Matsch auf der Mattscheibe

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Datum: 15.11.2009 | Kategorie: Generation Flachbild

Das digitale Fernsehen wird häufig mit guter Bild- und Tonqualität gleichgesetzt. In der Theorie ist das natürlich auch möglich, man muss nur an die mögliche Schärfe und Farbintensität beim hochauflösenden HDTV-Format denken. Aber auch im herkömmlichen SDTV-Format kann eine sehr hohe Bildqualität erreicht werden. Auch beim Ton hat man theoretisch mehr Möglichkeiten, denn man kann den Ton in Dolby Digital 5.1 oder in DTS ausstrahlen und dabei auch noch mehrere Tonspuren verwenden, während beim analogen Fernsehen nur Stereoton möglich ist und mehrere Tonspuren nur eingeschränkt einsetzbar sind. So wundert es auch nicht, wenn das digitale Fernsehen von Infrastrukturanbietern wie etwa Kabelnetz- oder Satellitenbetreibern immer mit der vermeintlich hohen Qualität beworben wird. Der Vorteil des digitalen Fernsehens ist die verlustfreie Übertragung, so dass das Bild beim Zuschauer immer in der gleichen Qualität ankommt, wie es ausgesendet wird. Man hört zwar von technikaffinen Analog-Zuschauern immer wieder, dass auch ein analoges Bild eine sehr gute Qualität haben kann, aber faktisch kommt das analoge Bild bei vielen Zuschauern nur mit Qualitätsverlust an. Besonders beim Kabelfernsehen in großen Mietshäusern, wo das Analog-Bild eine weite Strecke durch lange Antennenkabel zurücklegen muss, bis es beim Zuschauer in der Wohnung ankommt.

Digital bedeutet einerseits verlustfreie Übertragung, aber die Frage ist, welche Qualität das Ausgangsmaterial hat. Schließlich muss das digitale Signal erst erzeugt oder besser gesagt encodiert werden. Digital kann hohe Qualität bedeuten, muss aber nicht, denn man kann das Signal auch komprimieren, was dann logischerweise zu Qualitätsverlust führt. Ein analoger Kanal hat eine feste Bandbreite, beim digitalen Fernsehen werden jedoch auf einem früher analog genutzten Kanal mehrere digitale Kanäle verbreitet, die sich die Bandbreite teilen. Hier gilt, je höher die Datenrate, umso besser theoretisch die Bild- und Tonqualität. Die tatsächliche Qualität hängt wiederum vom Encoder ab. Das bedeutet natürlich auch, dass niedrigere Datenraten weniger Übertragungskosten für die Sender bedeuten. Die öffentlich-rechtlichen Sender, vor allem Das Erste und das ZDF, sparen nicht an Datenrate und haben dementsprechend ein wirklich gutes Bild. Aber bei vielen Privatsendern möchte man anscheinend lieber bei den Übertragungskosten sparen, weil man als privates Unternehmen ja schließlich ökonomisch handeln muss. Das macht sich dann natürlich auch bei der Bildqualität bemerkbar. Da können sich bei schnellen Bewegungen im Bild schon mal Blöcke bilden, bei anderen Sendern wird das Bild wiederum weichgezeichnet. Besonders bei kleineren Spartensendern fällt dies auf, aber nicht nur dort. Selbst bei teurem Pay-TV wie etwa von Sky beschweren sich viele Zuschauer über die teilweise schlechte Bildqualität. Sogar bei den HDTV-Sendern sind viele Zuschauer nicht mit der Qualität zufrieden.

Das an der Bild- und Tonqualität gespart wird, fällt aber vor allem bei vielen ausländischen Sendern auf, insbesondere bei den unzähligen Sendern aus aller Welt, die man über Satellit empfangen kann. So haben etwa viele italienische Lokalsender eine geradezu unterirdische Bildqualität, das gleiche gilt für die zahllosen Sender aus dem Nahen Osten. Nicht nur das Bild ist dort oft miserabel, auch der Ton klingt wie aus dem Telefon oder aus dem Blecheimer. Man kann schließlich Bild und Ton bis zum Gehtnichtmehr herunterkomprimieren, wenn man so wenig Übertragungskosten wie möglich zahlen möchte. Manchmal wird auch das vorhandene Analog-Signal einfach in ein digitales encodiert, wobei dann schon mal analoges Rauschen mit umgewandelt wird.

Egal, ob man das digitale Fernsehen über Kabel oder über Satellit empfängt, man wird nicht einmal genau hinschauen müssen, um festzustellen, dass nur ein Teil der Sender davon eine wirklich gute Bild- und Tonqualität hat. Vor allem auf Flachbildfernsehern mit großer Bilddiagonale fallen diese Defizite am stärksten auf, dort ist es manchmal nicht mehr feierlich. Es ist also häufig Augenwischerei, wenn man pauschal von digitaler Qualität spricht, denn die digitale Technik beinhaltet auch eindeutig die Möglichkeit der gezielten Qualitätsreduzierung. Von dieser Möglichkeit wird gerne ohne Rücksicht auf die Zuschauer Gebrauch gemacht. Teilweise können sich die Sender wirklich keine Ausstrahlung in guter Qualität leisten, aber in vielen Fällen möchte man einfach nur sparen, was dann auch ein Zeichen dafür ist, dass man auf Qualität offensichtlich keinen Wert legt und seine Zuschauer für anspruchslos hält. Aber viele Fernsehzuschauer dürften auch in der Tat ziemlich anspruchslos sein, was die Bild- und Tonqualität betrifft. Eigentlich sollte man meinen, dass mit der zunehmenden Verbreitung großer Flachbildfernseher in den Wohnzimmern auch die Qualitätsansprüche steigen, aber andererseits hört man auch immer wieder, dass viele Besitzer solcher Fernsehgeräte tatsächlich noch analoges Fernsehen auf diesen Geräten schauen.

Aber es ist nicht nur das Fernsehen, das die möglichen Qualitätsstufen eines digitalen Videosignals nicht immer ausnutzt oder gar gezielt unterschreitet. Von Möglichkeiten der Kompression, um die Datenmengen zu reduzieren, wird im Bereich digitales Video allzu häufig Gebrauch gemacht, vor allem im Internet. Insbesondere auf Videoplattformen wie YouTube bekommt man häufig Videos in einer unterirdischen Bild- und Tonqualität zu sehen. Würde man sich solche kaputtkomprimierten Videos auf einem großen Flachbildfernseher anschauen, würden einem die Augen schmerzen. Was digitales Fernsehen und Video betrifft, so gibt es die gegenläufigen Tendenzen, dass man einerseits nach immer höheren Auflösungen und immer besserer Qualität strebt, was man bei der Entwicklung von HDTV und BluRay sehen kann, aber andererseits entwickelt man immer mehr Codecs zur Kompression und zur Reduzierung der Datenmenge, damit man Videos auch auf dem Handy oder dem PDA anschauen kann oder auf portablen Datenträgern austauschen kann. Dieses Nebeneinander von Handy-Displays und Riesenbildschirmen ist der große Widerspruch unseres heutigen digitalen Zeitalters. (jh)