Zeitgeschichte mitzuerleben ist immer das Privileg der jeweils in der Epoche Lebenden. Zurückliegende Ereignisse werden durch persönliche oder überlieferte Sichtweisen geprägt und beeinflusst. Insofern sind Geschichten und Filme über historische Persönlichkeiten und Ereignisse auch nie frei von Irrtümern, Missdeutungen oder freien Erfindungen ihrer Autoren. Die 1977 in deutsch-französischer Koproduktion entstandene Verfilmung des gleichnamigen Buches von Philippe Erlanger unterscheidet sich darin wohltuend von anderen Mantel- und Degenfilmen a la "Die Musketiere". Das Buch von Erlanger, als auch das Drehbuch zum Film "Richelieu" versuchen der historischen Größe eines der bedeutendsten und einflussreichsten Politiker des 16./17.Jahrhunderts gerecht zu werden. Dabei geht es im Wesentlichen um historische Genauigkeit. Dementsprechend klar und wohltuend emotionsarm ist die gesamte Erzählweise des Filmes. Armand Jean du Plessis de Richelieu(1585-1642) stammt aus einer französischen Adelsfamilie. Bereits in jungen Jahren zeichnet sich durch eine Reihe von Ereignissen sein späterer Lebensweg und Lebenssinn nachdrücklich ab. Er sieht es als wichtigstes Ziel seines Lebens an, Frankreichs Vormachtstellung in Europa, den Absolutismus im Lande und vor allem den katholischen Glauben zu festigen. Richelieu absolviert eine für seine Zeit elitäre geistige und militärische Ausbildung. Dennoch wird er zunächst Bischof von Lucon, später Kardinal, bald darauf Minister Ludwigs des XIII. Er versteht es, in den Wirren seiner Zeit wichtige Entscheidungen zu treffen bzw. die Mächtigen treffen zu lassen. Durch ein hervorragend aufgebautes Spionagesystem verfügte Richelieu jederzeit über die wichtigsten Informationen. Verhängnisvoll wurde für ihn vor allem die Fehleinschätzung der Lebensbedingungen der niederen Stände. Bald schon wurde er zur meistgehassten Person seiner Zeit. Er hinterlässt ein starkes und geeintes Frankreich.

In den 6 Teilen der Serie wird Richelieu ungeschönt dargestellt. Pierre Vernier (Richelieu) verleiht der Person die notwendige schauspielerische Größe. An Originalschauplätzen gedreht, bekommt der Film seine eindrucksvolle historische Authentizität. In weiteren Rollen sind Maria Wimmer, Jean-Pierre Bernard, Hans Caninberg, Alexander Kerst, Werner Kreindl und Jan Hendriks zu erleben. Die damals vom Bayrischen Rundfunk synchronisierte deutsche Fassung ist eindrucksvoll. Regie führte seinerzeit Jean-Pierre Decourt.

Die Box enthält 3 DVDs. Das Wendecover mit und ohne Altersfreigabe FSK 12 enthält die wichtigsten inhaltlichen Informationen. Jeweils 2 der ausgestrahlten Teile der Fernsehserie sind auf jeder DVD enthalten. Bonusmaterial oder weiterführende Informationen in einem Booklet liegen nicht vor. Das Bild wurde im damals ausgestrahlten 4:3 Format belassen. Die Bildqualität ist zufriedenstellend. Es scheint, als hat man auf mögliche Qualitätsverbesserungen zugunsten der historischen Vorlage verzichtet. Der Ton ist im Dolby 2.0 Mono Verfahren enthalten.

Insgesamt ist der 6 Teiler ein Muss für Geschichtsfreaks, aber kaum etwas für Actionfans. Hier erlebt man die sich in den letzten Jahrzehnten veränderte Erzählweise in Film und Fernsehen sehr eindrucksvoll. Früher war nicht alles schlechter. (al)

Wertung: (7 von 10 Punkten)