Die Verschwörung des Fernsehers gegen seine Besitzerin

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Datum: 17.02.2010 | Kategorie: Mein Partner, der Fernseher

Mein Fernseher hat meinen Laptop bezirzt und sich mit ihn gegen mich verbündet, ich bin mir ganz sicher. Vermutlich hat mein geliebter Röhrenbildschirm gemerkt, dass er mit seinen ewigen Klagen darüber, dass ich ihn meist nur als Hintergrundbeschallung verwende, bei mir auf taube Ohren stößt. Da hielt er es wohl für nötig, zu anderen Mitteln zu greifen, und das obwohl ich erst vor Kurzem bewiesen habe, dass es mir wirklich ernst mit ihm ist. Mein Vater wollte mir nämlich zu einem prächtigen großen Fernseher verhelfen, mit dem mein kleiner Liebling beim besten Willen nicht mithalten kann. Und obwohl der Gedanke, die Fußballspieler auf dem Bildschirm endlich einmal richtig erkennen zu können, sehr verlockend war, blieb ich meinem alten Fernseher mit seinen niedlichen 36 Zentimetern Bildschirmdiagonale treu. Und was ist der Dank dafür? Er zieht sich zu geheimen Beratungen mit meinem Laptop zurück uns startet mit ihm eine fiese Verschwörung.

Eigentlich habe ich nämlich gar keine Zeit zum bewussten Fernsehen. Nach der Arbeit schalte ich das Gerät zwar ein, aber nur um müde zu werden und einzuschlafen. Früher hatte ich wenigstens noch zwei feste Fernsehtermine in der Woche, am Dienstag Dr. House auf RTL und am Donnerstag Big Love auf TNT Serie. Bei beiden laufen gerade aber nur Wiederholungen, und da kann es schon einmal sein, dass ich eine Folge verpasse. Na gut, mein Fernseher hat schon recht, eigentlich verpasse ich alle Wiederholungsfolgen. Also hat mein Fernseher dafür gesorgt, dass mich mein Laptop auf die Seiten einer Online-Videothek lockt, die gerade ein zweiwöchiges Probe-Abo anbietet. Und nicht nur das, bei der Filmauswahl wurde ich so manipuliert, dass ich mich bei einem meiner zwei kostenlosen Filme für eine Serie entschied, nämlich für "Die Tudors". Nun liebe ich Kostümfilme, bin historisch interessiert, störe mich nicht an der dramaturgischen Verdrehung geschichtlicher Fakten und würde Jonathan Rhys Meyers auch dann noch anschauen, wenn er nur stundenlang Rauchkringel in die Luft blasen würde. Ich weiß, aus dem Alter sollte ich langsam raus sein, aber wer mit etwas unter Dreißig noch Überraschungseier liebt, genießt ohnehin Narrenfreiheit. Nun sitze ich also daheim und habe plötzlich nicht nur mein Paket nach der Probezeit weiter behalten, sondern es auch noch durch eine Flatrate ersetzt. Schließlich muss ich ja wissen, wie es weiter geht, obwohl ich das natürlich genau so gut im Internet nachlesen könnte. In Ordnung, erwischt, das habe ich sogar schon gemacht. Ich will es aber trotzdem noch sehen. Daher bin ich inzwischen davon überzeugt, das Fernsehserien von Fernsehern entwickelt wurden, die sich einsam und vernachlässigt fühlten und an diesem Zustand endlich etwas ändern wollten. Und um uns wehrlose Zuschauer zu manipulieren, vergessen sie auch gerne einmal ihre Feindschaft mit anderen Geräten, zum Beispiel Laptops, und schließen sich mit ihnen zusammen, um uns die Zeit zu stehlen, die ihnen ihrer Meinung nach zusteht. Das Schlimmste daran ist, dass wir uns das auch noch mit Begeisterung gefallen lassen. (ck)