US-Wahlkampf 2016 - Trump/Clinton

  • Ich arbeite im Online Marketing. Ich kümmere mich also zum Beispiel um die Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest etc. Seiten von Unternehmen. Unter anderem lese ich da auch sehr viele Kommentare und da kommt diese Thematik, was man nun sagen darf oder was nicht, immer wieder auf. Irgendwo habe ich ja auch schon mal geschrieben, dass ich eine Zeit lang bei ZEIT online gearbeitet habe. Dort habe ich die Kommentare unter den Artikeln moderiert. Gerade während der Trump-Wahl ein sehr heikles Feld.

  • Was ich eine erschreckende Entwicklung finde: Ich habe 2 Neffen - beide im Grundschulalter. Und von beiden habe ich negative Äußerungen in Bezug auf Trump gehört, ohne, dass sie zu den Themen einen Wissenshintergrund haben können. Zumal das keine einfachen erwähnungen oder allgemeinen Äußerungen waren, sondern es war in einen Fall beleidigend und im anderen Fall war es eine Pauschalverurteilung.
    Ich kann mich nicht erinnern, dass man mir in der Kindheit politische Meinungen, Tendenzen, Hetzereien oder ähnliches vermittelt hätte. Ich weiss nicht ob das vom sozialen Umfeld, aus den Medien oder aus der Schule kommt, aber das finde ich eine bedenkenswerte Entwicklung.
    Es mag das sicher auch schon immer gegeben haben, aber dass ich das an zwei direkten Beispielen mitbekommen habe, ist ein Indiz dafür, dass das keine Seltenheit heutzutage ist.


    Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind neben Boris Becker und Theo Lingen auch versucht habe Helmut Kohl nachzumachen. Das lag aber wohl mehr an der Sendung "Hallo Deutschland" (hieß die so? mit den Puppen?). Das wars aber auch schon. Ansonsten war ich einfach nur Kind. Dass Kinder mit solchen Themen auf dieser Ebene in Berührung gebracht werden, erinnert mich an andere Systemmodelle.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Ich denke mal, dass das heutzutage anders ist. Ich habe lustiger weise heute morgen darüber nachgedacht. In West-Berlin war das damals schon anders, da wurdest du automatisch mit Politik konfrontiert, weil hier ja praktisch Geschichte stattfand, jeden Tag. Und natürlich hörten wir auch manchmal DDR-Radio, wenn dort gute Musik lief. Dabei hieß es in den Nachrichten einmal, dass Konrad Adenauer schuld daran sei, dass die Mauer gebaut wurde. Ich fragte meinen Vater, ob das stimmt, was er verneinte. Weiter begründet hat er dies nicht.


    So wird es auch heute sein. Wenn du Nachrichten hörst oder liest, dann erst einmal nur diese eine. Warum das so ist, wie es berichtet wird, ob es überhaupt so ist - wer weiß?


    Macht sich jemand die Mühe, das anderswo nachzulesen? Wenn ja, wist du feststellen, der Wortlaut ist der gleiche, die geben sich nicht einmal die Mühe, es wenigstens mit eigenen Worten wiederzugeben. Und je nach dem, was man vernimmt, glaubt man auch.


    Das ist auch meine urtiefste berufliche Erfahrung. Die Leute fragen jeden: den Fahrlehrer, den Prüfer, den Milchmann, den Frisör und was weiß ich nicht noch wen. Wenn sie uns dann fragen, die es am besten wissen (sollten), glauben sie uns nicht mehr.


    Und so ist es auch im täglichen Leben. Meinungsvielfalt ist trotzdem gegeben, aber die Bereitschaft, sich überzeugen zu lassen, ist immer gering. Wir beide haben das hier schon so oft ausgefochten, wir beide wissen Bescheid. :thumbup:


    Deine Neffen werden da auch keine Ausnahme machen. Aber dass sie sich mit Politik beschäftigen, ist absolut richtig und sollte aus meiner Sicht voll unterstützt werden. Der Tag, an dem sie ihre Meinung auf Wissen aufbauen können, kommt auch noch, mal dir da mal keine Sorgen. :)

  • Zitat

    Ich kann mich nicht erinnern, dass man mir in der Kindheit politische Meinungen, Tendenzen, Hetzereien oder ähnliches vermittelt hätte.

    Ich wurde im Kalten Krieg erzogen und habe die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs erlebt. Ich kann mich extrem gut an genau das erinnern. Das Schwierige war, dass es bis zu zwanzig Jahre gedauert hat bis mir klar wurde, dass einiges von dem, was ich damals bedenkenlos geglaubt habe, nichts anderes als genau das war: Hetze!


    Wobei ich schon finde, dass es wichtig ist, Kinder politisch zu erziehen. Immerhin werden über kurz oder lang 16jährige wählen gehen dürfen. Aber es muss auf dem Boden des Grundgesetzes sein und zu politischer Selbstständigkeit führen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Jugendliche lernen, politisch verantwortungsbewusst denken und urteilen zu können.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • @NoNick
    Vielen Dank für Deine Ausführungen. Sehr interessant! Und das kann ich mir gut vorstellen, dass das in Berlin nochmal anders lief. Zumal es natürlich auch immer auf den Einzelfall ankommt, in welcher Familie man lebt oder welche Dinge unter Freunden so gequatscht wird.
    Mein Problem bei der Sache ist eben, dass es sich hier nicht um sachliche Informationen handelt - die bei Trump natürlich nicht immer sonderlich glorifizierend ausfallen würden. Das was ich eben mitbekommen habe würde in das Fach Hetze fallen. Und das finde ich bedenklich, wenn man Kinder so etwas vermittelt. Aber wie schon gesagt, das könnten sie auch von Freunden haben, die es wieder durch Medien erfahren haben beispielsweise.
    Jedenfalls gäbe es reichlich Personen aus der Politik über die ich nicht gerade Schönes sagen würde, aber wenn ich etwas Kindern vermitteln würde in der Hinsicht, würde ich es versuchen sachlich zu tun und nicht im Rahmen von Beleidigungen und Hetze.


    Austernprinzessin
    Auch Danke für Deine Ausführungen. Auch Interessant die Aussage bzgl. Hetze


    Allgemein:
    Ja man sollte Kinder - ich denke dasa spätere Grundschulalter ist da auch ein guter Startzeitpunkt - an gesellschaftliche und politische Themen heranführen. Es sollte nur eben keine Hetze sein, sondern sachlich und fundiert ausfallen.


    Wenn ich viele interessierte (von den uninteressierten spreche ich mal nicht - die machen aber wohl die Mehrheit aus) junge Menschen miterlebe, bin ich positiv gestimmt, was das Wahlalter 16 angeht - da das aber die Minderheit ist, viele uninteressiert sind oder erstmal unreflektiert das übernehmen, was das nähere Umfeld sagt - und in Hinsiht darauf, dass das menschliche Gehirn erst mit 21 fertig entwickelt ist, wäre ich eher für ein späteres Wahleintrittsaltera ls für ein früheres.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Zitat

    Wenn ich viele interessierte (von den uninteressierten spreche ich mal nicht - die machen aber wohl die Mehrheit aus) junge Menschen miterlebe, bin ich positiv gestimmt, was das Wahlalter 16 angeht - da das aber die Minderheit ist, viele uninteressiert sind oder erstmal unreflektiert das übernehmen, was das nähere Umfeld sagt - und in Hinsiht darauf, dass das menschliche Gehirn erst mit 21 fertig entwickelt ist, wäre ich eher für ein späteres Wahleintrittsaltera ls für ein früheres.

    Ich habe auch gehört, dass junge Leute wieder zunehmend Interesse an Politik haben sollen. Ich weiß aber nicht ob das wirklich so ist :/ Aber ich geb dir recht: 16 Jahre ist mir auch zu früh zum Wählen und 18 eigentlich auch :/

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Also prinzipiell ist es "Typsache". Manche sind mit 60 noch so drauf, dass ich hoffe, dass sie nicht wählen dürfen sollten (unabhängig von der direkten politischen Meinung), manche finde ich mit 13 schon unglublich reif in der Hinsicht.


    Aber eine Regelung muss es ja geben. Von daher haben wir da wohl die gleiche Meinung.


    Ich konsumiere über YouTube extrem viel politische Themen, da kriege ich natürlich auch die jungen Leute mit. Ob das Insgesamt ansteigt weiss ich nicht, aber so sehr wie die Politik immer mehr in den Alltag dringt, würde mich das nicht wundern.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Zitat

    Manche sind mit 60 noch so drauf, dass ich hoffe, dass sie nicht wählen dürfen sollten (unabhängig von der direkten politischen Meinung)

    Das ist leider richtig! X(

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Wie auch immer - die erste politische Meinung bekommt man von den Eltern und übernimmt diese auch zunächst. Ob das nun gleich Hetze ist oder nicht, wer will das beurteilen?


    Tatsache ist: Trump ist ein Betriebswirtschaftler, kein Volkswirtschaftler. Dass er die amerikanische Wirtschaft an die Wand fahren wird, davor wurde schon im Vorfeld der Wahl gewarnt. Und dass es auch so kommen wird, ist jetzt schon absehbar. Der Fall des Konfliktes mit der Türkei zeigt, dass er dabei die ganze Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen und zudem noch verteidigungspolitischen Schaden anrichten kann.


    Das hat mit Hetze nichts zu tun, sondern könnte jederzeit durch Wirtschaftsfachleute bestätigt werden.


    Hetze in der Politik habe ich persönlich selten wahrgenommen, der Begriff wird mir ehrlich gesagt auch zu inflationär benutzt. Vielmehr gibt es Leute, die - zumindest bei der Opposition ist das oft wahrnehmbar - eigentlich kein Argument dagegen haben und deshalb mit blumigen Worten Kritik üben. Aber das kommt beim Wahlvolk gut an.

  • Wie auch immer - die erste politische Meinung bekommt man von den Eltern und übernimmt diese auch zunächst. Ob das nun gleich Hetze ist oder nicht, wer will das beurteilen?

    Wie gesagt, ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen, und ein Teil meiner Familie ist aus Schlesien geflohen. Viel, was da noch alles passiert und abgelaufen ist, weiß ich nicht und werde ich auch nicht mehr herausfinden können. Aber wenn sich ein Kind selber darüber klar werden muss, dass der Zweite Weltkrieg kein Krieg "liebe Soldaten" (Deutsche) gegen "böse Soldaten" (Alliierte) war, keine Episodenfolge an Abenteuern, bei denen immer die fairen "lieben Soldaten" gegen die hinterhältigen "bösen Soldaten" gewonnen haben, oder wenn er selber herausfinden muss, dass Russen nicht per se Frauen- und Kinderschänder sind, dann würde ich schon sagen, dass dieses Kind Hetze ausgesetzt war.


    Und du hast absolut recht: Politisch geprägt wird man von den Eltern, und das wird man grundlegend. Was mir Anfang der 80er Jahre in der Schule politisch mitgeteilt wurde, habe ich immer zuerst an den Aussagen meines Vaters gemessen. Bevor ich was übernommen habe, habe ich ihn gefragt, ob das stimmt oder nicht. Von der Schule habe ich Sachinformationen mitgenommen, aber keine einzige politische Meinung. Die Distanz dazu habe ich mir im Laufe der Zeit hart erarbeitet.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Hetze in der Politik habe ich persönlich selten wahrgenommen, der Begriff wird mir ehrlich gesagt auch zu inflationär benutzt. Vielmehr gibt es Leute, die - zumindest bei der Opposition ist das oft wahrnehmbar - eigentlich kein Argument dagegen haben und deshalb mit blumigen Worten Kritik üben. Aber das kommt beim Wahlvolk gut an.

    Diese Aussage kannst du doch sicher wasserdicht machen, oder? Bis dahin bleibt sie nämlich auch nichts anderes als eine Behauptung und vielleicht sogar Unterstellung ;)

    Mir geht es dabei vor allem um diesen Satz:

    Zitat

    Vielmehr gibt es Leute, die - zumindest bei der Opposition ist das oft wahrnehmbar - eigentlich kein Argument dagegen haben und deshalb mit blumigen Worten Kritik üben.

    Es kann natürlich auch sein, dass ich ihn falsch verstanden habe. Ich stoße mich am Begriff die Opposition, und ich möchte gerne wissen, weshalb gerade dort ohne Unterschied der einzelnen Parteien ein Mangel an Argumenten sein soll und bei den Regierungsparteien nicht. Dann würde ich nämlich nicht verstehen, weshalb es gerade dort im Moment so viele Spannungen gibt.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

    3 Mal editiert, zuletzt von Austernprinzessin ()

  • Das kann man eigentlich an jeder Opposition festmachen. Wer immer gerade nicht in der Regierung sitzt, hat selten wirklich nachvollziehbare Argumente, warum es besser wäre, sie bei der nächsten Wahl in die Regierung zu wählen.


    Wie kann ich das "wasserdicht" machen? Gar nicht! Es ist nur ein Eindruck, den ich im Laufe der Jahrzehnte gewonnen habe. Und wenn ich mir die Tagesschau-Sendungen vor 20 Jahren heute mit Abstand ansehe (vor 20 Jahren wurde Helmut Kohl abgewählt), dann bestärkt mich dieser Eindruck: Kohl sagt in der Bundespressekonferenz, dass nach der Wahl, so die Union wiedergewählt würde, die Steuern gesenkt werden. Anschließend zählt Lafontaine auf, welche Steuern die Union anheben wolle, fünf oder sechs Steuern, von der bei Kohl überhaupt nicht die Rede war.


    Besonders deutlich wurde mir das später bei Frank-Walter Steinmeier. Als Außenminister eine glatte 1, als Oppositionsführer eine totale Fehlbesetzung. Kein vernünftiges Wort der Kritik habe ich jemals von ihm gehört, nur blumige oder markige Worte. Der kann nur Regierung, Opposition kann er nicht.


    Aber was soll's! Guten Argumenten steht der Konsument, auch der politische, selten aufgeschlossen gegenüber. Ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, ihn mit konstruktiver Kritik zu verwirren.


    Austernprinzessin: Wenn du mir in dem Punkt so nicht zustimmen magst, ist das schon okay. Auch Vogel Specht sieht das wohl anders als ich, sonst würde ihn die angebliche oder auch tatsächliche Hetze nicht so sehr beschäftigen.

  • Auf die politischen Aussagen gehe ich mal nicht ein.


    Aber bei mir ist es tatsächlich so, dass ich bis heute nicht weiss, was meine Eltern jemals gewählt haben. Im weiteren familiären Umfeld waren einzelne Personen in den klassischen Parteien im kleinen Rahmen aktiv (Also waren Mitglieder und so), aber die direkte Familie aus der ich stamme ist unglaublich unpolitisch (auch im privaten Alltag) - das weitere Umfeld war es auch weitestgehend, jeder hat halt sein Leben gelebt und politisch gabs für viele Leute über mehrere Jahrzehnte wenig Grund, selbst aktiv zu werden. Im weiteren Umfeld kriege ich schon mit, dass das immer mehr Umschlägt in den letzten Jahren.

    "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."


    Konfizius

  • Zitat von No Nick

    Zitat

    Guten Argumenten steht der Konsument, auch der politische, selten aufgeschlossen gegenüber.

    Da gebe ich dir recht. Das bedeutet aber nicht, dass es diese Argumente nicht gibt. Das ist der Punkt, an dem ich mich störe.

    Und immer wieder erkenne ich, daß es viel schwieriger ist, ein Publikum vier Lustspielakte zum Lachen zu bringen, als es in einem sechsaktigen Schauerdrama zu Tränen zu rühren. (Ossi Oswalda, 1920)

  • Artikel 38 des Grundgesetzes regelt dies für den Bund:

    Zitat

    Art 38

    (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
    (2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
    (3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

    Dazu müsste es auch Bestimmungen in den Länderverfassungen geben, z.B. in der Verfassung von Berlin:


    In Vermont fehlt wohl eine solche Vorschrift. Laut tagesschau.de muss man seit vier Jahren dort wohnhaft sein, um zum Gouverneur gewählt zu werden, wodurch sich ein Mindestalter von vier Jahren ergibt. :D