Mit dem deutschen Film der 50er Jahre verbindet man in der Regel Alpenlandschaften und eine Menge Kitsch. In diesem Jahrzehnt gab es aber auch unzählige ernsthafte Stoffe. Viele davon waren alles in allem eher flach und einfach inszeniert. Im Bereich des Kriminalfilms und bei ähnlichen Werken aus dem spannenden Genre gibt es jedoch so manch herausragende Ausnahme.

Eine davon ist der Film "Arzt ohne Gewissen " Privatklinik Prof. Lund" aus dem Jahr 1959. Diesen Stoff in ein Genre einzuordnen fällt schwer. Er ist eine Mischung aus Arztfilm, Thriller, Kriminalfilm, Drama und Horrorfilm. Die Geschichte handelt von Professor Lund, ein Chirurg, der in einem Abgelegenen Schloss Herztransplantationen vornimmt. Um an die Organe zu kommen, lässt er gescheiterte Menschen entführen, um dadurch das Leben von anderen Menschen retten zu können. So wird eine Prostituierte Opfer seiner Machenschaften. Mit der Verpflanzung ihres Herzens möchte er das Leben einer Sängerin retten. Ihm zur Seite steht Dr. Stein, ein ehemaliger Arzt eines deutschen Konzentrationslagers...

Das Verpflanzen von Organen war vor fünfzig Jahren noch eine Horrorvorstellung für die meisten Leute. Dies war wohl die Intention, diesen Film zu inszenieren. Aus heutiger Sicht ist der Streifen eher harmlos einzustufen, denn der Horror-Aspekt kommt nur sehr dezent daher, was daher rührt, dass das, was man zu sehen bekommt, in den 50er Jahren schon für gruselige Stimmung ausgereicht hat. Heute ist vielmehr der Zeitgeist interessant, aus dem dieser Film entstanden ist. Außerdem haben die heutigen Zuschauer den Vorteil, dass sie wissen, wie sich das Thema Organtransplantation in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt hat. Schließlich ist diese Methode heute normal und kaum jemand nimmt daran Anstoß. Viel spannender ist es, wie aus diesem Stoff in den späten 50er Jahren ein dramatischer Film gestrickt wurde, der auch noch unterhaltsam ist und es schafft, eine gewisse Spannung aufzubauen. An die Bildsprache und den Spannungsbogen der Filme von Fritz Lang aus den frühen 30er Jahren kommt dieser Streifen natürlich nicht heran. Trotzdem hat der Spielleiter Frank Harnack diesen Film gut in Szene gesetzt. Dies ist aber auch den tollen Schauspielern zu verdanken, die vor der Kamera gute Arbeit geleistet haben. Dazu gehören unter anderem Ewald Balser, Wolfgang Preiss, Barbara Rütting, Cornell Borchers, Wolfgang Kieling, Karin Baal, Lina Carstens, Agnes Windeck, Ado Riegler, Hans Jürgen Dietrich und auch Monika John. Interessant ist in diesem Fall auch zu sehen, wie die Nazikeule im Rahmen des Filmes zum Einsatz kommt. Neben diversen Anspielungen und Vorwürfen wird dieses Thema in konkreter Form von der Figur des Dr. Stein abgehandelt. Der ehemalige Nationalsozialist wird von Wolfgang Kieling sehr überzeugend aber gleichzeitig auch äußerst klischeehaft dargestellt.

In Zusammenarbeit mit Kinowelt hat die Filmfirma Pidax diesen Klassiker nun erstmals auf DVD veröffentlicht. Bei der Gestaltung des Produktes hat man sich wieder viel Mühe gegeben. Neben einer Inhaltsangabe und alle wichtigen Daten zum Film und zur DVD kriegt man einige Szenenfotos zu sehen. Wenn man die Hülle öffnet findet man darin die individuell gestaltete DVD-Scheibe, sowie ein Nachdruck der "Illustrierten Film-Bühne Nr. 4909", die auf acht Seiten in zeitgenössischer Form über den Film mit Hilfe von Texten und zahlreichen Impressionen informiert. Mit diesem gedruckten Extra kann man sich perfekt auf den Hauptfilm einstimmen. Wenn man diese beiden Verpackungselemente aus der Hülle nimmt, sieht man durch das durchsichtige Plastik hindurch noch einmal das, was man schon außen zu sehen bekam. Das liegt daran, dass das Produkt mit einem Wendeblatt ausgestattet ist, welches ermöglicht, das FSK-Logo von der Titelseite verschwinden zu lassen. Die DVD selbst ist mit einem einfachen aber ansprechenden Menü ausgestattet, welches den 90-minütigen Hauptfilm in einer sehr guten Bild- und Tonqualität sowie eine Kapitelwahl anbietet. Auf Bonusmaterial oder Untertitel für Hörgeschädigte hat man leider wieder komplett verzichtet.

"Arzt ohne Gewissen" ist ein toller Arzt-Thriller aus den späten 50er Jahren. Als Zeitdokument und für Freunde alter deutscher Filme sowie Fans des Genres kann man diesen Streifen sehr ans Herz legen. Die DVD ist sehr gut umgesetzt. Das, was man geboten bekommt, hat man mit Liebe zum Detail zusammengestellt. Lediglich was das Bonusmaterial angeht, hätte es etwas mehr sein können. Der Nachdruck des Filmprogramms ist aber schon einmal eine Besonderheit. Dieses Werk wird den nächsten Schwarz-Weiß-Krimi- und Grusel-Abend mit Sicherheit aufwerten. (sk)

Wertung: (7 von 10 Punkten)