Zaungäste der medialen Truppenbetreuung

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Datum: 17.11.2010 | Kategorie: Generation Testbild

In diesem Sommer hat AFN bekannt gegeben, dass die terrestrischen Sender an den Kasernenstandorten in Deutschland nach und nach abgeschaltet werden, die ersten Sender wurden bereits stillgelegt. Damit geht in Deutschland eine "ra zu Ende, die allerdings an einem großen Teil der Bevölkerung vorbeigegangen ist. Die Radiosender der Alliierten Streitkräfte konnten und können dank reichweitenstarker Ultrakurzwellen- und Mittelwellensender von weiten Teilen der Bevölkerung empfangen werden. Auf die Fernsehsender der Alliierten traf dies jedoch nicht zu. Diese haben nur leistungsschwache Sender betrieben, die nur in wenigen Regionen empfangen werden konnten. Somit konnten diese Fernsehsender nur in der Nähe einer Kaserne der Alliierten Streitkräfte empfangen werden. Doch auch das war nicht so einfach, denn diese Sender wurden meistens in einer anderen Fernsehnorm ausgestrahlt, sodass Multinorm-Fernsehgeräte verwendet werden mussten, was in den 1980ern eine Seltenheit war, oder bestehende Fernsehgeräte mussten umgerüstet werden. Dennoch gab es Zuschauer, die bereit waren, viel Geld für den Empfang dieser Fernsehsender auszugeben. Vor allem weit abseits der Landesgrenzen waren die Sender der Alliierten die einzigen fremdsprachigen Sender, die man sehen konnte. Vor allem boten die englischsprachigen Sender die Möglichkeit, Serien und Filme im englischen Originalton anschauen zu können. Diese Möglichkeit hatte man in den 1980ern ansonsten nur in der Nähe der niederländischen, belgischen oder dänischen Grenze, wo man die entsprechenden Sender dieser Länder, in denen Synchronisieren unüblich war, via Antenne empfangen konnte.

Das Fernsehprogramm von AFN ging in Deutschland bereits in den 1950er Jahren auf Sendung. Im Farbfernsehzeitalter wurde in der in den USA üblichen NTSC-Norm gesendet. Mit einem handelsüblichen Fernseher für die PAL-Norm bekam man nur ein verzerrtes Schwarz-Weiß-Bild zu sehen, darüber hinaus fehlte auch der Ton. Hatte man aber die technische Möglichkeit, AFN in Farbe und mit Ton auf dem heimischen Fernsehgerät anzusehen, konnte man unter anderem die Spiele der Super Bowl und andere amerikanische Sportereignisse, aber natürlich auch bekannte amerikanische Shows und Serien bewundern. Man bekam Sendungen zu sehen, die niemals im deutschen Fernsehen liefen oder allenfalls Jahre später. So ganz aktuell war das Programm von AFN allerdings lange Zeit auch nicht. Schließlich mussten die Bänder erst aus den USA nach Deutschland gebracht werden, wo AFN diese dann ausstrahlen konnte. Doch in den 1980ern wurde eine Satellitenverbindung von Los Angeles, wo AFRTS, der Betreiber von AFN, seinen Sitz hatte, nach Europa realisiert. Seit dem konnten aktuelle Sendungen und Ereignisse aus den USA zeitnah oder gar live auf den Bildschirmen der G.I.’s in Deutschland, aber natürlich von den deutschen Zuschauern, die praktisch Zaungäste waren, verfolgt werden. Die US-Streitkräfte legten Wert darauf, dass das Programm möglichst nur die Amerikaner erreichte. In einem Fall hatte die Deutsche Bundespost AFN in ein örtliches Kabelnetz eingespeist, dabei wurde das Signal sogar in PAL umgewandelt. Doch die Kabelkunden hatten nicht allzu lange etwas davon, denn AFN musste aus urheberrechtlichen Gründen wieder herausgenommen werden.

In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin, wo britische Streitkräfte stationiert waren, konnte man an den entsprechenden Standorten den Sender BFBS empfangen. Dieser sendete sein Bild zwar auch wie die deutschen Sender in PAL, jedoch die Tonnorm war eine andere. Somit konnte man zwar mit einem handelsüblichen Fernsehgerät das Bild empfangen, allerdings anstelle des Tons nur Rauschen hören. Die Alternative zum teuren Multinormfernseher war der Einbau eines Konverters in das vorhandene Fernsehgerät durch einen Techniker. Aus einem benachbarten Internetforum erfahren wir, dass eine Osnabrücker Familie damals ihren Fernseher entsprechend umrüsten ließ und der Sohn sich freute, unter anderem das A-Team nun im englischsprachigen Original auf BFBS sehen zu können. Als angenehmer Nebeneffekt verbesserte sich auch seine Englischnote in der Schule. Auch bei BFBS bemühte man sich, den Stationierten möglichst aktuelle Informationen aus ihrer Heimat zur Verfügung zu stellen. Darum stellte man 1983 eine Richtfunkverbindung von Großbritannien nach Deutschland her und seit dem wurden die Nachrichten von ITN und von der BBC jeden Tag live im Fernsehen der BFBS gezeigt. Bevor es diese Richtfunklösung gab, konnte man nur Aufzeichnungen von britischen Fernsehsendungen ausstrahlen.

Ein besonderer Fall war die Stadt Berlin wegen ihres früheren Viermächtestatus. Je nach Wohnort, Antennenaufwand und technischem Aufwand konnte man mehrere Sender der Alliierten Streitkräfte empfangen, das war nur dort möglich. Neben AFN und BFBS sendete in Berlin auch der Sender FFB der französischen Streitkräfte. Programmübernahmen machten einen großen Teil der Sendezeit aus. Anfangs übernahm man das Programm vom inzwischen privatisierten Sender TF1, später wurde das Programm des international ausgerichteten Senders TV5 ausgestrahlt. Zwischenzeitlich übernahm man auch das Programm von Antenne 2. Wie bei AFN ging man auch bei FFB dazu über, das Programm via Satellit zuzuführen. Eine Besonderheit von FFB war auch, dass der Sender ins das Westberliner Kabelnetz eingespeist wurde, was bei AFN und BFBS nicht der Fall war. Im französischen Sektor wurde sogar zusätzlich der französische Privatsender La Cinq eingespeist. Zur korrekten Darstellung benötigte man einen SECAM-fähigen Fernseher. Die SECAM-Norm für das Farbfernsehen hatte man in Frankreich im ansonsten von PAL geprägten Westeuropa aus wirtschaftlichen Gründen durchgesetzt, um die einheimische Geräteindustrie zu schützen. In den Warschauer-Pakt-Staaten und somit auch in der DDR wurde ebenfalls SECAM eingesetzt, die als SECAM-Ost bezeichnete Norm unterschied sich jedoch von der in Frankreich verwendeten Norm. Doch interessanterweise sendete das französische Soldatenfernsehen in Berlin auch in SECAM-Ost, sodass ein korrekter Empfang technisch einfacher war als bei AFN und BFBS. In der französischen Nachrichtensendung "7 sur 7" wurde sogar einmal gezeigt, dass man mit einer drehbaren Dachantenne mitten in Berlin sämtliche Sender der Alliierten empfangen konnte und zusätzlich noch das polnische Fernsehen! Die Interviewten erzählten in diesem Bericht unter anderem, dass sie AFN als am militärischsten und FFB als am zivilsten empfunden haben.

Wenn wir schon vom geteilten Berlin und auch vom geteilten Deutschland sprechen, dürfen wir natürlich nicht vergessen, dass auch die Soldaten der Roten Armee mit Fernsehen versorgt wurden. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurde daher an den entsprechenden Standorten ein Fernsehprogramm ausgestrahlt, das aus der Übernahme des ersten sowjetischen Programms bestand. Nachdem dieses Sendeschluss hatte " der Zeitunterschied zwischen der Mitteleuropäischen Zeit und der Moskauer Zeit beträgt zwei Stunden, sodass dieser in der DDR schon relativ früh am Abend war " wurde noch ein Sonderprogramm für die sowjetischen Streitkräfte gezeigt. Es ist wohl wenig darüber bekannt, welchen Stellenwert das sowjetische Fernsehprogramm bei den DDR-Bürgern, die es empfangen konnten, hatten. Zwar lernte man in der DDR in der Schule Russisch, dennoch möchte ich vermuten, dass das Fernsehen für die Rote Armee bei Weitem nicht den Reiz hatte, den AFN und BFBS auf die Zuschauer in Westdeutschland ausüben konnten. Vielleicht mag es manchem eine bessere Russischnote in der Schule beschert haben, ähnlich wie bei unserem Osnabrücker, aber schließlich zeigte auch DDR 2 gelegentlich Filme im russischen Original.

Nun werden viele Leser denken, das war es mit dem Fernsehen der Alliierten in Deutschland, weil nun alle vier Siegermächte abgehandelt wurden, doch weit gefehlt! Zu erwähnen wäre da noch CFN aus Lahr, der Sender der kanadischen Streitkräfte, der sein Programm sowohl in Englisch als auch in Französisch ausstrahlte. Vielen Deutschen wird es vermutlich nicht einmal bekannt gewesen sein, dass auch belgische Soldaten in Deutschland stationiert waren. Wo dies aber der Fall war, wurden auch zwei Fernsehsender ausgestrahlt, einer in niederländischer, der andere in französischer Sprache. Das Programm wurde vom jeweiligen ersten Programm der beiden Rundfunkanstalten BRT und RTBF komplett übernommen, zusätzlich wurde noch ein spezielles Programm für die Streitkräfte ausgestrahlt. Doch an den meisten Standorten war die Sendeleistung so gering, teilweise im einstelligen Wattbereich, sodass man diese Sender wohl kaum außerhalb des Kasernengeländes noch empfangen konnte. Doch es gab auch etwas leistungsstärkere Sender, sodass etwa im Stadtgebiet von Köln das belgische Soldatenfernsehen ganz gut zu empfangen war. Viele Fernsehzuschauer aus dem Raum Köln glaubten vermutlich sogar, dass sie die Sender direkt aus Belgien empfangen haben könnten. Im Zweifelsfall konnte man es am Testbild erkennen. Im wallonischen Teil Belgiens wurde der Senderstandort samt Kanalangabe in das Testbild eingeblendet, beim Soldatenfernsehen in Deutschland wurde das entsprechende Feld im Testbild einfach leer gelassen. Einen Vorteil hatten die Sender der belgischen Streitkräfte aber gegenüber den meisten anderen erwähnten Sendern. Sie sendeten in der gleichen Norm (PAL-B) wie die deutschen Sender und waren mit herkömmlichen Fernsehgeräten zu empfangen. (jh)