Die Welle

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Datum: 22.06.2008 | VÖ: März 2008 | Herausgeber: Jumbo Neue Medien | Kategorie: Hörspiel

Vor kurzem erst, im Mai 2008, kam "Die Welle" in die deutschen Kinos " ein Film, der besonders durch seinen Hauptdarsteller Jürgen Vogel eine ganz besondere Wirkung erzielt.
Im selben Monat brachte "Ravensburger" das Buch und "Jumbo" das Original-Hörspiel zum Film heraus.

Das Hörspiel befindet sich auf zwei CDs und hat eine Gesamtspielzeit von fast zwei Stunden! Das bedeutet, man hat wirklich darauf geachtet, soviel wie möglich aus dem Film zu übernehmen und nur Passagen, die ohne Bilder unklar sind, zu kommentieren. Die Rolle des Erzählers übernimmt Stefan Kaminski, der schon seit 1996 seine Laufbahn als Sprecher ausübt. Er hat eine wirklich angenehme, warme Stimme, die sich sehr gut in das Hörspiel eingliedert, aber dennoch auch abgrenzt und somit klar als Erzählstimme zur Wirkung kommt. Er liest auch nicht nur geradlinig vor, sondern vermittelt erstklassig die jeweils herrschenden Gefühle. Das Hörspiel bezieht sich voll und ganz auf den Kinofilm. Es ist wie eine Art Audiospur, die mit Kommentaren ergänzt wurde - der Film ohne Bild. Da der Film schon eine ziemlich große Wirkung hat, wird man vom Hörspiel ebenso begeistert sein. Selbst ohne Bilder kann man sich alle Szenarien wunderbar vorstellen. Das liegt vorrangig an den starken Stimmen der Schauspieler. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn man behauptet, dass "die Welle" einer der besten deutschen Filme seit langem ist. Er behandelt aktuelle Themen und basiert sogar auf einer wahren Begebenheit, die sich 1967 an einer kalifornischen High School zugetragen hat.

Zur Handlung kann man sagen, dass es wirklich erstaunlich ist, was in einer Woche aus Menschen werden kann. Alles beginnt ganz harmlos: Rainer Wenger, von seinen Schülern nur Rainer genannt, versucht in der Projektwoche seinen Schülern das Thema Autokratie näher zu bringen. Diese stehen dem Thema aber nur gelangweilt gegenüber und haben sich nur dafür entschieden, weil sie Rainer mögen. Als er das Argument seiner Schüler hört, dass eine Diktatur in Deutschland doch gar nicht mehr möglich ist, wagt er ein Experiment. Er zeigt ihnen was Autorität und Gemeinschaftsgefühl bedeutet. Zunächst einmal fängt alles damit an, dass sie ihn nicht mehr Rainer, sondern, als Respekts " und Leitperson, Herr Wenger nennen müssen, er löst einzelne Cliquen auf und will, dass alle füreinander da sind und sich helfen. Jeder Tag bringt etwas Neues und aus der anfänglichen Skepsis der Schüler entwickelt sich eine Gruppeneuphorie. Sie beginnen damit selbst Vorschläge zu machen: einheitliche Kleidung, einen Gruß für die Gruppe und ganz wichtig: einen Gruppennamen: "Die Welle" ist geboren. Rainer sieht mit Freude zu, wie sich seine Schüler nun auch gegenseitig mehr respektieren und unterstützen " für eine gemeinsame Sache da sind. Aber bald eskaliert die Situation, als die Welle-Mitglieder Andersdenkende ausschließen, die Stadt verwüsten und immer aggressiver werden. Rainer muss die Sache schnellstens beenden…

Der Grat zwischen Gemeinschaftsgefühl und Extremismus ist wirklich sehr schmal. In der Gruppe kann man soviel erreichen, aber auch alles zerstören. Genau wie Rainer Wenger, wird man als Hörer auch erstmal von der Sache begeistert sein. Es ist toll, wenn sich junge Menschen noch überzeugen lassen gemeinsam für eine Sache da zu sein. Es ist schwer heutzutage noch ein Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt zu erreichen. Ein aktuelles Thema ist jetzt die Europameisterschaft 2008: jeder zweite hat eine Deutschlandfahne am Auto, deutsche Fans treffen sich auf öffentlichen Plätzen, Fremde feiern gemeinsam und feuern ihre Mannschaft an. Doch ein paar Wochen später ist alles wieder vorbei. Keiner kennt sich mehr, Leute die zusammen gefeiert haben führen wieder ihre Kleinkriege gegeneinander und die Deutschlandfahnen sind verschwunden. Man fragt sich, warum die Menschen nicht immer so füreinander da sein können, wie bei solch großen Ereignissen. Doch die Antwort liegt klar auf der Hand: man wird es nie schaffen, dass alle Menschen die gleiche Meinung haben und wenn man genau hinsieht und es global betrachtet, herrscht zwar unter den Deutschen Fans ein Zusammenhalt, aber dieser richtet sich auch wieder gegen die Fans einer anderen Mannschaft. Ein Zusammenhalt einer solch großen Gruppe wird also immer in eine Art Diktatur umschlagen. Wenn man sich das einmal durch den Kopf gehen lässt ist die Antwort auf die Frage: "Wird es denn jemals Frieden auf der Erde geben?" erschreckend. Jedoch sind viele Menschen auch nur "Herdentiere" die einen Anführer brauchen um zu wissen, was sie tun sollen. Beim Fußball ist es eben die Mannschaft, die die Fans zusammenhält und wenn der Trubel vorbei ist, löst sich alles auf. Solange aber jeder in einer Gruppe gleichberechtigt ist, ist auch jeder für sich und seine Taten verantwortlich und dann kommen manchmal Zweifel auf. Genau dies passiert auch in der Welle. Rainer provoziert seine Anhänger einen Andersdenkenden zu ihm zu bringen um ihn zu bestrafen. Sie befolgen seinen Befehl. Doch dann überlässt er den Welle-Mitgliedern die Entscheidung wie sie ihn bestrafen wollen und plötzlich erschrecken alle und halten den Atem an. Immerhin ist es ihr Freund, dem sich doch nicht wehtun wollen. Sie hätten alle Befehle ihres Anführers befolgt, aber nie aus eigener Entscheidung gehandelt. Rainer hat ihnen gezeigt wie weit Menschen gehen können, wenn sie auf ihre Anführer hören. Deswegen sollte Demokratie und Toleranz in dieser Gesellschaft ganz groß geschrieben werden.

"Die Welle" ist verblüffend und erschreckend zugleich und man fühlt sich immer zwischen den Tatsachen hin- und her gerissen. Besonders der Satz gegen Ende: "Nicht alles an der Welle ist schlecht" stellt noch einmal eine gedankliche Barriere dar. Es wird die ganze Zeit zum Nachdenken angeregt und auf die Missstände und politischen Lücken auf der Welt und die dadurch resultierende Unzufriedenheit aufmerksam gemacht. Das Thema Rechtsextremismus ist gerade heutzutage topaktuell und ich finde es wirklich gut, dass die deutsche Filmproduktion auch solche ernsten Themen aufgreift.

Zur CD an sich kann ich nur sagen, dass sie ein wirklich schönes Layout hat und sogar Bonustracks besitzt, die man sonst nur von DVDs kennt. Diese Tracks sind Interviews mit Jennifer Ulrich, Max Riemelt, Jürgen Vogel und dem Regisseur Dennis Gansel. Eine wunderbare Idee, die die CD extra noch einmal aufwertet! Einziger Kritikpunkt ist, dass das Booklet noch etwas umfangreicher hätte sein können, aber sonst hat man hier tolle Arbeit geleistet! (sl)

Wertung: 8 von 10 Punkten (8 von 10 Punkten)

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