Metropolis Uraufführung

Es ist eine Weltsensation: Metropolis, einer der einflussreichsten Filme der Weltgeschichte, ist endlich wieder nahezu vollständig. Pünktlich zur Berlinale feierte die Neufassung des Science-Fiction-Meisterwerks am Freitag, den 12. Februar 2010 zeitgleich im Berliner Friedrichstadtpalast, in der Alten Oper in Frankfurt und am Brandenburger Tor jeweils vor knapp 2000 Leuten Premiere. Zur selben Zeit wurde dieses Event live auf dem Kultursender ARTE ausgestrahlt. Wir von TV-Kult hatten die Möglichkeit, live in Frankfurt am Main dabei zu sein.


Kaum waren wir in Frankfurt angekommen, mussten wir feststellen, dass neben Berlin die Bankenmetropole Frankfurt definitiv die perfekte Stadt ist, Metropolis aufzuführen. Die Wolkenkratzer, die an allen Ecken in den Himmel schießen, erinnern sehr an Fritz Langs Stummfilmklassiker.


Abgesehen von einen roten Teppich und einigen Scheinwerfern, ließ nichts an der Alten Oper darauf schließen, dass an diesem Abend dieses einmalige filmische Event in diesem alt-ehrwürdigen Gebäude stattfinden wird. Erst beim Betreten des Foyers bekam man Bilder aus dem Film zu sehen und die Spannung wuchs. Pünktlich um 20:15 Uhr ging es los und ein Vertreter des ZEIT-Magazins sprach die ersten Worte. Er erzählte dem Publikum, dass er es kaum glauben konnte, als er die Nachricht hörte, dass in Argentinien die verschollen geglaubte Version von Metropolis gefunden worden war. Die ersten Gedanken, die ihm nach dieser Nachricht durch den Kopf schossen, waren, dass dies entweder eine Weltsensation sei oder die Hitler-Tagebücher des ZEIT-Magazins werden würden. Es wurde eine Sensation und dies wurde den Zuschauern in der Alten Oper immer mehr bewusst, auch wenn zu Beginn der Veranstaltung die Stimmung so gut war, dass man schon Angst haben musste, dass das Ganze ins Lächerliche gezogen wurde. Schließlich handelte es sich um eine wichtige Veranstaltung bei der auch zum Beispiel Roland Koch, der Ministerpräsident des Landes Hessens zu Wort kam. Als dies dem Publikum angekündigt wurde, ging ein leichtes Raunen und anschließendes Gelächter durch die Reihen. Viele kleine weitere Momente sorgten für gute Stimmung, doch nach und nach wurde das Publikum in der Alten Oper immer andächtiger.


Nachdem Helmut Poßmann, der die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung vertrat, eine Rede gehalten hatte, betrat Paula Félix-Didier, die Direktorin des Filmmuseums in Buenos Aires, die Bühne und erzählte von ihrem großartigen Fund. Der Filmsammler Fernando Martin Peña, der ebenfalls für diesen Abend eingeplant war, konnte aus familiären Gründen kurzfrisitg leider nicht kommen, dafür war das Gespräch mit Frau Félix-Didier umso interessanter. Sehr entzückend war es, als sie am Ende des Gespräches ihren Fotoapparat auspackte, um vom Publikum und von der Bühne einige Fotos zu schießen. Nach einer Live-Schaltung nach Berlin und der heiß ersehnten Ansprache von Roland Koch, ging es dann pünktlich um 20:45 Uhr los: Die Uraufführung der neuen Metropolis-Fassung.


Schon vor der Aufführung wurde den Zuschauern gesagt, dass die Qualität des argentinischen Materials bei weitem nicht so gut ist, wie die der 2001er Fassung. Dies stimmt leider auch: Nicht nur, dass viele Unreinheiten und Bildfehler vorhanden waren, auch Teile des Bildrandes fehlten, weil die argentinische Fassung nicht von einer 35mm-Filmrolle, sondern von einer 16-mm-Filmrolle stammt, die in den 70er Jahren auf dieses schlechtere Format umkopiert wurde. Trotzdem war es großartig, diese Szenen sehen zu dürfen.


Das Besondere an diesem Abend waren aber nicht nur die ehemals verschollenen Szenen, sondern auch, dass der Film mit Musik des Staatsorchesters Braunschweig live untermalt wurde. Es war wahrlich epochal und ich bekam schon bei den ersten Tönen eine Gänsehaut am ganzen Körper. Es war beeindruckend und ich hätte niemals gedacht, dass ein Stummfilm eine solche Wirkung auf den Zuschauer haben kann. Es war eine große Freude, sich in die Geschichte zu vertiefen und noch nie zuvor hat mich eine Filmmusik so maßgeblich mitgerissen. Die Fülle an fehlenden Szenen, die neu eingesetzt wurden, wurden im Verlauf des Filmes immer mehr. Im Auftakt des Filmes waren es nur einige Kleinigkeiten, die man neu zu Gesicht bekam und die zum Teil nur einige wenige Augenblicke des Filmes ausmachten. Im Zwischenspiel wurden es dann immer mehr und wesentliche Szenen kamen zum Vorschein, die bislang gänzlich unbekannt waren und den Zuschauern sehr viel mehr Aufschluss über den Inhalt des Films und Langs Intentionen vermittelte. Die Folge war, dass es nach dem Zwischenspiel einen ersten deutlichen Applaus gab. Das letzte Drittel des Filmes wurde mehr und mehr zu einem Genuss und das Unverständnis über die damalige Verstümmelung des Filmes teilte sich mit der Freude, dieses Meisterwerk in dieser fast vollständigen Form im Jahre 2010 endlich wieder genießen zu dürfen.


Leider fehlten noch immer zwei Szenen, die jedoch in Betracht auf diese neuen knapp 30 Minuten sehr gut zu verkraften sind. Es handelt sich dabei um eine Szene im Dom, wenn man den Pfarrer predigen sieht und eine andere Szene am Ende des Films, als Joh Fredersen den Erfinder Rotwand niederschlägt. Das Tolle daran ist jedoch, dass dies beides Szenen sind, die man inhaltlich nachvollziehen kann. In der 2001er Fassung fehlen zahlreiche Szenen, die man nur richtig verstehen kann, wenn man diese auch sieht. So wurde an diesem Freitagabend so vieles plötzlich sehr viel logischer, sehr viel mehr flüssiger und runder. Die Begeisterung über diese Tatsachen erfüllte unzählige Menschen in Frankfurt, Berlin und an den Fernsehbildschirmen. Als man auf der Leinwand nach dem Sinnspruch des Filmes das Wort ENDE sah und das Orchester dies musikalisch mit einem regelrechten Donnerhall unterstrich, brachen in der Alten Oper in Frankfurt Begeisterungsstürme aus und es gab einen nicht enden wollenden Applaus. Viele der Besucher hielt es nicht auf ihren Sitzen und die Gänsehaut kam zum wiederholten Male zurück.


Es war ein großartiger Abend! Metropolis ist endlich zurück und dieser Fund bzw. dieses Ereignis gibt Hoffnung, dass die Rückkehr dieses Meisterwerks kein Einzelfall bleiben wird und dass noch andere als verschollen geglaubte Filme in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wieder auftauchen werden. Auch wenn die Qualität nicht sonderlich gut ist: Der Film ist nun endlich fast vollständig gerettet und die nächsten Jahre und Jahrzehnte wird es mit Sicherheit möglich sein, dieses Meisterwerk vollständig zu restaurieren.


Autor: Sebastian Kuboth

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