WW II - Wir waren Soldaten - Vergessene Filme des Zweiten Weltkriegs

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Datum: 05.12.2011 | VÖ: 28.10.2011 | Herausgeber: Polyband | Kategorie: Dokumentation

Bei "WW II - Wir waren Soldaten" handelt es sich um eine 2009 von einer Gesellschaft namens History für den US-amerikanischen Fernsehsender A&E Television Networks produzierte Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg (im Original: "WW II. Lost Films"), die insgesamt zehn Episoden mit einer Gesamtlaufzeit von 440 Minuten umfasst. Auf drei DVDs verteilt ist diese Reihe nun in einem Amaray Case mit attraktiv gestaltetem Pappschuber erhältlich.
Das computerspielartig generierte Cover mit dem sensiblen Antlitz eines jungen Soldaten, das uns das Grauen des Krieges spüren lassen soll, macht dem Käufer deutlich, welches Zielpublikum hier angesprochen wird: die jüngste zeitgeschichtlich interessierte Zuschauergeneration nämlich. Dem entspricht auch der durchaus passende deutsche Titel des Produkts, der sich in etwas einfallsloser Weise an den patriotischen Hollywood-Streifen "Wir waren Helden" anlehnt.

Bereits die ersten Minuten dieser Dokumentation, die eigentlich gar keine ist, legen den Gang ein, der im Folgenden beibehalten wird: Emotion und Pathos beherrschen in typisch amerikanische Machart die Darstellung " die Vermittlung von historischem Wissen spielt dagegen keine Rolle. Den Produzenten ging es darum, die epochale Auseinandersetzung Gut gegen Böse (USA gegen Achsenmächte) mit schnell aneinandergeschnittenen, äußerst spektakulären Kampfaufnahmen (90 Prozent in Farbe, zum Teil koloriert) zur besten filmischen Geltung zu bringen. Dabei zählt nur das Erlebnis, und die historischen Fakten haben sich der penetranten Botschaft der siegreichen USA zu unterwerfen. "WW II. Wir waren Soldaten" ist eindeutig ein Propagandafilm, der die Bezeichnung "Dokumentation" sicherlich nicht verdient. Ein Beispiel: Über den Massenselbstmord japanischer Zivilisten auf Saipan lässt der Sprecher verlauten: "Hunderte japanischer Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder sind von den Klippen in den Tod gesprungen. Die Zivilisten aus Saipan begehen Massenselbstmord " aus Angst, die ihnen das japanische Militär eingetrichtert hat. Sie fürchten, dass die US-Soldaten Bestien sind, die vergewaltigen, foltern und morden. Die Menschen wurden darauf getrimmt zu glauben, dass Selbstmord die einzige Möglichkeit ist, dieser Brutalität zu entkommen." (Episode V.) " Die massenhafte Verstümmelung japanischer Gefallener durch US-amerikanische Trophäensammler bleibt hier natürlich unerwähnt. Stattdessen zeigt uns der Vorspann jeder Episode einen US-Soldaten, der einem verhärmten Kriegskind Trinkwasser gibt.

Darüber hinaus ist für den deutschen Zuschauer sicherlich die Tatsache problematisch, dass der Krieg fast ausschließlich aus amerikanischem Blickwinkel erzählt wird. Es dominiert der pazifische Kriegsschauplatz, also der Feldzug gegen Japan, der ein europäisches Publikum weniger interessieren dürfte als das amerikanische. Die Vorgeschichte des Krieges und seine Ursachen werden auf ein Minimum heruntergekürzt, der politische Hintergrund als bekannt vorausgesetzt. Die Dramaturgie, die auf permanente Action setzt, mutet dem Zuschauer dafür ein zum Teil verwirrendes Potpourri zu, Zeitsprünge und ständige Wechsel von einer Front zur anderen, wobei kurze Interview-Sequenzen mit US-Veteranen und die vom Off-Kommentator verlesenen Tagebuchtexte und Erinnerungen dem Ganzen eine lose erzählerische Struktur geben. Der Umgang mit dem historischen Filmmaterial ist äußerst frei: So verwendet man eine Aufnahme von deutschen Luftkriegstoten (Sommer 1943, Hamburg), um den Angriff Hitlerdeutschlands auf Polen zu bebildern (Episode 1), oder man verlegt Aufnahmen aus dem sommerlichen Russland nach Westafrika bzw. Aufnahmen aus Moskau nach Tunis (Episode 2).

Die Übersetzung des Filmtextes ist als lieblos zu bezeichnen. So wird der Anfangstitel, wo es über die historischen Aufnahmen heißt, sie seien "digitally restored to their original colour in high definition", übersetzt mit "digital überarbeitet und nachkoloriert". Als Extras werden drei mäßig interessante Features über die Lokalisierung und Konservierung historischen Filmmaterials sowie über die interviewten Veteranen geboten.

Fazit: Trotz der soliden Aufmachung kann "WW II - Wir waren Soldaten" als Filmreihe keinesfalls überzeugen, sondern taugt nur als Beweis dafür, dass das deutsche Geschichtsfernsehen (noch) erheblich mehr Substanz besitzt als das US-amerikanische. Wer sich hingegen eine Lehrstunde in amerikanischem Patriotismus geben möchte, erhält hier eine, die gleich über sieben Stunden dauert, und für dieses attraktive Preis-Leistungs-Verhältnis gibt es einen Punkt mehr in der Bewertung. (df)

Wertung: 2 von 10 Punkten (2 von 10 Punkten)

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