Mahler auf der Couch

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Datum: 18.01.2011 | VÖ: 20.01.2011 | Herausgeber: Kinowelt GmbH | Kategorie: Film

Gustav Mahler (Johannes Silberschneider), der hochgeschätzte Komponist, Dirigent und als Genie angesehene Direktor des Wiener Orchesters ist verzweifelt, er braucht dringende Hilfe, was ihn nach Leiden in Holland führt. Dort sucht der verstörte Meister einen anderen Meister auf: Sigmund Freud (Karl Markovics), der nur für Mahler seinen Urlaub verschoben hat. Mahler ist ein schwieriger, wankelmütiger Patient, doch Freud ist geduldig und schafft es, Mahler aufzutauen, sodass die Gespräche beginnen können. Mahler ist betrogen worden, von seiner Frau Alma (Barbara Romaner), die sich dem jungen, ambitionierten Architekten Walter Gropius hingegeben hat. Nach neun Jahren Ehe trifft Mahler die Enthüllung der Affäre wie ein Schlag. Er steht neben sich, kann nicht mehr denken, nicht mehr arbeiten, nicht mehr das Genie sein, das er immer war. Freud soll helfen, das Dilemma irgendwie lösen, Erlösung schaffen oder den Weg dorthin finden. Wenn es einen solchen Weg geben sollte, ist dieser sehr lang und Freud geht einen Schritt nach dem anderen und lässt sich von Mahler auf die Reise in dessen Erinnerungen nehmen, immer weiter zurück, die Ehe mit Alma weiter und weiter ergründend, bis hin zum ersten Flirt zwischen den beiden.

Der Eindruck, den man von dem Film durch Zusammenfassungen oder Trailer bekommen kann, täuscht ein wenig, denn es geht vorrangig nicht darum, wie Freud und Mahler im Zusammenspiel ungleicher Charaktere den gemeinsamen Weg in Mahlers Ehe-Vergangenheit gehen, sondern es geht um das, was aufgearbeitet wird, das Portrait einer Konstellation zwischen Mann und Frau, die schon früh voller Erwartungen und selbsterzeugter Visionen des Gegenüber gefärbt ist und dann unweigerlich an sich selbst erkrankt. Während Alma sich erhofft, vom Genie Mahler ebenfalls in höhere Sphären der Kunst und des Auslebens ihrer musischen Impulse zu erlangen, scheint Mahler sich mehr in die charismatische Wirkung Almas, ihrer Faszination, die sie auf Mahler ausübt, verliebt zu haben als wirklich in sie als Person selbst. Das alles, diese Möglichkeiten wichtiger Aspekte und Knackpunkte in der Ehe der beiden, bekommt man ausführlich serviert und darf sich wie ein Co-Pilot Freuds fühlen, während man in den Erinnerungen Mahlers wandelt.
Dadurch, dass der Film größtenteils rückwärts gewandt ist, gibt es nicht viel an Entwicklungen aufzuzeigen (oder für den Zuschauer zu erleben), es geht mehr um die Gründe, Schlüssel-Ereignisse und besondere Merkmale in der Vergangenheit, die der gegenwärtigen Misere auf den Weg halfen. Somit ist der Film eher im Kleinen zu verstehen, eben eine Reise in die Erinnerungen und nicht die Präsentation einer sich entspinnenden Handlung.
Der Film bemüht sich betont frisch daher zu kommen, nicht lange zu verweilen, nur um dann doch immer wieder Stille und raumüberschauende Perspektiven stilvoll bewusst einzusetzen. Immer wieder wird versucht, die Lebendigkeit der Gesellschaft, der damaligen Zeit einzufangen und dann landet man doch wieder in stillen, dunklen Szenerien, in denen alles ganz bedeutungsschwanger inszeniert ist und jeder Schatten eine tragende Rolle und jeder Winkel eine Aussage hat. Ein wenig mehr Lockerheit hätte dem Film gutgetan, auch wenn er mitunter ganz putzig zu sein vermag, da das Gegengewicht der gewichtigen Inszenierung aber so schwer lastet, kann auch das Leichtblütige nicht ganz brillieren und stört mitunter sogar, da man sich damit abfindet, wie tragend der Film nun eben unbedingt daherkommen muss. Was hierbei kurios ist, ist die Tatsache, dass ausgerechnet Hauptdarsteller Johannes Silberschneider als Mahler einfach nicht rundum als wirklich gebeutelter, verbitterter, kranker Mensch überzeugen kann, da er einfach ein kleiner, unruhiger Mann bleibt, nicht der große Kunstmensch.

Abseits des Hauptfilms finden sich auf der DVD ein Making-of, in welchem die beiden Regisseure ausführlich zu Wort kommen und eine erfrischende Zuneigung zu ihrem Werk vermitteln. Ebenso gibt es ein Interview mit Hauptdarsteller Johannes Silberschneider und ein Feature über die Komposition der Musik des Films. Weitere Dreingaben sind der Trailer des Films und eine Fotogalerie. Außerdem ist der Film als Versionen für Hörgeschädigte und Blinde auf der DVD vorhanden.

Als Film ohne historisch korrekten Anspruch und leider ein paar Längen in der zweiten Hälfte mag "Mahler auf der Couch" nicht für jeden der passende Film sein. Wem es um tiefschürfende Komplikationen trotz guter Absichten geht und wer gern Barbara Romaner zusieht, wie sie wirklich viel aus sich herausholt, der kann sich diesen Film durchaus anschauen. (mp)

Wertung: 4 von 10 Punkten (4 von 10 Punkten)

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