Das Leben geht weiter - Die Geschichte des letzten Propagandafilms des Dritten Reichs

Zurück zur Übersichts-Seite

Datum: 19.09.2011 | VÖ: 19.12.2003 | Herausgeber: Polar Film | Kategorie: Dokumentation

Von der auf Zeitgeschichte spezialisierten Firma Polar-Film wird diese von Mark Alan Cairns inszenierte Mischung aus Dokumentation und Infotainment vertrieben, die 2003 mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet und u.a. mit dem International Emmy Award als "Best Documentary" und auf dem Chicago International Television Festival als "Best Television Production" gekürt wurde. "Das Leben geht weiter" zeichnet die Produktionsgeschichte des gleichnamigen NS-Propagandafilms nach, der ein halbes Jahr vor Kriegsende unter der Regie von Wolfgang Liebeneiner begonnen, aber nie fertiggestellt wurde.
Cairns‘ Film folgt der Entstehung des Propagandafilms vom Goebbels-Leitartikel in der Wochenzeitschrift "Das Reich" im April 1944 über den langwierigen Werdegang des Drehbuchs hin zu den Ende 1944 in Babelsberg aufgenommenen und bei Kriegsende in Lüneburg stattfindenden Dreharbeiten. Dies ist keine leichte Aufgabe, da das historische Filmmaterial komplett verschollen ist und nur einige Produktionszeichnungen und Standbilder erhalten sind. Lediglich die von Kameramann Heinz Pehlke beschriebene Szene der auf den Betrachter zufallenden Bomben soll inzwischen im Bundesfilmarchiv aufgetaucht sein " sie war allerdings zum Zeitpunkt der Produktion von Cairns‘ Films noch unbekannt.

Cairns löst das Problem, indem er Fernsehmoderator Dieter Moor als Zeitreisenden durch die historischen Schauplätze schickt, die als Studio- oder digitale Kulisse mehr oder weniger überzeugend in Szene gesetzt werden. Das Konzept sorgt für maximalen Unterhaltungswert, und macht "Das Leben geht weiter" zu einem Paradebeispiel für die Verwertung von Zeitgeschichte als Entertainment. Da aber die Produktionsgeschichte des verschollenen Films nur bedingt ausreicht, um 86 Minuten Laufzeit inhaltlich zu füllen, unternimmt Cairns zahlreiche Exkurse, zum Beispiel zur Geschichte der UFA, webt das Stauffenberg-Attentat mit ein, und bringt zahlreiche Ausschnitte aus NS-Propaganda-Spielfilmen ("Hitlerjunge Quex", "Stukas", "Pour le merite", "Kolberg") und US-amerikanischen Filmen ("Gone with the Wind", "Mrs. Miniver"). Das billige Reenactment historischer Ereignisse, das seit Guido Knopp aus dem deutschen Geschichtsfernsehen nicht mehr wegzudenken ist, fällt hier noch recht zurückhaltend aus und beschränkt sich auf wenige Peinlichkeiten, etwa die Verhaftung eines UFA-Mannes durch die Gestapo und die überstürzte Einkleidung des Schauspielers Karl Schönböck, der zu den Dreharbeiten befohlen wurde.

Dank der mitunter kenntnisreichen Kommentierung kann "Das Leben geht weiter" jedem Zuschauer empfohlen werden, der sich für dieses Kapitel der deutschen Filmgeschichte interessiert. Die ähnlich geartete, allerdings mit originalem Filmmaterial ausgestattete Produktion "Shiva und die Galgenblume. Der letzte Film des Dritten Reiches" (1993, Hans Georg Andres, Michaela Krützen) bleibt im direkten Vergleich qualitativ deutlich hinter "Das Leben geht weiter" zurück.

Die DVD punktet zudem nicht nur mit einer stilvollen Gestaltung, sondern auch dank der reichhaltigen Extras: Enthalten ist ein 15-minütiges Making-Of, das Einblicke in die Produktion moderner Geschichts-Dokumentationen gestattet, sowie Interviews mit Dr. Fritz Hippler und Wilfried von Oven, die zwar mit "Das Leben geht weiter" nichts zu tun haben, aber dank ihrer Zeitzeugenschaft besonders interessante zeitgeschichtliche Einblicke ermöglichen. (df)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

Jetzt kaufen

Besuchen Sie unser Forum!

Hinweis: Unsere Kritiken geben logischerweise die Meinung des jeweiligen Autors wieder und sind NICHT zwingend identisch mit der Ansicht der gesamten Redaktion.