Der Doppelgänger

Die Ondra-Lamac-Produktionsfirma hat es in der Zeit des frühen deutschen Tonfilms geschafft, zahlreiche heitere und trotzdem spannende und unterhaltsame Kinofilme zu produzieren, die auch heute noch begeistern können. Gerade die heute sehr modern wirkende Erzählweise ist für die damalige Zeit alles andere als selbstverständlich gewesen. Das sorgt dafür, dass die Filme alles andere als angestaubt wirken und auch im neuen Jahrtausend noch für tolle Filmabende sorgen können.


Ein Beispiel ist der Film "Der Doppelgänger" aus den Jahren 1933 und 1934. Nachdem die Ondra-Lamac-Film in den Jahren 1931 und 1932 mit den Streifen "Der Zinker" und "Der Hexer" nach drei deutschen Stummfilmen nun auch die ersten beiden Tonfilme, die frei nach den Krimis von Edgar Wallace erwählt wurden, produziert hatten, legten sie direkt mit dem nächsten Stoff nach. Jedoch sollte "Der Doppelgänger" der letzte deutsche Edgar-Wallace-Film für knapp 25 Jahre werden. Dabei sind alle drei Wallace-Tonfilme dieser Zeit auf ganzer Linie sehenswert! "Der Doppelgänger" setzt sich aber von seinen beiden Vorgängern ein wenig ab. Denn während "Der Zinker" und "Der Hexer" mysteriöse Krimis waren, die mit einer gesunden Portion Humor ausgestattet wurden, muss man "Der Doppelgänger" wohl eher als kriminalistische Verwechslungskomödie bezeichnen. Das macht diesen Film zu etwas Besonderen und zu einen wahren Schatz des deutschen Tonfilms.


Die Geschichte handelt vom jungen Fräulein Jenny Miller, die auf dem Weg nach London ist. Sie hat nämlich erfahren, dass ihr Erbe veruntreut worden ist und möchte aus diesem Grund ihren Onkel und gleichzeitig Vermögensverwalter Harry Selbury besuchen, um Auskunft darüber zu bekommen. Ihr Onkel beweist zwar, dass das Geld nicht veruntreut wurde, dafür benimmt er sich äußerst merkwürdig. Außerdem wird er von einem Detektiv überwacht und als wenn das nicht schon genug wäre, stellt sich heraus, dass seine Liebschaft Germaine de la Roche ein Lockvogel für einen Gauner ist, der als "Der Doppelgänger" berühmt geworden ist. Als Onkel Harry wieder daheim ankommt und sich anders verhält als vorher, keimt in Jenny Miller ein schlimmer Verdacht auf...


Unter der Spielleitung des Lustspiel-Spezialisten E. W. Emo ist in diesem Film eine Riege von wundervollen Schauspielern zusammengekommen, die das Publikum fast 90 Minuten lang vorzüglich unterhält. Dazu gehören die Legenden Theo Lingen, Fritz Odemar, Josef Eichheim, Georg Alexander oder auch Gerda Maurus. In der weiblichen Hauptrolle glänzt mit ihren Charme die damals knapp 30-jährige Camilla Horn.


Dieses Ensemble ist mit einem tollen Drehbuch ausgestattet bzw. mit viel Spontanität, Witz und Charme, denn ich kann mir gut vorstellen, dass die lustigen Dialoge und die Situationskomik nicht immer geplant waren. Der Krimifaktor kommt natürlich auch nicht zu kurz und so kriegt man als Zuschauer eine wundervolle Mischung aus Humor und Spannung geboten und wird bestens unterhalten.


Es ist also höchste Zeit, dass dieser Klassiker nun endlich auch käuflich zu erwerben ist. Ermöglicht hat dies die Firma Spirit Media, die mit ihrer Reihe "Schätze des deutschen Tonfilms" in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Perlen ans Tageslicht gefördert hat. Dazu gehört auch dieser Krimiklassiker!


Wie auch schon bei den anderen DVDs der Reihe kriegt man wieder ein edles und ansprechendes Äußeres geboten. In der schwarzen Hülle findet man ein Einlegeblatt, das auf der Vorderseite mit einer tollen Titelgestaltung versehrt ist. Zu sehen kriegt man eine schöne Collage aus dem Film, sowie der originale Schriftzug. Auf der Rückseite sind weitere Fotos aus dem Film abgebildet,außerdem kriegt man alle wichtigen Daten serviert, sowohl zum Film (z.B. Stabliste, Schauspielerliste, wichtige Produktionsdaten und eine Inhaltsangabe) als auch zur DVD. Das Innere der Hülle ist wieder einmal sehr kahl. Man sieht außer der DVD wieder nur das schwarze Plastik der Hülle. Auf ein Beiheft oder Beiblatt hat man wieder komplett verzichtet. Alternativ hätte man auch ein Programmheft oder Plakat der damaligen Zeit nachdrucken können.


Auf der DVD selbst kriegt man ein tolles animiertes Menü geboten, das den Zuschauer wunderbar auf den Hauptfilm einstimmt. Neben den Film und eine Kapitelauswahl gibt es wieder eine Extra-Rubrik. Darin findet man verschiedene Texte, wie zum Beispiel Filminfos, Biographien und Filmographien der wichtigsten Personen, sowie eine Bildergalerie und einen Programmhinweis in Form von DVD-Trailer der anderen Tonfilm-Klassikern. Was ich vermisste sind Bonusfilme oder Interviews, sowie Untertitel für Hörgeschädigte.


Die Bild- und Tonqualität ist dem Alter entsprechend erstaunlich gut. Natürlich kann man hier keine perfekten Bilder und keinen perfekten Ton erwarten, trotzdem gibt es kaum Einschränkungen im Sehvergnügen. Als kleines Schmankerl hat man den Film mit einen Abspann versehen, den es im Originalen natürlich nicht gab. Dort kriegt man nochmal alle wichtigen Namen aufgelistet. Untermalt ist dieser Abspann mit einem Zeitgenössischen Lied über Edgar Wallace.


Abschließend bleibt zu sagen, dass "Der Doppelgänger" ein wundervoller Film ist, den man nahezu uneingeschränkt empfehlen kann. Jeder, der für klassische Stoffe offen ist, wird hier einen großen Spaß haben. Gerade für Wallace-Fans sollte dieser Film Pflicht sein, nicht zuletzt handelt es sich hier um ein Stück Zeitgeschichte. Aber auch die Handlung, der Witz, die Inszenierung und die Schauspieler können überzeugen. Die DVD-Umsetzung ist zwar alles andere als Perfekt, trotzdem kriegt man hier ein solides Produkt geboten, was in dieser Form nicht selbstverständlich ist.

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