Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann

Zurück zur Übersichts-Seite

Datum: 06.02.2010 | VÖ: 12.02.2010 | Herausgeber: 101 Pixel / WVG Medien | Kategorie: Film

Seit weit über hundert Jahren gibt es schon die fiktiven Figuren des Bonifatius Kiesewetter, der Wirtin von der Lahn und des Sanitätsgefreiten Neumann. Die Geschichten, Sprüche, Reime und Zoten rund um diese Gestalten hatten Hochkonjunktur in der sehr biederen, moralisch sauberen und mittlerweile längst vergangenen Zeit, die weitestgehend bis in die Epoche der sexuellen Aufklärung in den späten 60er Jahren noch ihre Gültigkeit hatte. Es ist also kein Wunder, dass die Filmemacher sehr früh auf diese Figuren zurückgegriffen haben, als man dabei war, die ersten Schritte in Richtung Sexfilm zu wagen. So gab es nicht nur unzählige "Frau Wirtin"-Filme, die in erster Linie von Franz Antel inszeniert wurden, sondern im Jahr 1969 mit "Donnerwetter! Donnerwetter! Bonifatius Kiesewetter" und "Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann" gleich zwei Filme zu den jeweiligen Zoten-Paten, die ihren Ursprung im Deutschen Kaiserreich (Bonifatius Kiesewetter) und in der k.u.k. Monarchie (Sanitätsgefreiter Neumann) haben. Beide Filme wurden in deutsch-italienischer Koproduktion inszeniert und sind hochwertig besetzt. Während man auf eine DVD-Veröffentlichung des erstgenannten Films noch wartet, erscheint "Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann" mittlerweile schon zum zweiten Mal auf DVD, diesmal bei "101 Pixel".

Der Film beginnt schon in typischer Neumann-Manier: Der Sanitätsgefreite kommt mit dem Selben Zug in Krems an, wie der heiß ersehnte Erzherzog Rudolf. Als Neumann aus dem Zug aussteigt, wird er für den Erzherzog gehalten und von der Masse entsprechend empfangen. Nachdem das Missverständnis aufgeklärt ist, tritt er seinen Dienst als Vertretung für den Oberstabsarzt Dr. Treppwitz an. Unverhofft wird der Sanitätsgefreite Neumann als Vormund für seine Nichte ernannt. Erst als er sie am Bahnhof abholt, merkt er, dass es sich um eine gut aussehende 18-jährige junge Dame handelt. Diese soll in der Erziehungsanstalt für höhere Töchter unter kommen, die von der Admirals-Witwe von Treptow unter strengem Regiment geleitet wird. Doch stattdessen landet sie ohne es zu wissen im städtischen Bordell. Dort macht sie sehr schnell Bekanntschaft mit dem Erzherzog Rudolf...

Mit bekannten Gesichtern wie Siegfried Rauch, Christiane Rücker, Hubert von Meyerinck, Erna Sellmer oder Ellen Umlauf ist dieser Streifen wie schon angesprochen hochkarätig besetzt. Für die bezaubernde Alexandra Marischka und für Sepp Gneißl war dieser Film sogar der allererste kineastische Auftritt. Regie führte Franz Marischka, der mit diesen Film erste konkrete Schritte in das Sexfilm-Genre gegangen ist. Mit Werken wie "Liebesgrüße aus der Lederhose", "Laß jucken, Kumpel" oder "Sunshine Reggae auf Ibiza" hat er später maßgebliche Werke dieses Genres geschaffen. Marischka war auch am Drehbuch beteiligt, was man auch sofort merkt, denn sein Humor kommt dem der Neumann-Zoten sehr nahe und das konnte er bei diesem Projekt voll und ganz entfalten. Das Ergebnis sind unzählige Anspielungen, Zweideutigkeiten und Frivolitäten, die eine Menge Spaß machen und die diesem Streifen eine authentische Art ganz im Sinne des Sanitätsgefreiten Neumann verleihen. Neben Zweideutigkeiten gibt es in erster Linie viele kulturelle Anspielungen, wenn die Damen des Freudenhauses beispielsweise genauso heißen wie die Damen aus der Operette "Die lustige Witwe" (Lou-Lou, Frou-Frou usw.). Weitere Beispiele: Als der Sanitätsgefreite Neumann am Anfang des Films im Zug sitzt, wird zu ihm gesagt, dass schließlich auch aus einem Gefreiten etwas werden kann, worauf Neumann erwidert "Führer, höchstens Zugführer!". Am Ende des Films sagt der Oberstabsarzt Dr. Treppwitz: "Kaiserliche Hoheit hat mich gerade zum Oberleibsarzt ernannt!" / "Was waren Sie vorher?" / "Unterleibsarzt". Wer auf diese Art von Humor steht, also auf den Neumann-Humor, und wer sich bei anderen Marischka-Filmen gut unterhalten gefühlt hat, wird auch hier wieder seinen Spaß haben.
Bei den männlichen Schauspielern kommt neben Siegfried Rauch und Hubert von Meyerinck gerade Sepp Gneißl gut zur Geltung, der als bayrisches Raubein für zahlreiche Lacher sorgt und mit seiner Schlitzohrigkeit gleichzeitig ein guter Kontrast ist zu den zahlreichen feinen Herrschaften, die in diesem Film zu sehen sind. Dieser Kontrast zwischen der besseren Gesellschaft und dem eher zweideutigen und bodenständigen Humor macht dieses Werk besonders unterhaltsam.

Wer Freund der oben genannten Faktoren ist, der wird mit diesem Streifen nichts falsch machen. "Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann" ist ein kurzweiliger Film, der an manchen Stellen sehr ins klamaukige Fach abrutscht, alles in allem aber handwerklich sehr solide inszeniert wurde. Angefangen bei den Schauspielern über die Kostüme, den Schauplätzen bis hin zur Musik, die von keinem geringeren als Peter Kreuder komponiert wurde und der bei seinen Kompositionen natürlich auf das traditionelle "Sanitätsgefreiter Neumann"-Lied zurückgegriffen hat, wurde alles sehr hochwertig be- und umgesetzt, was dafür gesorgt hat, dass das Ergebnis bei nahezu allen Faktoren überzeugen kann.

"Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann" ist einer der Filme, die als Vorgänger für die Sexstreifen der 70er Jahre gedient haben. Nackte haut und einige Brüste sind schon hier an manchen Stellen zu sehen, alles in allem sind diese Szenen gerade aus der heutigen Sicht als harmlos einzustufen. Der "Sex" ist vielmehr in den Zweideutigkeiten zu finden, die der Film wie besprochen reichlich bietet.

Die Neuveröffentlichung der DVD beinhaltet neben dem Hauptfilm eine Kapitelwahl, eine Bildergalerie und eine ausführliche Trailerschau. Sowohl das Artwork als auch das Menü ist ansprechend gestaltet. Ein Beiheft sucht man leider vergebens und auch das Bonusmaterial hätte mit Sicherheit üppiger ausfallen können. Zum Ausgleich wird die DVD zu einem sehr fairen Preis angeboten, bei dem man zuschlagen muss, soweit man Gefallen an dieser Art von Filmen findet. (sk)

Wertung: 6 von 10 Punkten (6 von 10 Punkten)

Jetzt kaufen

Besuchen Sie unser Forum!

Hinweis: Unsere Kritiken geben logischerweise die Meinung des jeweiligen Autors wieder und sind NICHT zwingend identisch mit der Ansicht der gesamten Redaktion.