Straßenfeger Edition 21 - Das Kriminalmuseum, Folge 01-16

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Datum: 28.11.2010 | VÖ: 20.09.2010 | Herausgeber: Studio Hamburg | Kategorie: Serie

Das deutsche Fernsehen kann auf eine lange Tradition zurück blicken, die bis in die 30er Jahre zurück reicht. Nach dem Krieg wurde im Jahr 1950 in der Bundesrepublik Deutschland wieder ein regelmäßiger Sendebetrieb aufgenommen. Das Problem zu dieser Zeit war jedoch, dass sich nur die wenigstens Menschen aus der einfachen Bevölkerung einen Fernsehapparat leisten konnten. Erst Ende der 50er Jahre und im Verlauf der 60er Jahren wurde das Fernsehen zu einem richtigen Massenmedium. In dieser Zeit wurden dann mehr und mehr verstärkt Unterhaltungssendungen, Filme und Serien für das Fernsehen produziert. Weil es anfangs nur einen einzigen Sender gab, schauten die Leute gezwungenermaßen alle das selbe Programm und hatten dadurch ein gemeinschaftliches Erlebnis sowie ein Gesprächsthema, bei denen alle, die eine Möglichkeit zum Fernsehen hatten, mitreden konnten. Die Folge davon war, dass sich einzelne Sendungen, die zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurden, zu regelrechten "Straßenfegern" entwickelten. Auch wenn die Konkurrenz in Form von weiteren Sendern anfangs noch nicht vorhanden gewesen ist, war die Qualität des Fernsehprogramms in den 50er Jahren schon sehr hoch. Als im Jahr 1963 dann das Zweite Deutsche Fernsehen auf Sendung ging, waren die Sender erst recht gezwungen, ein gutes Programm abzuliefern, um die Zuschauer für sich gewinnen zu können.

Nachdem die ARD bereits seit dem Jahr 1958 die Krimireihe "Stahlnetz" produzierte, wusste das ZDF, dass man ebenfalls einen Krimistoff nachlegen muss, um der ARD in diesem Genre ein würdiger Konkurrent zu sein. Das Ergebnis war die Kriminalserie "Das Kriminalmusem", die direkt zum Sendestart des Zweiten Deutschen Fernsehens ausgestrahlt wurde und es sieben Jahre lang bis in das Jahr 1970 hinein auf insgesamt 40 bzw. 41 Folgen brachte. Jede Folge hat jeweils eine Spielzeit von knapp 60 Minuten und wurde gerade in den frühen Folgen zum Großteil in München und Umgebung gedreht.

Jede Geschichte beginnt mit einer Kamerafahrt durch ein unbekanntes Kriminalmuseum. Ein Sprecher erklärt den Sinn des Museums und weist darauf hin, dass jeder Gegenstand, der in diesen Räumlichkeiten ausgestellt ist, dazu beigetragen hat, ein Verbrechen aufzuklären. Jede Episode trägt den Namen eines der Gegenstände, die in den jeweiligen Geschichten eine Schlüsselrolle gespielt haben.

Anders als es bei heutigen Krimiserien Standard ist, gab es beim "Kriminalmuseum" wechselnde Kommissare, die in den Hauptrollen zu sehen waren. Diese Rollen aber auch die Nebenrollen wurden sehr prominent und hochwertig besetzt, so kriegt man unzählige große Schauspieler der damaligen Zeit zu sehen. Das sind unter anderem Erik Ode, Günter Schramm, Konrad Georg, Renè Deltgen, Paul Dahlke, Eva Pflug, Heinz Weiss, Wolfgang Kieling, Alexander Malachowsky oder Gisela Uhlen. Aufgrund der Tatsache, dass die Produktion anfangs hauptsächlich in München gedreht wurde, sind mit Ludwig Schmid-Wildy, Karl Obermayr, Max Griesser, Walter Sedlmayr, Rosl Mayr, Paula Braend, Elfie Pertramer oder Alfred Pongratz zusätzlich noch zahlreiche tolle bayrische Volksschauspieler zu sehen. Auch die ganz kleinen Rollen der Komparsen und Statisten sind mit bekannten Gesichtern der Münchner Szene besetzt.

Aufgrund der unterschiedlichen Ermittler und den verschiedenen Milieus, in denen die Geschichten angesiedelt sind, wurde "Das Kriminalmuseum" zu einer außerordentlich abwechslungsreiche Krimiserie. Die einzelnen Geschichten sind allesamt spannend und unterhaltsam und sind in jeder Form handwerklich hervorragend inszeniert. Die Schauspieler spielen ihre Rollen sehr überzeugend und wurden von den zuständigen Spielleitern Helmuth Ashley, Wolfgang Becke, Jürgen Goslar und Theodor Grädler offensichtlich gut geführt. Außergewöhnliche Stilmittel wie ungewöhnliche Kameraeinstellungen, durchlaufende Witze und sonstige kleine Späße und Experimente, die man sich erlaubte, der Qualität und der Spannung jedoch keinerlei Abbruch tun, sorgen für einen ganz besonderen Charme in dieser Krimireihe.
Die variierenden Spielleiter, Ermittler und Geschichten haben natürlich auch die Folge, dass es, wie bei jeder anderen Serie auch, Geschichten und Episoden gibt, die unterschiedlich gut gelungen sind. So gibt es Folgen, die dem Zuschauer bis zum Schluss vor den Bildschirm fesseln und in einem atemberaubenden Finale enden, wie beispielsweise Folge 15 "Die Mütze", als am Ende der Mörder ähnlich spannend wie in Fritz Langs Klassiker "M " Eine Stadt sucht einen Mörder" auf der Flucht ist. Für diese Szene und die Darauffolgende, als der Täter einen Unterschlupf gefunden hat, konnte man eine riesige Massenszene mit Taxifahrern, die es auf den Mörder abgesehen haben, auf die Beine stellen. Diese Sequenz ist aufgrund der erhöhten Spannung, der aufwändigen Inszenierung und den Emotionen, die großartig von den Schauspielern gespielt werden, ein absolutes Fernsehhighlight. Folgen wie diese sind durch ihre individuelle Art und Weise einmalig und schaut man sich sicher nicht nur einmal an. Dagegen gibt es wieder einige Episoden, die wenig Besonderheiten bieten, trotzdem aber eine handwerkliche und qualitative Grundlage haben, von daher braucht man nicht mit großen Enttäuschungen rechnen, soweit man den Stil der alten Kriminalfilme kennt und schätzt.
Dieser ist nämlich anders als der heutige, was nicht nur mit der anderen Mode, den anderen Umgangsformen und anderen alltäglichen Dingen zusammenhängt, sondern auch mit den anderen dramaturgischen und handwerklichen Stilmitteln, was dafür sorgt, dass "Das Kriminalmuseum" eine willkommene Abwechslung zu modernen Krimiserien ist oder auch zu Produktionen aus den 70er bis 90er Jahren.

Nachdem "Das Kriminalmuseum" ab den frühen 60er Jahren bis in die frühen 70er Jahren im ZDF ausgestrahlt wurde, hatte der interessierte Fernsehzuschauer mit Ausnahme einer weiteren Ausstrahlung bei 3sat in den frühen 90er Jahren keinerlei Möglichkeiten mehr, in den Genuss dieser Produktion zu kommen. In diesem Jahr hat das Warten endlich ein Ende. Die DVD-Firma "Studio Hamburg" hat im Rahmen seiner sehr erfolgreichen "Straßenfeger Edition", die alte Fernsehklassiker der 60er und 70er Jahre erstmals auf DVD im neuen Glanz erstrahlen lässt, auch die ZDF-Produktion "Das Kriminalmuseum" angekündigt, die im Rahmen von drei DVD-Boxen ("Straßenfeger Edition" 21 bis 23) am 20. September diesen Jahres veröffentlicht wurden.

Vor mir liegt gerade die erste dieser drei Boxen. Rein optisch wurde das Produkt wieder der "Straßenfeger Edition" angepasst. Man bekommt also eine schlichte aber ansprechende Gestaltung serviert. Zu sehen sind auf einem schwarzen Hintergrund Farbfotos aus der Schwarz-Weiss-Serie, sowie Informationen zu "Das Kriminalmuseum" und der DVD-Box. So erfährt man zum Beispiel einiges über den Inhalt der Serie, kann nachlesen, welche Schauspieler beteiligt waren und erfährt auch die wichtigsten Daten zur DVD-Box, wie beispielsweise die Laufzeit, die knapp 978 Minuten (+ Bonusmaterial) beträgt.
Wie auch schon bei den anderen DVD-Boxen der "Straßenfeger"-Reihe handelt es sich auch hier wieder um einen Pappschuber, der zwei Digipaks beinhaltet. In jeden dieser Digipaks befinden sich drei DVDs die insgesamt die ersten 16 Folgen von "Das Kriminalmuseum" beinhalten. Diese beiden Verpackungseinheiten wurden ebenfalls sauber und stilvoll gestaltet. Das Tolle daran ist, dass man hier nicht einfach noch einmal das Motiv des Schubers verwendet hat, sondern jeweils noch einmal andere Bilder. Dies sorgt dafür, dass man viele schöne Eindrücke der Serie bekommt und dadurch wunderbar auf das kommende Sehvergnügen vorbereitet wird. Auf den Rückseiten der Digipacks kriegt man noch einmal explizite Inhaltsangaben zu jeweils drei Episoden zu lesen, die man im Beiheft, das sich ebenfalls in der Box befindet, noch einmal nachlesen kann, jedoch glücklicherweise anders formuliert, sodass man nicht den selben Text zweimal lesen muss. Das Innenleben der Hüllen ist ebenfalls sehr ansehnlich gestaltet. Wenn man die DVD-Scheiben aus ihren Halterungen nimmt, bekommt man durch das durchsichtige Plastik jeweils ein großes Foto aus "Das Kriminalmuseum" zu sehen, das ebenfalls für viel Flair und Vorfreude sorgt. Neben einem Werbeflyer, der weitere Titel der "Straßenfeger Edition" vorstellt, bekommt man wie oben schon erwähnt noch ein Beiheft serviert, das auf zwölf Seiten alle wichtigen Informationen zusammenfasst: Neben einer kleinen Liste der Schauspieler, die in den ersten Folgen der Serie zu sehen sind, kriegt man ein paar Daten und die Namen der Verantwortlichen hinter der Kamera aufgelistet. Fast das komplette Beiheft besteht aus ganzseitigen Fotos aus der Serie und einem ausführlichen Episodenführer, der nicht nur die Inhalte der einzelnen Folgen beschreibt, sondern auch das Datum der Erstausstrahlung mit anzeigt.

Die DVDs sind wieder mit einem passenden Menü ausgestattet, das die einzelnen Episoden zur Auswahl anbietet, sowie Bonusmaterial in Form von Vorschau-Filmen zur "Straßenfeger Edition", einem Interview mit Martin Böttcher und ein dreiminütiges Kurzportrait über den Produzenten Helmut Ringelmann, das im Rahmen seines 75. Geburtstages für das Fernsehmagazin "Hallo Deutschland" gedreht wurde. Vom Interview mit Herrn Böttcher war ich ein wenig enttäuscht, weil dies diesmal nicht von Arild Rafalzik geführt wurde, der für diese DVD-Reihe schon zahlreiche tolle Interviews auf die Beine stellte, sondern von einem anderen Team, das das Interview sehr unpersönlich arrangiert hat. Statt einem normalen Gespräch oder eingeblendete Fragen in Textform hört man Martin Böttcher lediglich auf Fragen antworten, die man gar nicht kennt, weil diese nicht zu sehen oder zu hören sind. Anders als sonst dauert dieses Interview lediglich 25 Minuten. Trotzdem ist es sehr sehenswert, da Böttcher nicht nur sehr sympathisch ist, sondern auch reichlich interessante Dinge zu erzählen hat.

Da ich gerade bei einem Kritikpunkt angekommen bin, möchte ich auch gleich die restlichen Dinge zusammenfassen, die mir negativ an dieser DVD-Box aufgefallen sind: Wenn man sich das Bonusmaterial anschauen möchte, kann man zwar auf den Digipack-Hüllen lesen, bei welcher der beiden 3er-DVD-Bündel man das entsprechende Bonusmaterial finden kann, da jedoch die einzelnen DVDs nicht in dieser Hinsicht beschriftet sind, darf man erst einmal Roulette spielen und eine DVD nach der anderen einlegen, bis man diejenige findet, auf der das gesuchte Bonusmaterial enthalten ist. Ein weiterer negativer Punkt ist die extreme Lautstärke der "Kriminalmuseum"-Melodie im Menü. Im Vergleich zu den eigentlichen Folgen und zum normalen Fernsehprogramm ist dieser Ton extrem Laut und wird mit Sicherheit so manche Zuschauer vor Schreck vom Sessel fallen lassen. Außerdem hätte man das Beiheft noch ein wenig ausführlicher gestalten können. Anstatt einfach eine Hand voll Schauspieler aufzulisten, die in den ersten 16 Folgen vorkommen, hätte man zu jeder Episode eine etwas ausführlichere Schauspielerliste anfertigen können. Aber dies hätte, ebenso wie Untertitel, die auch bei dieser Produktion leider fehlen, einen entsprechend größeren Aufwand bedeutet, was das Produkt am Ende mit Sicherheit teurer gemacht hätte. Außerdem fallen diese kleinen Kritikpunkte kaum ins Gewicht, wenn man betrachtet, dass 95% der anderen DVDs, die auf dem Markt sind, dem Kunden bei weitem weniger anbieten.

Alles in allem kann diese DVD-Erstveröffentlichung des ZDF-Klassikers "Das Kriminalmuseum" wieder auf ganzer Linie überzeugen. Die Bild- und Tonqualität ist für eine Serie dieses Alters sehr gut und das Sehvergnügen kennt keine Grenzen. Dieser zeitlose Krimiklassiker kann im neuen Jahrtausend ebenso fesseln und unterhalten wie er es vor knapp fünfzig Jahren schon geschafft hat. Mit dieser DVD-Box holt man sich ein Stück Fernseh- und Zeitgeschichte in das heimische Wohnzimmer. "Das Kriminalmuseum" kann sich auch heute noch ohne Probleme mit modernen Krimiproduktionen messen und hat zusätzlich einen nostalgischen Mehrwert. In den ersten 16 Folgen der Serie kriegt man nicht nur das Flair der frühen 60er Jahre zu sehen, sondern zahlreiche großartige Schauspieler, die es in dieser Form heute leider nur noch sehr selten gibt. (sk)

Wertung: 9 von 10 Punkten (9 von 10 Punkten)

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