Es gibt wohl kaum ein Land auf dieser Welt, das eine so vielfältige Filmgeschichte hat wie Deutschland. Die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in den letzten hundert Jahren haben die Filme maßgeblich beeinflusst, so war die Inflation ein wichtiger Grund dafür, dass das Kino der Weimarer Republik Weltgeltung erlangen konnte, das Dritte Reich sorgte dafür, dass die Filmpioniere von einst zu einem nicht unwesentlichen Teil das Land verließen und so fand die UFA wieder zurück zu ihren Wurzeln, nämlich dem Propagandafilm. Die Nachkriegszeit und die Besatzungszonen, die Heimatfilme, das Wirtschaftswunder, der Sozialismus, das Oberhauser Manifest, das Fernsehen, die Autorenfilme, der Sexfilm, die Zeit der Wende und das neue Jahrtausend sind alles Faktoren und Epochen, die für unterschiedliche Stoffe und Interpretationen in den einzelnen Jahrzehnten gesorgt haben.
Rückblickend betrachtet war die Zeit des Kalten Krieges, als die zwei deutschen Staaten BRD und DDR die Grenze der Welt bildeten, wohl die spannendste seit der Weimarer Republik. Zeitgleich wurden zwei Ideologien in den beiden Staaten vertreten und entsprechend hat dies die Filmproduktionen beeinflusst. So bekommt man in ein- und derselben Zeit zwei unterschiedliche Welten geboten, wenn man ein Auge auf den Deutschen Film in diesen beiden Staaten von den 50er bis 80er Jahren wirft. Andererseits sind trotzdem noch genug Gemeinsamkeiten erkennbar, die sowohl bewusst als auch unbewusst entstanden sind. So wurde zum Beispiel im Jahr 1971 als Gegenstück zu dem "Tatort", der in der BRD große Erfolge feierte, in der DDR die Serie "Polizeiruf 110" ins Leben gerufen, die bis heute produziert wird und sich zu einem deutschen Krimi-Meilenstein entwickelte.

Aber auch andere sehenswerte kriminalistische Stoffe wurden in der DDR produziert, wie die "Straßenfeger Edition" beweist, die seit Herbst 2008 zahlreiche hochwertige Kriminalserien aus vergangenen Tagen auf DVD veröffentlicht. Nachdem bereits im letzten Jahr die DDR-Kriminalserie "Das unsichtbare Visier" aus den 70er Jahren im Rahmen der "Straßenfeger Edition" der breiten Masse zugänglich gemacht wurde, geht es nun mit "Gefährliche Fahndung" weiter. Es handelt sich dabei um eine siebenteilige Serie, die im Jahr 1978 erstmals auf dem Sender DDR1 ausgestrahlt wurden. Mit dabei sind unter anderem bekannte Schauspieler wie Jaecki Schwarz, Günter Schubert, Wolfgang Dehler oder Rolf Hoppe. Inszeniert wurde das Ganze von dem eher unbekannten Regisseur Rainer Hausdorf.

"Gefährliche Fahndung" spielt in Österreich im Jahr 1975. Nach einem angeblichen Selbstmord stößt der Kriminalinspektor Toni Pleisner, gespielt von Jaeckie Schwarz, auf spannende Fakten: Der Tote war im Jahr 1945 an einer Aktion beteiligt, Kunstwerke aus den Händen der Nationalsozialisten zu befreien. Wie Pleisner erfährt, stand ein ehemaliger Wehrwirtschaftsführer, der mittlerweile unter falschem Namen in der BRD lebt, mit dieser Sache in Verbindung. Der Vater von Pleisner, der Ende des Zweiten Weltkriegs Partisanenführer war, hatte damals schon diesen Mann im Visier. Als der Krieg zu Ende war, gab er die Jagd nach ihn jedoch auf. Pleisner möchte nun das beenden, was sein Vater angefangen hat. Es beginnt eine Spurensuche quer durch Europa. Toni Pleisner fahndet sehr Erfolg versprechend nach diversen untergetauchten Nationalsozialisten und begibt sich damit in immer gefährlicheres Gefilde...

Die Vorlage zu dieser Geschichte ist ein biographischer Roman des Österreichischen Widerstandskämpfers Sepp Plieseis, den man als Basis für die Drehbücher der sieben Folgen dieser Serie verwendet hat. Während die Buchvorlage nur bis ins Jahr 1946 reicht, hat der Autor Harald Hauser die Geschichte bis in die 70er Jahre hinein weiter gesponnen und so konnte dieser regelrechte Straßenfeger entwickelt werden.

Diese Krimiproduktion aus der DDR ist nicht nur ehemalige Mitbürger des sozialistischen Staates zu empfehlen, sondern allen Krimifreunden und zeitgeschichtlich interessierten. "Gefährliche Fahndung" ist eine spannende und packend inszenierte Krimiserie, die sowohl fesselnd ist als auch unterhalten kann. Das Flair der 70er Jahre und die Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, bringt sehr viel Brisanz und Authentizität in das Sehvergnügen. Jaecki Schwarz spielt die Rolle des Toni Pleisner sehr überzeugend und schafft es, eine realistische Verkörperung der Hauptfigur zu schaffen, anstatt den Charakter als überzeichneten und pathetischen Kriminalisten in Hollywood-Manier zu mimen, wie es leider viel zu oft zu sehen ist. Deutlich spürbar ist die leise Propaganda, die sich durch die Handlung zieht. Aber genau dies ist einer der Faktoren, die diese Serie besonders spannend machen, schließlich handelt es sich um ein wertvolles Zeitdokument, das sowohl direkt (Handlung des Films) als auch indirekt (Hintergründe und Rahmenbedingungen zur Filmentstehung) mit vielen gesellschaftlichen und politischen Themen durchzogen ist.

"Gefährliche Fahndung" wurde von der Firma Studio Hamburg im Rahmen der beliebten "Straßenfeger Edition" auf DVD veröffentlicht. Die sieben Folgen der Serie befinden sich auf fünf DVDs, welche wiederum in zwei Digipack-Hüllen aufbewahrt werden, die sich in einem Schuber befinden. Sämtliche Verpackungseinheiten sind reichlich ausgestattet mit Impressionen aus der Serie und machen Lust auf mehr. Das ganze Produkt ist liebevoll und vor allem logisch gestaltet, was bei DVDs leider nicht immer der Fall ist. Während sich auf der Rückseite des Schubers eine allgemeine Inhaltsangabe befindet, kann man auf den Rückseiten der Digipacks die Inhaltsangaben der einzelnen Episoden finden. Die Halterungen der DVDs sind durchsichtig gestaltet, sodass man den Platz hinter den Halterungen genutzt hat, um weitere, ganzseitige Impressionen aus "Gefährliche Fahndung" zu integrieren. Neben einem Flyer zur "Straßenfeger Edition" befindet sich in der Box ein Begleitheft, das noch einmal zahlreiche ganzseitige Bilder aus der Serie dem Kunden serviert, sowie reichlich Hintergrundinformationen in Form einer Stabliste und eines ausführlichen Textes zur Serie. Neben einen Trailer zur "Straßenfeger Edition" befindet sich als besonderes Extra auf einer der DVDs ein über einstündiges Interview mit dem Hauptdarsteller Jaeckie Schwarz. Die Bild- und Tonqualität dieser Serie ist dem alter entsprechend sehr gut. Was man vermisst sind lediglich Untertitel für Hörgeschädigte.

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass "Gefährliche Fahndung" ein wertvolles, aber auch unterhaltsames und spannendes Stück deutscher Geschichte ist, das nicht nur sehenswert sondern auch kaufenswert ist. Die DVD-Box lässt keinerlei Wünsche offen und aus diesem Grund gehen meine Daumen heute wieder einmal uneingeschränkt nach oben. (sk)

Wertung: (10 von 10 Punkten)