Von der "guten, alten Zeit" wird oft gesprochen und meistens ist man sich darüber einig, dass früher alles besser war. Dies ist natürlich nur ein subjektives Empfinden, was daher rührt, dass man sich gerne an die positiven Dinge in der Vergangenheit erinnert und die negativen Sachen vergisst. Natürlich hat jede Zeit seine schöne aber auch sehr viele unschöne Seiten. Diese verschwinden aber gerne aus dem kollektiven Gedächtnis und ebenso ist es auch mit den Filmaufnahmen, die eher zu erfreulichen Anlässen gemacht wurden. Aus diesem Grund sind authentische zeitgeschichtliche Mitschnitte ebenso selten wie wertvoll. Diese stehen jedoch oftmals in Verbindung mit politischen Ereignissen wie Kriegen oder Revolutionen. Der Alltag ist darin nicht festgehalten, was wiederum die alltäglichen Aufnahmen wieder in den Fokus des Interesses rückt, um ein komplettes und nahezu authentisches Bild von der gewünschten Zeit nachzeichnen zu können.

Der Dokumentarfilmer Christoph Schuster hat für den Bayrischen Rundfunk unter den Namen "Anno Dazumal" eine Dokumentation gedreht, die der Frage nachgeht, was es mit der "guten, alten Zeit" genau auf sich hat. Das Ergebnis ist eine sehenswerte Dokumentation, die im Rahmen verschiedener Themenbereichen wie "Die alte Dorfschule", "Ochsenrennen in Aising", "Erntedank" oder "Viehhandel per Handschlag" die Zeit von der vorletzten Jahrhundertwende bis in die 60er Jahre hinein in Bayern näher beleuchtet. Unzählige hochinteressante Filmaufnahmen, die sich hauptsächlich mit dem Leben auf dem Land auseinander setzten und die ohne den großartigen Kommentar des Volksschauspielers Jörg Hube nicht einmal die Hälfte wert wären, lassen den Zuschauer alles um sich herum vergessen. Die Kombination aus alten Aufnahmen mit der gemütlichen, eindringlichen und herzhaften Stimme von Hube sorgt nicht nur für eine unterhaltsame und angenehme Atmosphäre, sondern lässt den Zuschauer sehr tief in die Materie eintauchen, so dass man fast das Gefühl hat, ganz ohne moderne Effekte mitten im Geschehen zu sein. Die Romantik und das Gewachsene dieser Zeit wird ebenso thematisiert wie die Schwierigkeiten.

Die Firma 101 Pixel hat diese Perle des Bayrischen Rundfunks nun auf DVD veröffentlicht. Im Rahmen von zwei DVDs hat man die Möglichkeit, in die einzelnen Themenbereiche der knapp 157-minütigen Dokumentation einzutauchen. Als Bonusmaterial gibt es Hintergrundinformationen zur DVD-Firma, zur Dokumentation und zum Erzähler Jörg Hube. Sowohl das Menü als auch das Artwork der Hülle sind sehr ansprechend und sauber gestaltet. Außerdem gibt es eine ausführliche Trailershow. Die durchsichtige Hülle hat man dazu genutzt, um auch die Rückseite des Inlays zu bedrucken, was heißt, dass man auch auf der Innenseite der Hülle auf den Hautpfilm in Form eines großen Landschaftsbildes mit Bauern eingestimmt wird. Was fehlt ist lediglich ein Begleitheft sowie Untertitel für Hörgeschädigte. Auch ein Interview mit dem Regisseur wäre interessant gewesen.

Alles in allem ist die 2-DVD-Edition zu "Anno Dazumal " Leben, Arbeiten und Bräuche in Bayern" eine rundum gelungene Veröffentlichung für die ganze Familie. Zwar ist die Bildqualität der alten Filme sehr unterschiedlich, jedoch sind die besseren Aufnahmen deutlich in der Überzahl, außerdem sorgt das Schwarz-Weiß-Material, das seine Ecken und Kanten hat, für ein authentisches Flair. Schließlich waren die Menschen in der damaligen Zeit genauso. Die ganz große Stärke an dieser Dokumentation ist der Kommentar, der von Jörg Hube in bayrischer Mundart gesprochen wird. Es ist einfach herrlich, sich davon berieseln zu lassen, sich zurück zu lehnen, um in die alte Zeit eintauchen zu können. Hube beherrscht sein Handwerk meisterlich und sorgt dafür, dass aus der guten DVD-Veröffentlichung mit dieser sehr guten Dokumentation ein hervorragendes Gesamtprodukt wird. (sk)

Wertung: (8 von 10 Punkten)