Aus dem Tagebuch einer 17jährigen

In den späten 70er und frühen 80er Jahren war Jürgen Enz neben einigen anderen Kollegen einer der wichtigsten deutschen Regisseure in der Porno-Branche. Zahlreiche Filme unterschiedlicher Couleur stammen von ihm. Darunter befinden sich sowohl komödiantische als auch ernstere Stoffe. Ein Film, der es jüngst auf das Medium DVD schaffte, ist der Streifen "Heiße Schnecken", der in der Softfassung auch unter dem Namen "Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" bekannt ist und unter diesem Titel nun bei WVG Medien erstmals auf DVD heraus gebracht wurde.


Der Film erzählt die Geschichte einer jungen Teenagerin, die sich auf der Suche nach der Liebe und sich selbst befindet. Nachdem sie sich von ihrem 38-jährigen Freund getrennt hat, mit dem sie nach dem Verlust ihrer ersten Liebe zusammen kam, beginnt für sie eine Phase der Selbstfindung, die geprägt ist von erotischen Abenteuern. Die junge Frau merkt, wie sie langsam reifer wird und immer mehr ins Leben tritt. Die nächste Liebe und die nächste Enttäuschung lassen nicht lange auf sich warten...


"Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" ist ein sehr pathetischer Film, das wird gerade durch die Monologe der Hauptfigur sichtbar, die man im Verlauf des Filmes zu hören bekommt. So beginnt die Geschichte mit den hochtrabenden Worten: "Warum gibt es die Liebe, wenn sie so weh tut? Warum ist alles schon zu Ende, bevor es angefangen hat?". Durch ruhige und erotische Momente und einer gewissen Grundmelancholie bekommt der Streifen in Zusammenarbeit mit den Monologen ein seriöses und stilvoll wirkendes Gesamtbild, das natürlich an vielen Stellen überzogen und unglaubhaft wirkt, der unterm Strich angenehme Eindruck des Zuschauers wird dadurch aber kaum getrübt.


Gestärkt wird dieser positive Gesamteindruck dadurch, dass Enz mit Sylvia Engelmann und ihrer Filmpartnerin Yvonne Marroth zwei sehr charismatische und gut aussehende Hauptdarstellerinnen gefunden hat. Aber auch Margit Rauthe und die anderen männlichen und weiblichen Darsteller passen gut in den Film. Aus heutiger Sicht ist gerade das Flair der späten 70er Jahre besonders interessant. Die Mode, der Lebensstil und auch die damalige Art und Weise einen (Porno-)Film zu inszenieren sind reizvoll und sorgen im Vergleich zu modernen Produktionen für viel Abwechslung. Am Ende sollte man natürlich vor einem überstürzten Kauf sich noch einmal vor Augen halten, dass es sich um einen Soft-Porno handelt. Ein Handlungsstrang und eine aufwändige Produktion stecken zwar dahinter und sorgen dafür, dass sich der Film deutlich abhebt von modernen Produktionen des Genres, doch am Ende geht es hier hauptsächlich um Sexszenen, die im Vergleich zu manch anderen 70er- und 80er-Jahre Sexfilmen und Pornos, in denen es eher lustig zur Sache geht, jedoch sehr ansprechend und ästhetisch inszeniert wurden.


Ein gewisser Trash-Faktor kann man diesem Film aber auch nicht absprechen. Dieser wird hauptsächlich durch Claude Raphael erzeugt, der "Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" mit einem schmalzigen Schlagersong namens "Young Love, Hot Love" versehen hat. Auch bei dem Jürgen-Enz-Film "Der Sexbaron von St. Pauli" hat Claude Raphael als Musiker mitgearbeitet und ein Lied zu dem Streifen beigesteuert. Bei diesem Film hat die Musik noch gut gepasst, weil es ein witziger Song zu einem lustigen Streifen war, bei "Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" hat Claude Raphael, der auch heute noch unter dem Namen Adrian Falk als schmalziger Schlagersänger tätig ist, versucht, einen nachdenklichen und ruhigen Schlager zu schreiben, was für ein merkwürdiges überzogenes Sehvergnügen sorgt. Irgendwie unterstützt der Film das 70er-Jahre-Flair und wertet ihn noch einmal auf, dadurch dass der Song so extrem schmalzig geschrieben und interpretiert wurde, kann man das Lied und streckenweise auch den ganzen Film nicht sonderlich ernst nehmen. Andererseits macht diese Trash-Note das Ganze auch irgendwie interessant und erhöht definitiv den Unterhaltungswert.


Im Trailer von "Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" wird der Film damit beworben, dass er "voll Poesie und Romantik" ist, was oberflächlich betrachtet auch stimmt. Jedoch geht dies an manchen Stellen durch überzogene Inszenierung, die oftmals durch die Monologe die Musik ausgelöst wird, auch nach hinten los. Alles in allem kann man den Film allen Genreinteressierten empfehlen. Das liegt vor allem daran, dass Jürgen Enz bei der Inszenierung dieses Pornos viel Wert auf Erotik und Ästethik gelegt hat. Das hat die Folge, dass von der Original-Hardcore-Fassung bis zur Soft-Version lediglich knapp fünf Minuten geschnitten wurden, was bei dieser Soft-Fassung eine Gesamtspielzeit von knapp 73 Minuten ausmacht. Anders als bei vielen anderen geschnittenen Pornos bekommt man hier also keine hektischen und störenden Schnitte zu sehen, sondern einen durchweg schlüssigen und flüssigen erotischen Spielfilm, der auch so manchen prickelnden Moment zulässt.


Im Rahmen der "Erotik Classics"-Reihe von WVG-Medien ist "Aus dem Tagebuch einer siebzehnjährigen" nun neu unter dem Titel "Aus dem Tagebuch einer 17jährigen" auf den Markt gebracht worden. Die DVD kann sich sehen lassen und wurde ansprechend und sauber gestaltet. Auch hier muss man wieder lobend erwähnen, dass man für die Covergestaltung Original-Kinoartwork verwendet hat. Im Inneren der Hülle findet man ein Beiblatt mit weiterführenden Informationen über die "Erotik Classics"-Reihe. Auf der DVD findet man im passend gestalteten Menü eine Trailerschau, die über weitere Filme der eben erwähnten DVD-Reihe informiert. Weitere Extras und weiteres Informationsmaterial wäre natürlich wünschenswert gewesen, jedoch wäre eine Umsetzung sehr aufwändig gewesen, deswegen muss man sagen, dass die Macher offensichtlich ihr bestes gegeben haben, den Film in würdigem Rahmen neu zu veröffentlichen. Alles andere hätte vermutlich höhere Preise als Folge gehabt.


Alles in allem ist "Aus dem Tagebuch einer 17jährigen" eine gelungene DVD-Veröffentlichung eines sehr interessanten Soft-Pornos, der erfreulich viele positive Aspekte aufweist und gerade rückblickend aus heutiger Sicht besonders interessant ist. Natürlich hat auch dieser Streifen einige Schwachstellen, was aber zum Teil den Nostalgie- und Trash-Faktor noch ein wenig erhöht und dadurch etwas mehr Abwechslung ins Spiel kommt. Freunde des Genres können hier schon einmal zugreifen.


Wertung: 6 von 10 Punkten
Autor: Sebastian Kuboth
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