Beiträge von Hutter

    Siehst du bei den DEFA-Filmen das gleiche Problem? Mir kommt es immer so vor, als wenn die recht unverkrampft angeschaut würden und Wertschätzung erfahren. Es kann natürlich auch sein, dass ich da zu sehr von Joe Hembus und Christa Bandmann beeinflusst worden bin. Die beiden haben ja kein Problem damit, den künstlerischen Wert von DEFA-Filmen anzuerkennen. Ich weiß allerdings nicht, ob das in anderen filmhistorischen Büchern genauso ist.


    Übrigens hat mich Heinz Welzel damals auch ermuntert Carl Raddatz anzuschreiben. Aber der muss zu seinem Lebensende wohl ziemlich verbittert gewesen sein. Ein Freund von mir und ich haben es unabhängig voneinander versucht. Der Freund von mir hat nach vielen Wochen einen "Antwortbrief" bekommen, der wohl nur aus einem Halbsatz bestand. Ich habe gar keine Antwort bekommen.

    In manchen Fällen braucht man genug zeitlichen und politischen Abstand, um Dinge neu/anders/wertfrei Einstufen und bewerten zu können. So kann ich mir vorstellen, dasss viele UFA- und auch DEFA-Filme in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ganz neue Neuerweckungen erfahren werden.

    Das ist auch für mich eine unglaublich komplexe und schwierige Frage. Jetzt, wo ich mir den Brief noch einmal so genau angeschaut habe, sehe ich das wieder etwas anders als vorher. Es läuft letzten Endes aber immer wieder darauf hinaus, dass man jedem Menschen zunächst einmal zugesteht, als Mensch wertvoll zu sein. Und das darf man bei allem Beurteilen, allen Schlussfolgerungen und was auch immer, nie aus den Augen verlieren. Das mag sich jetzt als Phrase anhören, aber wenn ich mich mit jemandem persönlich beschäftige, lande ich immer wieder bei diesem Ausgangspunkt.

    Ich persönlich mochte Karl Ritter noch nie, die Filme von ihm sind mir auch alle sehr suspekt. Er hat sein Regiedebüt mit dem Film "Weiberregiment" gemacht, das ist einfach nur ganz großer, frauenfeindlicher Dünpfiff. Die Filme, die danach kamen, sind nicht viel besser. Das Regieverbot kann ich gut nachvollziehen (ohne zu wissen, weshalb er das Verbot bekam :) .

    Ich habe von Karl Ritter auch nur Negatives gehört. Und wie gesagt, es ist zu lange her, dass ich "Urlaub auf Ehrenwort" gesehen habe, um das jetzt noch beurteilen zu können. Bei Heinz Welzel schwingt auf alle Fälle sehr viel Persönliches in seinen Antworten mit. Es wird sehr deutlich, dass es ihn betrübt hat, dass er immer nur unter dem Aspekt des Mitwirkenden in Propagandafilmen gesehen wurde. Indirekt schreibt er sogar wörtlich, dass ihm mein Interesse gut tut. (Er bezieht sich zwar in seiner Antwort auf Carl Raddatz, aber es ist eindeutig, dass er damit eigentlich sich selber gemeint hat.)
    Nach dem, was Vogel Specht geschrieben hat, gehe ich jetzt davon aus, dass wohl einige Parallelen zu Rolf Moebius da waren. Sie beide sind halt im Endeffekt unterschiedlich damit umgegangen. Rolf Moebius wollte nicht mehr darüber sprechen, und Heinz Welzel hat sich geöffnet als er gemerkt hat, dass ich ehrliches Interesse an ihm habe.

    Leider habe ich Heinz Welzel damals den Brief geschickt ohne ihn vorher zu kopieren. Deshalb kann ich nicht mehr alle Antworten nachvollziehen. Aber er schreibt er gehe davon aus, "daß Idee und Drehbuch eine ehrlich zeitbezogene Aussage wollten." Der Sinn des Filmwerks war für ihn "daß jeder Urlauber auf Ehrenwort nach individueller Nutzung dieser Zeit allein durch innere Ehre aus Selbstachtung sein Ehrenwort wieder einlöst." Er betont, dass die Nebenschausplätze nicht ideologisiert wurden. (In dem Film hat ja jeder Urlauber auf Ehrenwort seine eigenen individuellen Erfahrungen während dieser Zeit. Das meint Heinz Welzel mit 'Nebenschauplätzen'.) In seinem Begleitschreiben steht: "Es wird mindestens noch 2 Generationen dauern, daß Sie aufgeschlossene Mitbewunderer für ein Filmwerk wie 'Urlaub auf Ehrenwort' finden werden." Ich glaube nicht, dass er "Urlaub auf Ehrenwort" nur als Unterhaltung gesehen haben wollte, sondern durch die einzelnen persönlichen Charakterzeichnungen als etwas Tiefergehenderes. Nachdem es allerdings so lange her ist, dass ich den Film gesehen habe, kann ich das nicht mehr beurteilen.

    Ich habe gelesen, dass sie etwa zehn Jahre jünger als ihre Schwester war. Und irgendwo im Netz steht auch ein (gar nicht mal so kurzer) Text von ihr, wo sie (glaube ich) vor allem auf die Persönlichkeit ihrer Schwester (möglicherweise als Jugendliche) eingeht. Ich finde ihn zwar grad nicht, aber ich habe ihn neulich erst gelesen. (Wahrscheinlich steht dort auch, dass Dorrit Weixler ihr Rollenprofil überhaupt nicht mochte, aber halt darauf festgelegt war. Irgendwo hab ich das auf jeden Fall her.) Mehr habe ich über Grete Weixler allerdings nicht gefunden. Autogrammkarten gibt es recht viele von ihr.


    Ich habe den Eindruck, dass sich die Spuren von Schauspielern, die nur in den 10er und frühen 20er Jahren gespielt haben, sehr leicht im Dunkel der Geschichte verlaufen. Die Ausnahmen sind tragischerweise die, die sich umgebracht haben.
    Wenn das stimmt, was auf steffi-line über Thea Sandten steht, wäre der Fall ja wirklich besonders heftig - Hauptdarstellerin und urplötzlich verschwunden:
    http://www.steffi-line.de/arch…0b40/420_sandten_thea.htm

    Was du schreibst, finde ich wirklich interessant, denn von der Seite habe ich das noch nie gesehen. Bei Heinz Welzel war es nämlich ein bisschen ähnlich. Er hat sich bei meinem Anruf als ein Freund von sich ausgegeben, aber sehr offen mit mir geredet. Er hat halt jede Aussage immer mit einem Ausdruck wie "Herr Welzel sagt..." eingeführt. Von ihm habe ich dann auch eine sehr ausführliche Antwort bekommen, die ich grad mal rausgekramt habe. Er hat mir sogar vorher noch eine Karte geschickt, auf der steht, er habe von meinem 'interessanten Anruf unverzüglich Kenntnis bekommen', habe meinen 'freundlichen Brief mit den wißbegierigen Fragen vorliegen' und bitte um etwas Geduld, weil er für seine Antwort etwas Zeit brauchen werde.
    Ich glaube es hat ihn traurig gemacht, dass seine Filme aus der UFA-Zeit immer nur unter dem Aspekt der Nazipropaganda gesehen werden und er nie als Filmkünstler gesehen wurde. Ich finde das im Nachhinein auch ziemlich traurig, denn er schreibt auch, dass er eine Rolle in "Legion Condor" abgelehnt habe und dann von 'GvHeimat zu GvFeld umgestuft' wurde und sofort Soldat wurde.
    Jetzt im Nachhinein kann ich sagen, dass das mein schönster Kontakt war, eben weil er so emotional war. Das kann man in seinem Brief immer noch deutlich spüren. Jetzt, wo ich das schreibe, würde ich übrigens gerne mal wieder "Urlaub auf Ehrenwort" sehen. Das ist glaub ich der einzige Film von ihm, wo ich ihn bewusst gesehen habe. Es wird in seinem Brief auch sehr deutlich, dass er ihn als Filmkunstwerk und nicht als Propaganda gesehen haben wollte. Er schreibt Karl Ritter 'ordnete alles dem Sinn des Filmwerks unter'.


    Übrigens, was war GvHeimat und GvFeld eigentlich genau? Und kennst du seine Rolle in "Titanic"? Da spielt er ja auch mit, und den Film hätte ich hier.

    Ein Freund und ich hatten vor vielen Jahren mal ein Buch nach dem Motto "Those who died young" ins Auge gefasst. Da sollten Kurzbiographien von Schauspielern, die vor ihrem 46. Geburtstag gestorben sind, rein. Allerdings ist das Projekt irgendwann eingeschlafen. Ich weiß auch nicht, ob man heutzutage sowas noch braucht. Eigentlich kann man ja alles im Internet abrufen.

    Im Rahmen ihrer Murnau-Retrospektive zeigt das Filmmuseum München am 12. Februar "Die Zwölfte Stunde", eine Tonfilmbearbeitung von "Nosferatu". Dafür wurden Szenen nachgedreht, damit der Film ein Happy-End kriegt:
    http://www.muenchner-stadtmuse…dd9b7f4af0f88cfa284aef4f7
    Nachdem die Retrospektive bereits jetzt schon ein so großer Erfolg war, wie ich gelesen (und als Anwesender auch schon erlebt ;) ) habe, könnte es sich empfehlen, dieses Mal Karten vorzubestellen.

    Ich würde in diese Liste der "verschwundenen Stars" auch sämtliche Personen aus der Liste der noch lebenden UFA-Stars nehmen, von denen man nicht weiß, wann sie verstarben oder ob sie noch am Leben sind.


    Da gäbe es bestimmt einiges Spannende zu entdecken. Außerdem sind ja vor allem aus den 10er Jahren zahllose ehemalige Stars wie vom Erdboden verschluckt, wie Hedda Vernon oder Grethe Weixler, die du ja auch schon einmal in Zusammenhang mit ihrer Schwester erwähnt hast. Oder irgendjemand schlägt ein Todesjahr vor, und andere schreiben es ab. Das wird hier so schön deutlich:
    http://www.imdb.com/name/nm0872326/bio
    Der Autor scheint gar nicht gemerkt zu haben, dass er zwei Todesjahre vorschlägt ;)
    Unglaublich spannend finde ich auch den Fall Lien Deyers. Bei ihr steht ja häufig, sie sei 1982 verstorben, aber bei Wikipedia steht, dass es aus diesem Jahr lediglich das letzte Lebenszeichen von ihr gibt, als sie Heinz Rühmann zum 80. Geburtstag gratuliert hat.
    Bis vor ein paar Jahren war Loni Nest ja ein ähnlicher Fall.

    Das ist zum einen Renate Kasche, die in den Lausbubengeschichten-Filmen in den 60er Jahren die Schwester des Hauptdarstellers spielte. Danach in den 70er Jahren in einigen Sexfilmen mitwirkte. Und dann hörte man nichts mehr von ihr. Vor über zehn Jahren (15 Jahren?) wurde über sie - ich glaube es war hier im Forum - schonmal gesprochen. Danach bekam ich eine anonyme E-Mail (ggf. von ihr selbst?), die ich irgendwo noch habe. Darin hieß es, dass sie gutsituiert im Ausland lebt, weitere Recherchen bitte unterlassen werden sollen. Da ich sowieso keine Rechercheansatzpunkte habe/hatte, habe ich mich daran gehalten ;)

    Das kann sehr gut sein, dass sie das persönlich war. Mir ist ähnliches nämlich auch mal passiert.
    Früher, als viele ehemalige Ufa-Schauspieler noch gelebt haben, standen sie oft im Telefonbuch, und ein paar habe ich einfach angerufen um mit ihnen über ihre Erfahrungen in der NS-Zeit zu reden oder um sie zu fragen ob ich ihnen schreiben und ein paar Fragen stellen dürfe. Und mit Rolf Moebius ist es mir damals ähnlich gegangen wie dir mit Renate Kasche. Als ich bei ihm angerufen habe, hat er mir freundlich gesagt, er hieße zwar wie der Schauspieler, aber er sei es nicht. Nach einiger Zeit habe ich ihm dann einfach geschrieben um zu schauen, ob ich eine Antwort bekomme. Die kam zwar nicht, aber er hat mich zuhause angerufen um mir genauso freundlich wie beim ersten Telefonat zu sagen, er sei nicht der Ufa-Schauspieler Rolf Moebius.
    Ich weiß nicht genau was die Motivation hinter solchen Aktionen ist. Ob hier ein paar Nachrichten über Renate Kasche ausgetauscht werden oder nicht, kann ihr ja eigentlich total egal sein. Und Rolf Moebius hätte das mit dem Brief auch egal sein können. Er gibt einfach keine Antwort und hat seine Ruhe.
    Vielleicht genießen solche Schauspieler es, sich noch einmal ein wenig als Stars fühlen zu dürfen. Normalerweise ist diese Zeit ja schon längst vergangen und es interessiert sich niemand mehr für sie.

    Gibt es eigentlich noch Filmmaterial mit Eva May? Ich habe schon oft gelesen, wie talentiert sie gewesen sein soll, aber gesehen habe ich sie noch nie.


    Übrigens: Von Der Zinker gibt es doch eine Fassung, die vor einigen Jahren auch im Fernsehen gelaufen ist, die 2009 musikalisch nachsynchronisiert wurde, weil das 1931 noch nicht möglich war. Wie geht es dir eigentlich damit? Mir kommt das immer als sehr problematischer Eingriff vor und bin froh, dass auf DVD auch die ursprüngliche Fassung herausgebracht wurde.

    Mein Gedächtnis ist grad losgerattert :):
    Lya Borré ist mir eingefallen. Sie ist im Januar 1920 an der spanischen Grippe gestorben. Laut Wikipedia war sie keine 30 Jahre alt. Vor einigen jahren hat das Münchner Filmmuseum den Film Nerven als DVD veröffentlicht. Da hatte sie eine große Rolle.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Lya_Borr%C3%A9
    An Lya de Putti (geboren 1897) hatte ich auch nicht mehr gedacht. Sie hat 1931 einen Hühnerknochen verschluckt und ist an den Folgen der Verletzung gestorben.
    http://media.liveauctiongroup.…9_1.jpg?v=8CEAE49C50603D0
    Ressel Orla aus Fritz Langs Die Spinnen ist 42jährig verstorben. Im Internet habe ich nur gefunden, der Grund sei eine schwere Krankheit gewesen. Heute würde das ja bedeuten, dass sie Krebs hatte, aber ich weiß nicht, ob das auch schon für 1931 gilt.
    https://farm1.staticflickr.com…9848830515_c2acb70fb5.jpg
    Edith Posca hat sich 1931 38jährig das Leben genommen. Ihr Mann, der Regisseur Lupu Pick, war kurz davor 45jährig gestorben.
    http://i876.photobucket.com/al…csnap2010011610h09m48.jpg
    http://images.delcampe.com/img…n/000/308/396/000_001.jpg

    Gilda Langer (1896-1920) ist ja immer noch ein gewisser Mythos. Deshalb war ich neulich ziemlich überrascht als ich gelesen habe, dass bis vor einigen Jahren kein bewegtes Bild mit ihr bekannt war:


    http://gildalanger.de/bangalor-1a.htm


    Weiß jemand ob es Vergleichbares auch bei anderen Filmschaffenden gibt? Also einen großen Bekanntheitsgrad und positiven Ruf ohne dass Filmmaterial erhalten ist?

    "Schauspieler die nicht alt gewporden sind, hinterlassen meist einen
    gewissen Mythos. Oft auch die Jugendlichkeit, die sie ausgestrahlt haben
    und die so unverblasst geblieben ist." (Vogel Specht)


    Das finde ich auch. Es bleibt unglaublich viel Raum für eigene Phantasien


    Danke für deinen netten Empfang :)


    Elfriede Heisler ist mir gerade noch eingefallen. Der Name war mir bis vor ein paar Tagen vollkommen unbekannt:
    http://www.steffi-line.de/arch…/193_heisler_elfriede.htm