel mit verschiedenen optionalen Betätigungen ausstaffiert. So kann man an Checkpoint-Rennen teilnehmen, Botengänge erledigen oder alte Assassinen-Gruften ausfindig machen, um die hinter schweren Gittern verschlossene Rüstung Altairs freizuspielen. Ebenso gilt es, dreißig Kodex-Seiten zu finden und zweihundert Federn einzusammeln " beide sind breit über alle Städte im Spiel verstreut.
Das Geld, das man stiehlt, aus wild verteilten Schatullen raubt oder einfach durch die Missionen "verdient", kann man bei "rzten, Schmieden, Schneidern oder Kunsthändlern wieder ausgeben. Während die ersten beiden genannten Anlaufstellen wichtig und nützlich sind, fallen die anderen zwei eher unter die Kategorie der optionalen Kosmetik.
"rzte heilen Ezio und verkaufen ihm Heiltränke und Gift, Schmiede reparieren beschädigte Rüstungen und verkaufen neuen Schutz sowie alle möglichen Waffen und Verschleißteile wie Wurfmesser oder Rauchbomben. Schneider haben grade noch so eine wirkliche Funktion, denn man kann sich von ihnen die Kapazität für Heiltränke, Wurfmesser etc. durch größere Gürteltaschen vergrößern lassen. Ansonsten bieten sie das Färben der Kleidung an, d.h. Ezio kann die Farbe seiner Kutte ändern und der Spieler starrt nicht das gesamte Spiel über auf dieselbe weiße Kapuze wie dereinst noch bei Altair.
Kunsthändler sollen eigentlich auch nützlich sein, denn sie verkaufen Schatzkarten für die Geld-Schatullen, aber niemand dürfte ernsthaft jemals eine solche Karte brauchen. Man stößt unweigerlich auf die optisch durch weiße Animus-Zeichen markierten Schatullen und bedient sich dann einfach an ihrem Inhalt. Die zweite Funktion der Kunsthändler ist " der Name legt es nahe " der Handel mit Kunstwerken. Diese zu kaufen hat nur einen Nutzen, nämlich den Wert der Auditore-Villa (quasi Ezios Hauptquartier) mit vorgelagertem Burgdorf zu steigern. Hierfür kann man auch direkt im Dorf Einrichtungen wie das "rztehaus, eine Mine oder das Bordell restaurieren lassen. Dazu braucht man nur Geld, bekommt dann aber auch welches zurück. In der heimischen Villa fließen die Einnahmen der Siedlung zusammen und Ezio kann sich daran jederzeit bedienen. Einmal pro in Echtzeit verstrichener Stunde ist die Truhe "voll" und sammelt kein Geld mehr, d.h. es ist dann sinnvoll, einen Abstecher in die Villa zu unternehmen, um Geld nachzuholen und am besten gleich die gesammelten Federn und Kodex-Seiten abzuliefern.
Wirklich spaßig sind diese Erledigungsgänge nicht, die Villa ist eine eigene Spiel-Region und kann nur mit einer Ladezeit betreten und verlassen werden.
Etwa ab der Mitte des Spiels braucht man auch nicht mehr wirklich das Geld aus der Villa, denn dann hat man weit weniger Ausgaben als Einnahmen. Für simpelste Missionen wie das unauffällige Verfolgen eines daherschlendernden Wachmanns bekommt man vierstellige Beträge als Belohnung, während die Ausgaben sich vorrangig auf Reparaturen und Heiltränke fokussieren. Alles weitere nimmt man eher nur deswegen mit, weil es angeboten wird: andere Schwerter oder Dolche und vor allem das Färben der Kutte.
Selbst wenn man sich reichlich mit den immer besser werdenden Rüstungen eindeckt, großzügig bei den Waffen zugreift, alle Kunsthändler leerkauft und rund um die eigene Villa absolut alles restauriert, was verfügbar ist, kann man zum Ende des Spiels halber Millionär sein, wortwörtlich.

In den sekundären "Erledigungen" des Spiels findet sich dasselbe Manko, welches auch den eigentlichen Kern trübt. Wie schon im ersten Teil verspürt man auch hier irgendwann eine Routine, der man unweigerlich anhaftet, da es ein bestimmendes Grundmotiv gibt: ein neuer Bereich wird von einem Aussichtspunkt aus "synchronisiert" (man deckt die Karte auf und kennt dann die Interaktionspunkte) und sodann holt man sich die Aufträge ab, die fast immer aus anschleichen und töten bestehen. Das ist nunmal das Handwerk eines Assassinen, will man meinen, aber das Schritttempo der Missionen ist durch die wiederkehrenden Kernelemente fast immer identisch, denn die NPCs haben ihre fixe Programmierung, der sie gehorchen. Vieles wird dann einfach erwartbar und tritt auch genau so ein, wie man es voraussieht.
Die Entwicklung, an der sich das Spiel hinsichtlich der Spielerfahrung versucht, besteht dann leider nur aus einem steigenden Schwierigkeitsgrad. Mehr Wachen, die mobil sind und nicht nur rumstehen und schwerere Zugänge zu den Zielpunkten. Ezio wächst immerhin mit. Er bekommt weitere Waffen und bessere Rüstungen. Vor allem aber wird der Spieler immer besser, denn man schult sich automatisch mehr und mehr im Assassinen-Werk, sodass der steigende Schwierigkeitsgrad durch die offensichtlichen Maßnahmen eher plump und nervig wirkt statt spannend und herausfordernd zu sein. Gegen Ende des Spiels setzt dann sogar eine leichte Übersättingung ein, aber das liegt auch an der sich dann auf sehr unnütze Weise verlängernden Handlung. Das gesamte Szenario fühlt sich nach einem endlich nahenden Finale an und trotzdem werden sehr unnötige weitere Missionen an bereits bekannten Orten vorgeschoben. Scheinbar nur, um die Spielzeit zu verlängern.

Diesen Kritikpunkten (und anderen wie die blasse Rahmenhandlung um Desmond oder die prinzipiell schwarz-weiße Moral im Spiel) stehen glücklicherweise ein paar sehr kräftige Vorzüge gegenüber.
Wie schon im Vorgänger hat man auch hier das erfrischende Gefühl, eine kompetente und fähige Spielfigur zu führen. Ezio zu steuern, an Fassaden empor zu klettern, aus dem Hinterhalt anzugreifen und Angreifer zu entwaffnen fühlt sich einfach rund und befriedigend an. Die Vielseitigkeit der Figur und somit die Vielfältigkeit der Möglichkeiten, sich in der Spielwelt zu bewegen, ist der große Pluspunkt und der bestimmende Charme des Spiels. Ebenso herzerfrischend ist die Spielwelt. Überall herrscht Detailreichtum und man erkennt an den Bürgen, ob man sich in einem reichen oder armen Bezirk aufhält. Dass das Spiel in der italienischen Renaissance stattfindet, sorgt unweigerlich für ein optisch ansprechendes Setting, doch es gibt trotzdem noch Momente entzückten Staunens. Florenz und Forli kann man als sehr schön gestaltete und umgesetzte Städte bezeichnen, doch wenn man Venedig erschließt und dort von den Dächern aus das glänzende Wasser der Lagune bewundert oder über den Piazza San Marco läuft, ist man von der Schönheit dieser Spielwelt nochmal richtig angetan.
Wenn man schon in Venedig ist, sollte man sich auch entsprechend fortbewegen, d.h. Ezio hat Altair die Fortbewegung zu Wasser voraus. Er kann schwimmen oder Gondeln steuern. Weitere Vehikel sind die bereits bekannten Pferde, eine Sequenz mit einer Kutsche und eine luftige Erfindung des jungen Leonardo da Vinci, die Ezio für einen Einsatz braucht.

Der bekannte Künstler und Erfinder Leonardo ist nicht etwa nur eine Randnotiz des Spiels, er ist ein Freund der Auditore-Familie und Ezio ein wichtiger Helfer, quasi der erfinderische Q zum Agenten "Ezio Bond". Weitere historische Figuren geben ihr Stelldichein und bereichern so ebenfalls das Gefühl, sich in einer authentischen und organischen Umwelt zu bewegen. Zwar mögen die einfachen Bürger und Wachen im Spiel austauschbar wirken, die handlungsrelevanten Personen aber sind deutlich als Individuen gestaltet und besitzen dank ihrer jeweils eigenen Art der Artikulation und Gestik einen sehr angenehmen Wiedererkennungswert. Die Synchronisation ist zudem hervorragend und macht dadurch die Gesprächssequenzen zu einem umso angenehmeren Genuss.

Die hier geschilderten Vor- und Nachteile des Spiels machen es deutlich: es ist unglaublich leicht, sich Hals über Kopf in dieses Spiel zu verlieben, aber auf längere Sicht hin lodert das Feuer der Leidenschaft nicht wirklich gleichbleibend hoch. Die einzelnen Elemente sind vorbildhaft ausentwickelt, doch das Zusammenwirken hinsichtlich des langfristigen Spielerlebnisses hinkt.
"Assassin's Creed 2" verdient trotzdem großes Lob, denn das Spielgefühl, Ezio zu sein, kommt einfach zu gut rüber, auch wenn die Rolle, die man innehat etwas ernüchtert. Während man in den aktiven Teilen des Spiels der souveräne und gefürchtete Assassine ist, spielt man in den Sequenzen und eigentlich auch der ganzen Kernhandlung nur die ausführende Kraft, nicht den Entscheider. Und das fühlt sich etwas schal an. Ist man ehrlich, lässt sich Ezio immer nur aussenden und entscheidet selten wirklich aktiv und ohne Beeinflussung. Man hat zwar Freiheiten, aber nur im direkten Ausführen, nicht in Form von Entschlüssen, die den Fortgang der Handlung stuern. Mit fortschreitendem Spielverlauf wird das leider immer deutlicher, aber es ist Geschmackssache, ob man all die Aufträge als spannende Missionen oder konkret als "Erledigungen im Auftrag anderer" ansieht. Wie schon gesagt: das eigentliche Spielerlebnis ist erhebend und definitiv spielenswert. (mp)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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