Hans Gerzlich - Geld für alle

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Datum: 22.06.2008 | VÖ: 13.06.2008 | Herausgeber: WortArt | Kategorie: Kabarett & Komik

"Geld für alle!" lautet der griffige Titel des aktuellen Programms von Hans Gerzlich, wobei vielen dieser Name vermutlich nicht bekannt vorkommen dürfte. Dennoch ist Gerzlich kein unbeschriebenes Blatt, schließlich steht der in Gelsenkirchen lebende Kabarettist schon seit über zehn Jahren auf der Bühne und hat bereits einige Fernsehauftritte hinter sich. Eine vorhergehende CD-Veröffentlichung sowie einige Preise gehen ebenfalls auf sein Konto. Wer Gerzlich nicht kennt, wird sich zunächst über den Untertitel seines aktuellen Bühnenprogramms wundern, der "Wirtschaftskabarett" und "Bürocomedy" verspricht und möglicherweise erst einmal abschreckend wirkt. Kann man sich doch zunächst nur schwer vorstellen, wie die harte und vor allem trockene Wirtschaftswelt und Kabarett zusammenpassen. Auch der Begriff Bürocomedy läßt einen auf Anhieb eher an Büro-Sitcoms á la Stromberg denken, doch weit gefehlt! Der studierte Wirtschaftswissenschaftler möchte mit seinem Programm deutlich machen, daß eigentlich das ganze Leben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisiert ist und jede menschliche Handlung mehr oder weniger eine Abwägung von Kosten und Nutzen darstellt. Ganz unromantisch betrachtet er die Beziehung zwischen Mann und Frau oder auch den Weg dorthin als einen ökonomischen Prozess, bei dem Angebot, Nachfrage und Marktwert bestimmend sind und bei dem das Produkt (also die Beziehung oder die Ehe) am Ende schließlich als Ladenhüter wieder vom Markt verschwinden wird. Dieses Thema nimmt in seinem Programm einen sehr großen Raum ein, so daß sich fast der Verdacht aufdrängt, daß Gerzlich hiermit bewußt an das Mann-Frau-Thema anknüpfen möchte, weil Mario Barth damit bisher große Erfolge feiern konnte. Aber auch darüber hinaus hat der Hörer in diesem Programm gelegentlich das Gefühl, den einen oder anderen Gag schon einmal woanders gehört zu haben. Die Tücken unseres modernen Alltags sind ebenfalls ein Thema in seinem Programm, so wird jeder, der sich schon mal über sprachgesteuerte Menus in Telefonhotlines geärgert hat, sich hierin wiedererkennen. Schließlich erfolgt zum Schluß endlich noch ein Ausflug in die reale Wirtschaftswelt, nämlich in die Privatisierung ehemaliger wichtiger deutscher Staatsunternehmen und die damit verbundenen Schattenseiten, die mancher Zuhörer bestimmt auch schon am eigenen Leib erfahren hat.

Was den Unterhaltungswert dieses Programms betrifft, so bekommt man nicht unbedingt einen Kracher nach dem anderen geliefert, es fängt zunächst etwas schwächlich an, steigert sich dann jedoch schnell. Allerdings gibt es zwischendurch immer mal wieder etwas ruhigere Phasen, auf der anderen Seite überrascht er gelegentlich mit richtigen Knallern. An Wort- und Grammatikspielen versucht er sich ebenfalls, jedoch wirken diese teilweise ein wenig unbeholfen. Man muß Gerzlich aber zugutehalten, daß sein aktuelles Programm häufiger ein relativ hohes Niveau erreicht, wie man es von anspruchsvollem Kabarett erwartet. Es kommen zahlreiche intellektuelle Anspielungen vor, die vom Zuhörer einen gewissen Bildungshintergrund erwarten. Andererseits fehlen aber auch einige schlüpfrige Bemerkungen nicht, die man heutzutage in fast jedem deutschen Comedy-Programm finden kann. Insgesamt kann sein Programm als eine Gratwanderung zwischen seriösem Kabarett und einfacher Comedy angesehen werden, wobei aber die Tendenz eindeutig in Richtung intelligentes Kabarett geht.

Fazit: Gerzlichs aktuelles Programm ist durchaus unterhaltsam und enthält viele erheiternde Momente. Zu einem Dauerbrenner, den man sich mit Freude wieder und wieder anhören möchte, taugt es jedoch weniger. (jh)

Wertung: 5 von 10 Punkten (5 von 10 Punkten)

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