Marcel Schenk

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Fernsehansagen gehörten lange Zeit zum Alltag im deutschen Fernsehen. Der Kölner Marcel Schenk hält mit seiner Website www.fernsehansager.com die Erinnerung an die Menschen, die uns einst Tag für Tag durch das Programm führten, wach. Für TV-Kult beantwortete uns Marcel Schenk in einem Fragebogen einige Fragen zu seinem besonderen Interesse für Fernsehansagen und auch zu seiner eigenen Tätigkeit als Moderator.

Redaktion: Woher kommt Deine Begeisterung für Fernsehansagen?

Nun, ich bin mit den Ansagen noch "aufgewachsen"... wenn ich als Kind oder Jugendlicher vor dem Fernseher saß, kam da zwangsläufig auf allen Programmen (so viele gabs ja noch nicht) immer eine Ansagerin und sagte mir, was es heute sonst noch schönes im TV zu sehen gibt.

Redaktion: Wann bist Du auf die Idee gekommen, eine Fan-Seite zum Thema Fernsehansagen zu erstellen?

Eigentlich viel zu spät, erst nachdem das ZDF die Ansagen im Mai 2000 eingestellt hatte, wollte ich eine Seite im Internet schaffen, auf der alle Ansage-Interessierten eine Sammlung von Erinnerungsbildern und Kurzvitas finden. Ich hoffe, das ist mir gelungen?

Redaktion: Du hast ja auch Kontakt zu vielen ehemaligen Ansagern, wie sind diese Kontakte zustande gekommen?

Ja, ich bin dankbar, dass Gregor König, Heidrun von Goessel, Claudia Melters, Dénes Törzs und einige andere sich die Zeit genommen haben, um in vielen Gesprächen und persönlichen Treffen ein wenig aus ihren langjährigen Ansage-Erlebnissen zu erzählen und mir somit einen Einblick hinter die Kulissen ermöglichten. Dadurch sind gute Kontakte entstanden, für die ich nicht genug danken kann!

Redaktion: Zu welchen Ansagern hast Du heute noch regelmäßigen Kontakt?

Gregor König (RTL), Claudia Melters (ZDF), Karin Jacoby (SAT.1), Sabine Appelhagen (Pro7), Heidrun von Goessel (NDR) und Dénes Törzs (NDR).

Redaktion: Hast Du unter den zahlreichen ehemaligen Ansagern persönliche Favoriten?

Allerdings. Ich war 12 Jahre alt, als Gregor König bei RTLplus den freien Ansageposten von Uwe Hübner übernahm. Und ich war von Anfang an begeistert, wie frisch und modern er die Ansagen gestaltete. Er war so völlig anders als die Damen und Herren der anderen Sender - das fand ich grandios. Mit 12 wollte ich so sein wie Gregor. Später dann, als RTLplus die Ansagen einstellte und nur noch Trailer sendete, wurden mir die exzellenten Ansagen von Dénes Törzs immer präsenter.

Redaktion: Welche Ansager waren Deines Wissens nach bei den Zuschauern am beliebtesten?

Birgit Schrowange und Babette Einstmann vom ZDF kamen bei den Zuschauern immer sehr gut an, ebenso natürlich die NDR-Gesichter Hanni Vanhaiden und Dénes Törzs. Aber auch Heidrun von Goessel hat sich ins Gedächtnis der Zuschauer gebrannt. Sie wird noch heute, viele Jahre nach ihrer letzten NDR-Ansage, mit den Programm-Moderationen "des Dritten Programms" in Verbindung gebracht - so als wäre sie noch heute jeden Abend nach der Tagesschau zu sehen.

Redaktion: Was macht Deiner Meinung nach eine gelungene Fernsehansage aus?

Man sollte den Zuschauer persönlich ansprechen (das vermögen 99% der Trailer NICHT), ihm Lust auf die nächste Sendung machen aber nicht allzuviel aus dem Inhalt verraten, um die Spannung zu belassen.

Redaktion: Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass die Fernsehansagen nach und nach abgeschafft wurden und wo haben sich die Fernsehansagen am längsten gehalten? Hat es nach der Abschaffung der Fernsehansagen Proteste gegeben?

Viele denken, das RTL als erster Sender die Ansagen abschaffte - es gab aber bereits in den 80er Jahren Versuche beim WDR, im Dritten Programm die Ansagerinnen durch Programmtafeln zu ersetzen. Die BILD Zeitung berichtete damals darüber und ließ auch die betroffenen Damen zu Wort kommen. RTLplus war dann aber der erste Sender, der sich 1991 von den Ansagern komplett trennte. SAT1 sendete zu dem Zeitpunkt noch Ansagen, hörte aber einige Monate später auch auf. Bei den Privatsendern war Pro7 das Programm, wo sich die Damen und Herren am längsten gegen die Trailer behaupten konnten. Alexander Mazza und seine Kolleginnen sagten bis 1998 regelmäßig im Abendprogramm an. Die ARD verzichtete ab 1997 im Abendprogramm auf Ansagen, ebenso das WDR Fernsehen.
Für den ARD-Vorabend "Studio Eins" produzierte der WDR aber noch bis vor einem Jahr noch Live-Ansagen.
Das ZDF war der Sender mit den wohl populärsten Ansagerinnen im deutschen Fernsehen. Die "Mainzelmädchen" waren bis Mai 2000 im Einsatz, Angelika Wende sprach die allerletzte ZDF Ansage. Ihre Kolleginnen Claudia Melters und Heike Maurer stehen noch bis heute als Lotto-Feen fürs Zweite vor der Kamera. Proteste der Fernsehzuschauer gegen die Abschaffung der Ansagen gab es immer mal wieder. Aber gegen wertvolle Werbebuchungen und einen "optimierten" Programm"Flow" können auch E-Mails und Briefe nicht immer erfolgreich sein.

Redaktion: Glaubst Du, dass viele Zuschauer die Ansagen vermissen?

Die hohen Besucherzahlen meiner Fanpage belegen zumindest eindeutig, das die AnsagerInnen nicht vergessen sind und aus den E-Mails die mich erreichen geht eindeutig hervor, das man sich Ansagen vor bestimmten Sendungen zurückwünscht!

Redaktion: Was ist eigentlich aus den meisten der ehemaligen Ansager geworden, nachdem die Fernsehansagen abgeschafft wurden?

Das kann pauschal nicht beantwortet werden. Einige sind "ihrem Sender" treu geblieben und haben andere Aufgaben übernommen. Sei es als Off-Sprecher wie Gregor König bei RTL oder als Lottofee fürs ZDF (Heike Maurer). Andere haben dem Fernsehen ganz den Rücken gekehrt, sind zum Radio gewechselt oder haben völlig andere Berufe abseits der Medien ergriffen.

Redaktion: Du verfügst über eine große Sammlung an Fernsehansagen aus dem In- und Ausland, befinden sich darunter besonders exotische oder außergewöhnliche Ansagen?

Es sind eigentlich zu 95% Ansagen aus Deutschland, und auch da vermehrt aus den letzten Jahren vor Ansage-Einstellung. Aber es finden sich unter den Live-Ansagen immer mal wieder kuriose und amüsante Szenen. Da platzt bei Dénes Törzs ein Scheinwerfer während der Ansage, oder aber Angelika Wende hat im ZDF noch einen Schokoriegel in der Hand. Das ist "live" und menschlich, sowas bietet kein Trailer.

Redaktion: Ist Dir bekannt, in welchen Ländern es heute noch regelmäßig Fernsehansagen gibt?

Die italienische RAI hat noch vereinzelt Ansagerinnen im Einsatz, in Schweden wird bei vielen Sendern angesagt.

Redaktion: Stehst Du in Kontakt zu anderen Ansagen-Fans und gibt es so etwas wie ein Netzwerk von Ansagen-Fans?

Durch meine Fanpage sind einige Kontakte entstanden, von einem "Netzwerk" zu sprechen wäre aber vielleicht übertrieben.

Redaktion: Glaubst Du, dass es im deutschen Fernsehen in Zukunft noch einmal Fernsehansagen geben wird?

Es gibt immer wieder kleine Ansätze, die aber durchaus vielversprechend sind und auch gut bei den Zuschauern ankommen: Kabel 1 führte in den 90ern sogenannte "Programm Jockeys" (analog zu den VJs bei MTV) ein und liess das Abendprogramm ansagen, VIVA erklärte die TV Ansage zum Kult und führte eine eigene Ansagerin im Tagesprogramm ein. Aber auch aktuell hatten Sender viel Freude am experimentieren: So haben Tele5 und Das Vierte 2008 begonnen, TV Ansagen vor Spielfilmen zu senden. Allerdings wurden all diese Versuche auch wieder eingestellt. Aktuell gibt es Ansagen im deutschen Fernsehen bei TIMM (dem Berliner Männersender), Filmwelt.TV (Pay TV) und es gibt eine moderierte Programmvorschau bei SKY, die man in dieser Auflistung durchaus auch positiv erwähnen kann.

Redaktion: Du bist heute selber als Moderator tätig, waren für Dich bei Deinem Werdegang auch gewisse Ansager Vorbilder?

Durchaus. Ich habe eine Sprecherausbildung bei Christiane Stein und Markus Tirok gemacht. Beide sind als Ansager beim ARD "Studio Eins" tätig gewesen. Gregor König steht mir als RTL-Profi auch heute noch mit Rat und Tat zur Seite.

Redaktion: Falls es in Zukunft tatsächlich einmal wieder Fernsehansagen geben sollte, würdest Du auch selber gerne als Fernsehansager tätig sein?

Was für eine Frage: Natürlich! Wo sind die Sender, die es sich trauen? Bitte melden :)

Redaktion: Wo kann man Dich zur Zeit als Moderator sehen oder hören? Wirst Du auch auf den Fernsehbildschirmen präsent sein?

Aktuell hört man mich im Radio als Reporter des Jugendmagazins "Sternzeit" im Domradio Köln und als Moderator bei cityREdio 96.8 FM in Recklinghausen. Des weiteren moderiere ich auf Live-Events wie z.B. das Medienfest.NRW 2009 in Köln, das Benefiz Aufeinander Zugehen 2009 im Westerwald oder Nachwuchsbandwettbewerbe. Für eine Web-TV Agentur moderiere ich kleinere Produkt-Clips. Also wer weiß, vielleicht sieht man sich irgendwann wirklich auf dem "großen Bildschirm"? Ich würde mich freuen!

Der Beitrag wurde am 27.10.2009 von jh verfasst.

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