Was vermisst Ihr heute im Fernsehen?

Was ich heute im Fernsehen vermisse? Ich denke mal, das habe ich in zahlreichen anderen Threads schon zu genüge gesagt, aber hier trotzdem nochmal meine Zusammenfassung im Telegrammstil:

- Testbild
- Ansagen
- Pausenfüller
- Programmtafeln
- ein persönlicheres Verhältnis zum Zuschauer
- mehr Geemütlichkeit

Also im Prinzip das, was in Folge 3 des Videomagazins vorgestellt wurde. Aber ich habe auch schon oft genug deutlich gemacht, dass ich kein Retro-Fanatiker bin und auch kein Ewiggestriger, der sich das Fernsehen von früher zurückwünscht und die Uhr zurückdrehen will. Zum einen sind die genannten Sachen für mich pure Nostalgie, da Kindheitserinnerungen damit verbunden sind, zum anderen kann ich mir aber auch gut vorstellen, dass vieles davon theoretisch auch im Fernsehen von heute funktionieren könnte, wenn man es denn versuchen würde. Denn Ansagen oder Programmtafeln, aber auch die persönliche Ansprache der Zuschauer, sind im Prinzip etwas zeitloses. Ansonsten finde ich, dass sich das Fernsehen stets weiterentwickeln sollte und das nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich.

Es gab in den letzten Jahren aber auch leider einige unschöne Entwicklungen im Fernsehen. Daher würde ich es interessant finden, die Frage einmal aus einem anderen Blickwinkel zu stellen, also nicht "Was vermisst Ihr heute im Fernsehen?", sondern "Was hätte nie im Fernsehen Einzug halten dürfen" oder "Was würdet Ihr aus dem Fernsehen verbannen?"

Ich vermisse Testbild, Sendeschluss, ARD/ZDF Vormittagsprogramm aus den 80ern (überhaupt dass die beiden Sender so viel zusammengearbeitet haben!), AnsagerInnen, Entschleunigtes Programm, Ausspielen von Serien und Spielfilm Credits / Abspännen, Schwarzblenden zwischen den Programmen... "Wir schalten um" und lange Wartezeiten (ja das vermisse ich auch!), keine bis wenig Werbung, Intelligente Ehrliche Freundliche Menschen im Fernsehen. ich könnte hier seitenweise schreiben, die meisten kennen ja meine Meinung darüber schon!

Dass die Dinge, die ich oben stichwortartig genannt habe, aus dem Fernsehen weitgehend verschwunden sind, hat im Prinzip eine gemeinsame Ursache. Durch die rein mengenmäßige Explosion des Programmangebots innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts ist man dazu übergegangen, das Programm vollzustopfen, oder kurz gesagt, man nimmt sich nicht mehr die Zeit. Wenn ich also mit einem einzigen Wort ausdrücken sollte, was ich am heutigen Fernsehen vermisse, dann würde ich sagen: Zeit!

Andererseits besteht z. B. bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ein beträchtlicher Teil des Programmes aus Wiederholungen. Da könnte man die Frage stellen, ob da auch nicht trotz der vermeintlichen Knappheit der Sendezeit auch Sendezeit verschwendet wird. Wenn es z. B. möglich wäre, einfach ein bis zwei Stunden des jetzigen Programmes einzusparen (z. B. durch Streichung nächtlicher Wiederholungen), dann könnte man die gewonnene Zeit dafür nutzen, das gesamte Programm etwas weniger hektisch zu gestalten und auch wieder Ansagen, Pausenfüller und Ähnliches ins Programm nehmen. Pausen im Programm sind sowieso auch sehr sinnvoll, weil es das Gehirn überfordern kann, wenn man einem pausenlosen Strom von Informationen ausgesetzt ist. Ich habe eine alte Aufzeichnung aus den 80ern, in dem ein Ansager zum Publikum sinngemäß sagt, dass nach so vielen Informationen nun erst einmal ein paar Bilder zur Entspannung folgen (zu sehen waren übrigens Luftaufnahmen aus Hamburg). Stephan Boeder sagte in unserem ausführlichen Interview auch, dass man heutzutage am Ende der Sendung oft gar nicht mehr weiß, was man gerade gesehen hat, weil einem keine Chance gegeben wird, das Gesehene zu verarbeiten.

So ist es jh, und deshalb rennen dem Fernsehen auch so viele Zuschauer weg, und gestalten ihr eigenes Programm, im Internet (Youtube z.B.) oder per Hardware / Software Mediaplayer, oder wie auch immer. Weil sie einfach keine Lust haben auf diesen konstanten Informationsstrom. Gut, im Internet kann man auch sehr leicht mit Infos überflutet werden,a ber als User hat man eben interaktiv die Möglichkeit, soviel zu sehen oder eben NICHT zu sehen, wie man möchte! Beim Fernsehen kann man nur ab- oder umschalten, mehr nicht, ansonsten hat man keinen Einfluss aufs TV-Programm.

Ja, die meisten Wiederholungen sind überflüssig. Würde sie auch streichen und dafür Testbild oder solch ruhigen Hubschrauberflüge mit ruhiger Musik senden. Das habe ich früher im 80er Programm häufig gesehen, und suche auch nach Clips von Hubschrauberflügen über die Alpen im ARD/ZDF Vormittagsprogramm.

Ich vermisse vor allem eins, das mir eine DVD und Youtube nicht geben können:
Die Befürchtung, auch nur zwei Minuten seiner Lieblingssendung verpassen zu können, darum jeden Tag zu versuchen, rechtzeitig vor dem Fernseher zu sein und dann ganz gebannt und gespannt uaf die neue Folge zu warten!

und vor allem mit gleichgesinnten über die letzte Folge zu sprechen!
Ich vermisse einfach das Morgens-zur-schule-kommen und gleich nicht etwa zu fragen:"Haste Mathe?" sondern:"SEBASTIAN, HAST DU POKÈMON GESEHEN?"
Oder auch Jahre später:"ÜMIT; HAST DU TV TOTAL GESEHEN?"

Ja, so etwas kann einem nur das "lineare Fernsehen" geben, nämlich ein gemeinsames Fernseherlebnis. Aber zum Glück gibt es das lineare Fernsehen ja immer noch und auch in Foren wie diesen kann man sich gemeinsam über eine jüngst ausgestrahlte Sendung unterhalten.